"Skandalös hart": Kreml-Kritiker Kara-Mursa wegen "Hochverrats" zu 25 Jahren Haft veurteilt

Wladimir Kara-Mursa in einem Moskauer Gerichtssaal während der Urteilsverkündung
Wladimir Kara-Mursa in einem Moskauer Gerichtssaal während der Urteilsverkündung Copyright AP/The Moscow City Court
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Von Euronews mit dpa, AP, AFP
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Kara-Mursa gehört zu den prominentesten Kritikern von Präsident Putin. Es ist die bisher höchste Haftstrafe gegen einen Regierungskritiker überhaupt. Das Urteil wurde international scharf kritisiert.

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Ein Gericht in Moskau hat am Montag den Oppositionspolitiker Wladimir Kara-Mursa wegen mehrerer Anklagen, darunter "Hochverrat", zu 25 Jahren Haft verurteilt.

Nach einem Prozess hinter verschlossenen Türen gab das Gericht bekannt, dass es Kara-Mursa des "Hochverrats", der Verbreitung "falscher Informationen" über die russische Armee und der illegalen Arbeit für eine "unerwünschte" Organisation für schuldig befand, wie eine Journalistin der Nachrichtenagentur AFP berichtete.

Kara-Mursa gehört zu den schärfsten Kritikern des Kreml und von Präsident Wladimir Putin und hatte auch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt. Ihm wurde deswegen auch die Diskreditierung der russischen Armee vorgeworfen.

In seinem letzten Statement in der vergangenen Woche sagte Kara-Mursa, er sei stolz darauf, sich gegen die "Diktatur" des russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Entscheidung, Truppen in die Ukraine zu schicken, gewehrt zu haben.

"Die Dunkelheit wird sich lichten"

"Ich weiß, dass der Tag kommen wird, an dem sich die Dunkelheit lichten wird, die unser Land verschlingt", sagte Kara-Mursa im Statement, das in den sozialen Netzwerken und russischen Oppositionsmedien verbreitet wurde. "Und dann wird unsere Gesellschaft ihre Augen öffnen und erschaudern, wenn sie erkennt, welche schrecklichen Verbrechen in ihrem Namen begangen wurden."

Das Verfahren gegen ihn steht als politische Inszenierung in der Kritik. Staatliche Medien hatten unter Berufung auf Ermittlerkreise behauptet, Kara-Mursa habe gegen eine Bezahlung von rund 30 000 Euro pro Monat Organisationen aus Nato-Ländern geholfen, Russlands nationale Sicherheit zu unterhöhlen.

Zwei Giftanschläge überlebt

Zweimal hat der prominente Putin-Gegner rätselhafte Vergiftungen nur knapp überlebt. Recherchen der Investigativgruppe Bellingcat zufolge wurde Kara-Mursa von denselben Agenten des Inlandsgeheimdienstes FSB verfolgt, die auch in den Giftanschlag auf den Oppositionellen Alexej Nawalny verwickelt sein sollen.

Mit Menschenrechtspreis ausgezeichnet

Der Politiker Kara-Mursa war im vergangenen Jahr mit dem prestigeträchtigen Vaclav-Havel-Preis des Europarats ausgezeichnet worden. Es erfordere unglaublichen Mut, sich im heutigen Russland gegen die Obrigkeit zu stellen, sagte der Präsident der Parlamentarischen Versammlung, Tiny Kox, im Oktober. 

Kara-Mursas Frau nahm den Menschenrechtspreis entgegen. Sie las ein Statement von ihm vor, wonach er den Gewinn all denjenigen widme, die sich in Russland gegen den Ukraine-Krieg auflehnten.

Mit dem Vaclav-Havel-Preis zeichnet die Parlamentarische Versammlung des Europarats seit 2013 Engagement für die Menschenrechte aus. Der Preis ist mit 60 000 Euro dotiert und nach dem verstorbenen Bürgerrechtler und früheren Präsidenten der Tschechischen Republik benannt.

Internationale Verurteilung

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, forderte in einer Presseerklärung die "unverzügliche" Freilassung des russischen Oppositionspolitikers. Das Urteil gegen Kara-Mursa sei ein weiterer "Schlag gegen die Rechtsstaatlichkeit" in Russland, so Türk weiter.

"Skandalös hartes Urteil"

Scharfe Kritik kam auch von der Europäischen Union. EU-Außenbeauftragter Josep Borrell sagte in einer Erklärung: "Das skandalös harte Gerichtsurteil zeigt einmal mehr den Missbrauch der Justiz, um Aktivisten, Menschenrechtsverteidiger und jede Stimme, die sich dem illegalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine widersetzt, unter Druck zu setzen".

Reaktionen aus London und Berlin

Die britische Regierung bezeichnete das Urteil gegen Kara-Mursa als "politisch motiviert", forderte seine "sofortige Freilassung" und kündigte die Einbestellung des russischen Botschafters in London an. 

Auch die deutsche Bundesregierung kritisierte das Urteil gegen den russischen Oppositionspolitiker. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin, sagte, die Bundesregierung verurteile das Gerichtsurteil gegen Kara-Mursa "aufs Schärfste".

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