Zwei der mächtigsten Militärs im Nahen Osten, Israel und Iran, nähern sich einem offenen Krieg und schüren damit die Befürchtung, dass die Region am Rande des vielleicht bedeutendsten Konflikts des Jahrhunderts steht.
In einer dramatischen Eskalation der Spannungen im Nahen Osten hat Israel gestern Abend eine umfassende Militäroperation gegen wichtige iranische Infrastrukturen eingeleitet.
Unter dem Codenamen "Operation Rising Lion" wurden mehr als 100 Orte im Iran angegriffen, wobei der Schwerpunkt auf Nuklearanlagen, militärischen Führungseinrichtungen und Luftabwehrsystemen lag.
Das Ausmaß und die Präzision der Angriffe stellen eine der umfangreichsten Luftkampagnen der letzten Jahre in der Region dar.
Die Konfrontation bringt zwei der mächtigsten Militärs des Nahen Ostens auf direkten Kollisionskurs. Die Welt blickt gespannt darauf, und die Angst geht nicht mehr darum, ob die Feindseligkeiten eskalieren werden, sondern wie weit sie gehen könnten.
Ein ausgewachsener Konflikt zwischen Israel und dem Iran wäre nicht nur für die Region, sondern aufgrund der militärischen Stärke auch für die Welt zutiefst destabilisierend.
Während der Iran eine zahlenmäßige Überlegenheit an Truppen, Panzern und Artillerie aufweist, verfügt Israel über einen technologischen Vorsprung, eine überlegene Luftwaffe und einige der modernsten Raketenabwehrsysteme der Welt.
Darüber hinaus haben beide Länder ihre Stärke im Drohnen- und Raketenkrieg unter Beweis gestellt und verfügen über jahrzehntelange Erfahrung in modernen, hochintensiven Kampfhandlungen.
Antizipation weiterer Angriffe auf den Iran
Die israelische Offensive in der vergangenen Nacht war eine Demonstration militärischer Stärke.
Über 200 Flugzeuge warfen mehr als 330 Präzisionsmunition ab, wobei die empfindlichsten Standorte des Iran koordiniert angegriffen wurden.
Zu den Zielen gehörten Raketenproduktionsanlagen, Wohnhäuser und Büros von Atomwissenschaftlern sowie Kommandozentralen des Korps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC).
Der Anreicherungskomplex Natanz in der Provinz Isfahan, der für das iranische Urananreicherungsprogramm von zentraler Bedeutung ist, wurde ebenso beschädigt wie zahlreiche Standorte in ganz Teheran.
Ersten Berichten aus dem Iran zufolge gab es auch erhebliche Verluste.
Unter den Getöteten waren Generalmajor Mohammad Bagheri, Chef des Generalstabs der Streitkräfte, und Fereydoon Abbasi, ehemaliger Leiter der Atomenergieorganisation. Ali Shamkhani, ein hochrangiger Berater des Obersten Führers Ayatollah Ali Khamenei, wurde Berichten zufolge schwer verletzt.
Die israelische Luftwaffe (IAF) erklärte, sie habe einen "groß angelegten Angriff" auf die iranischen Luftabwehrsysteme durchgeführt und dabei "Dutzende" Radaranlagen und Boden-Luft-Raketenwerfer zerstört.
Dies deutet darauf hin, dass Israel in Erwartung weiterer Angriffe die Abschreckungskapazitäten des Irans ausschaltet.
Irans Reaktion und militärische Stärke
Der Iran reagierte schnell und schickte über 100 Drohnen in Richtung israelisches Territorium - die meisten wurden von Israels Luftabwehrsystemen abgefangen, was die Auswirkungen begrenzte.
Trotz der sofortigen, aber begrenzten Vergeltungsmaßnahmen bleibt das gesamte militärische Potenzial des Irans eine drohende Gefahr für Israel.
Das Land hat massiv in ein umfangreiches und hochentwickeltes Raketenarsenal investiert, darunter ballistische Raketen mit einer Reichweite von über 3.000 Kilometern und sogar Hyperschallwaffen.
