Satellitenbilder zeigten wenige Stunden vor den US-Angriffen auf iranische Atomanlagen, dass ein Großteil des angereicherten Urans in Fordo möglicherweise abtransportiert wurde.
Nach den US-Luftangriffen auf drei Urananreicherungsanlagen im Iran werden immer mehr Details zum Vorfall publik. Wie unter anderem die "New York Times" berichtet, soll der Iran soll wenige Stunden zuvor den größten Teil der Bestände an einen unbekannten Ort gebracht haben. Das sei auch möglich gewesen, weil laut US-Medien der Iran von den USA im Vorfeld über den geplanten Angriff informiert worden sein soll.
Bei dem in Sicherheit gebrachten Material soll es sich um rund 400 Kilo Uran handeln, das bereits zu 60 Prozent angereichert ist - knapp unter den 90 Prozent, die für den Bau einer Atombombe benötigt werden würden.
Einer iranischen Quelle zufolge wurde auch die Zahl der Beschäftigten in der Anlage vor den Angriffen auf ein Minimum reduziert. Beobachter bezeichneten dies als Vorsichtsmaßnahme.
Atomanlage Fordo: Ungewöhnliche Bewegungen auf Satellitenbildern
Satellitenbilder zeigten zwei Tage vor den US-Angriffen ungewöhnliche Aktivitäten in der Nähe der iranischen Atomanlage Fordo. Diese wurden von der Washington Post am 19. Juni veröffentlicht.
Die Zeitung berichtete, dass die Bilder eine starke Bewegung von Lastwagen und Fahrzeugen in der Nähe der Anlage aufzeichneten. Spätere Aufnahmen zeigten, dass sich die meisten dieser Lastwagen nordwestlich der Anlage bewegten, während andere in der Nähe des Eingangs zur Anlage stationiert waren.
Laut der zugehörigen Analyse wurden mindestens 16 Lastwagen entlang der Straße gesichtet. Sie führt zu einem in der Nähe gelegenen unterirdischen Militärkomplex. Dies deutet auf Evakuierungen oder die Verlagerung sensibler Ausrüstung oder Materialien hin.
IAEO beruft Dringlichkeitssitzung ein
Angesichts der jüngsten Entwicklungen hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) eine Dringlichkeitssitzung einberufen. Dort soll die nukleare Situation im Iran nach der US-Aggression erörtert werden. In einem offiziellen Schreiben an den Direktor der IAEO, Rafael Grossi, forderte die Atomenergieorganisation des Iran (AEOI) eine unabhängige Untersuchung des Vorfalls.
Die iranischen Behörden hätten bereits im Vorfeld des US-Angriffes mit Schlägen auf die Atomanlagen gerechnet, erklärte Abbas Aslani, Wissenschaftler für strategische und politische Angelegenheiten. Die umfassenden Vorsichtsmaßnahmen deuten für ihn darauf hin.
Mit der Verlagerung von Nuklearmaterialien von den angegriffenen Standorten ist versucht worden, mögliche Strahlenbelastung für die benachbarte Bevölkerung zu vermeiden, sagte er. Außerdem sollte die Zerstörung dieser Materialien durch feindliche Kräfte zu verhindert werden.
Durch die mögliche Verlagerung der Nuklearmaterialien ist es auch für jede Partei in Zukunft schwieriger, diese zu lokalisieren, sagte er.
Teheran droht mit Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag
Der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses des iranischen Parlaments, Abbas Golroo, kündigte an, sein Land behalte sich das Recht zu einem Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag gemäß Artikel 10 vor. Artikel 10 erlaut jedem Land, sich rechtmäßig aus dem Vertrag zurückzuziehen, wenn es seine höchsten Interessen bedroht sieht.
Der Sprecher des iranischen Außenministeriums betonte, dass die USA die volle Verantwortung für die möglichen Folgen ihrer Aggression tragen werden. Er warnte vor einer Eskalation, die auch ein Überdenken der nuklearen Verpflichtungen Teherans beinhalten könnte.