Nach den Wahlen: Polens langer Weg zu einer neuen Regierung

Bei den Wahlen in Polen hat die Regierungspartei PiS ihre absolute Mehrheit verloren.
Bei den Wahlen in Polen hat die Regierungspartei PiS ihre absolute Mehrheit verloren. Copyright Czarek Sokolowski/Copyright 2023 The AP. All rights reserved
Copyright Czarek Sokolowski/Copyright 2023 The AP. All rights reserved
Von Euronews
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Die PiS ist aus den Wahlen in Polen zwar als stärkste Kraft hervorgegangen, hat jedoch im Gegensatz zur Oppositionskoalition keine Mehrheit. Der Weg zur Regierungsbildung dürfte kompliziert werden.

WERBUNG

Nach den Wahlen in Polen haben gleich mehrere Parteien den Wahlsieg gefeiert. Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit, kurz PiS, erzielte das beste Ergebnis. Ein Bündnis aus drei Parteien erreicht jedoch zusammen die Mehrheit im Parlament. Mit einer schnellen Regierungsbildung ist nicht zu rechnen – auch, weil der polnische Präsident Andrzej Duda der PiS nahesteht.

"Uns kann die Regierungsbildung nicht entzogen werden"

"Es ist sicher, dass der Präsident gegen viele der von der Opposition vorgeschlagenen Lösungen sein Veto einlegen wird. Die Opposition ist nicht so stark im Parlament vertreten wie wir und hat deshalb nicht die Möglichkeit, das Veto des Präsidenten abzulehnen", sagt PiS-Politiker Kazmierz Smolinski.

Er hoffe, dass Präsident Duda der PiS die Regierungsbildung anvertrauen werde.

"Wir haben in dieser Wahl die meisten Stimmen erhalten, uns kann diese Möglichkeit zur Regierungsbildung nicht entzogen werden", so Smolinski weiter. Die Regierungsbildung werde für die PiS zwar nicht leicht, sei jedoch nicht unmöglich.

Üblicherweise erhält in Polen die Partei, die die Wahl gewonnen hat, vom Präsidenten den Auftrag zur Regierungsbildung. In der ersten Sitzung des Parlaments, die innerhalb von dreißig Tagen nach der Wahl stattfinden muss, ernennt der Präsident außerdem den neuen Ministerpräsidenten. Die PiS ist zwar als stärkste Kraft aus den Wahlen hervorgegangen, verfügt jedoch (im Gegensatz zur letzten Wahl) weder über eine absolute Mehrheit im neuen Parlament, noch gibt es Aussichten auf eine Koalition, die die Mehrheit bringen würde.

Die oppositionelle Koalition versucht deshalb, Präsident Duda zu überzeugen, nicht etwa der stärksten Partei, sondern ihr den Auftrag zur Regierungsbildung zu geben, da sie die Mehrheit im Parlament hat.

Michal Kobosko, Mitglied des Parteienbündnisses Dritter Weg, zeigt sich zuversichtlich: "Es wird eine neue Regierungskoalition geben, die aus diesen drei Gruppen besteht: Dritter Weg, Bürgerkoalition und Neue Linke. Das ist ein gutes Angebot an die polnische Bevölkerung, eine Antwort auf die Entscheidung der Wähler am 15. Oktober, die deutlich gemacht haben, dass sie einen Wandel in Polen und eine neue Regierung wollten. Auch der Präsident sollte in seinen Handlungen und nächsten Schritten die Wünsche der polnischen Bevölkerung berücksichtigen."

Die PiS spielt auf Zeit

Am wahrscheinlichsten ist jedoch, dass Präsident Duda die PiS aufgrund seiner Nähe zur Partei mit der Regierungsbildung beauftragt. Es ist nicht davon auszugehen, dass es der Regierungspartei gelingen wird, Koalitionspartner zu finden. Jedoch könnte die PiS die Zeit nutzen, um die Oppositionskoalition ins Wanken zu bringen. Sollte die Koalition auseinanderbrechen, hätte niemand mehr eine Mehrheit im Parlament. In dem Fall könnte es zu Neuwahlen kommen. Die Koalition gilt jedoch inzwischen als gefestigt, es ist unwahrscheinlich, dass sie auseinanderbricht.

Marta Prochwicz-Jazowska, Programmanagerin des German Marshall Fund in Warschau, erläutert den wahrscheinlichsten Weg zu einer neuen Regierung in Polen:

"Der Ministerpräsident wird wahrscheinlich der amtierende Mateusz Morawiecki. Er wird jedoch keine Regierung bilden können, da die PiS, obwohl sie die meisten Stimmen erhalten und die größte Anzahl an Sitzen im Parlament hat, keine Mehrheit hat. Im nächsten Schritt werden die Abgeordneten dieses neuen Parlaments einen anderen Ministerpräsidenten wählen können. Das wird höchstwahrscheinlich Donald Tusk, der die neue Koalition anführen wird. Die Machtübertragung und die Ernennung der neuen Regierung werden im Dezember geschehen."

Über einen Monat wird die polnische Bevölkerung also noch mindestens auf eine neue Regierung warten müssen.

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Polen: Opposition führt Gespräche zur Regierungsbildung

Endergebnis der Parlamentswahl in Polen: Oppositionsbündnis erringt deutliche Mehrheit

Parlamentswahl in Polen: Opposition beansprucht Sieg für sich