Dank dieser Fähigkeiten ist der Iran in der Lage, sowohl regionale Gegner als auch US-Stützpunkte in der Region zu bedrohen, was bisher als starke Abschreckung gewirkt hat.
Auch im Drohnenkrieg ist der Iran regional führend und verfügt über eine vielfältige Flotte unbemannter Luftfahrzeuge (UAVs), die zur Überwachung und für Angriffe eingesetzt werden. Die Islamische Republik hat diese Technologie sogar an Verbündete exportiert und damit begonnen, im Ausland Produktionsstätten für Drohnen zu errichten, um Partner wie Russland zu unterstützen.
Der Iran kann außerdem auf ein großes stehendes Heer, umfangreiche Reserven und die Beherrschung asymmetrischer Kriegsführung durch Stellvertreter, Cyberangriffe und unkonventionelle Taktiken zählen.
Israels Macht: zahlenmäßig klein, aber gut organisiert
Israel hingegen ist seit langem als eines der technologisch fortschrittlichsten Militärs der Welt bekannt.
Seine Raketenabwehrsysteme - darunter Iron Dome, David's Sling und Arrow - gehören zu den modernsten der Welt.
Darüber hinaus verfügt Israel über ein leistungsfähiges Cyber-Arsenal und hochqualifizierte Nachrichtendienste wie den renommierten Mossad und den Shin Bet, die eine entscheidende Rolle bei der Erkennung und Neutralisierung von Bedrohungen spielen, bevor sie sich materialisieren.
Obwohl Israels stehendes Heer rund 170.000 Mann zählt, kann die hochorganisierte und gut ausgebildete Reservetruppe innerhalb weniger Tage auf fast eine halbe Million Mann anwachsen.
Die israelische Luftwaffe gilt weithin als eine der besten der Welt und ist mit modernen Flugzeugen und Präzisionswaffen ausgestattet.
Israels Militärdoktrin betont die schnelle Mobilisierung, die Widerstandsfähigkeit und die technologische Überlegenheit - alles Eigenschaften, die durch jahrzehntelange Konflikte geprägt wurden.
Spillover-Risiken
Ein ausgewachsener Krieg zwischen Israel und dem Iran birgt das Risiko, einen größeren regionalen Konflikt auszulösen.
Die Hisbollah, Irans Stellvertreter im Libanon, wird wahrscheinlich mit hineingezogen. Israel ist im Oktober in den Südlibanon einmarschiert und hat die Hisbollah weitgehend außer Gefecht gesetzt, wobei Ende November ein vorübergehender Waffenstillstand in Kraft trat.
Die Kämpfe könnten leicht auf Syrien, den Irak und die Golfregion übergreifen, wobei US-Einrichtungen in der Region gefährdet wären - Berichten zufolge wurde amerikanisches Personal erst vor zwei Tagen aus Bagdad evakuiert.
Irans sogenannte "Achse des Widerstands", eine informelle Koalition, zu der die Hisbollah, schiitische Milizen im Irak, die Houthis im Jemen und das gestürzte Assad-Regime in Syrien gehören, bietet dem Iran immer noch eine gewisse Möglichkeit, seine Kräfte über seine Grenzen hinaus einzusetzen.
Die möglichen Auswirkungen gehen über das Schlachtfeld hinaus. Die Beteiligung der USA, ob absichtlich oder als Folge von Angriffen auf ihre Einrichtungen, könnte sich zu einem breiteren internationalen Konflikt ausweiten.
Auch Europa könnte in Mitleidenschaft gezogen werden, sei es durch direkte Angriffe, Cyberattacken, eine Unterbrechung der weltweiten Ölströme oder als Folge der Auswirkungen von Bedrohungen der großen Schifffahrtsstraße durch den Golf von Aden.
Flüchtlingskrisen, wirtschaftliche Instabilität und steigende Energiepreise sind allesamt denkbare Folgen, die sich auf europäische Länder auswirken könnten, wenn sich der Konflikt ausweitet.