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Orka-Projekt: Polen setzt auf schwedische U-Boote zur Sicherung der Ostsee

Soldaten der polnischen Marine.
Soldaten der polnischen Marine. Copyright  Alik Keplicz/Copyright 2017 The AP. All rights reserved.
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Von Mateusz Jaronski
Zuerst veröffentlicht am
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Polen verstärkt seine Präsenz in der Ostsee durch Investitionen in moderne U-Boote. In einem Exklusivinterview mit Euronews unterstreicht Generalleutnant Jaroslaw Gromadzinski die Bedeutung dieser Entscheidung für die Sicherheit in der Region.

Der stellvertretende Ministerpräsident und Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz kündigte an, dass Polen im Rahmen des Orka-Programms mit Schweden zusammenarbeiten wird.

Das Projekt zählt zu den ältesten und am meisten erwarteten Modernisierungsvorhaben der polnischen Marine.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wird die polnische Marine drei U-Boote der A26-Blekinge-Klasse vom schwedischen Hersteller Saab erhalten. Das erste U-Boot soll 2030 in Polen eintreffen.

An der Ausschreibung hatten sich sieben Unternehmen aus sechs Ländern beteiligt, darunter das deutsche Unternehmen ThyssenKrupp, Fincantieri aus Italien und die Naval Group aus Frankreich.

"Das Team ist zu dem Schluss gekommen, dass Schweden das beste Angebot vorgelegt hat. Diese Einschätzung wurde vom Ministerrat in einer objektiven Analyse aller Kriterien bestätigt, darunter Lieferzeit, Preis, Gesamtwert und die Fähigkeit, insbesondere in der Ostsee zu operieren", betonte Kosiniak-Kamysz.

Der Minister fügte hinzu, dass die Schweden einen Technologietransfer und Investitionen in die polnische Schiffbauindustrie zugesagt haben, um sicherzustellen, dass die Schiffe künftig eigenständig gewartet und repariert werden können.

Die neuen U-Boote werden in der Lage sein, mehr als 200 Meter tief zu tauchen und mindestens 30 Tage lang autonom zu operieren. Sie sollen mit Torpedos und Raketenwerfern ausgestattet werden, die sowohl Küstenziele als auch, je nach Konfiguration, Ziele im Landesinneren treffen können.

Die Anschaffung wird vom Verteidigungsministerium auf rund 10 Milliarden PLN (etwa 2,3 Milliarden Euro) geschätzt.

In einem Interview mit Euronews bezeichnete Generalleutnant a.D. Jarosław Gromadziński die Entscheidung des Verteidigungsministeriums als "sehr gut". Er betont, dass der Kauf von drei modernen Einheiten die Kontinuität der Kampffähigkeit und die Wartung von U-Booten mit breitem Einsatzspektrum sicherstelle.

"Ich unterstütze den Vertrag mit Schweden, weil das U-Boot A26 ein modulares Design besitzt, das je nach den Bedürfnissen des Auftraggebers konfiguriert werden kann. Jede Ausrüstung, die wir erwerben, dient dem Schutz der polnischen Grenzen und der Integrität unseres Territoriums. Dieses Schiff hat zudem den Vorteil, dass es speziell für die Besonderheiten der Ostsee entwickelt wurde", so der General.

Zustand der polnischen Marine

Die polnische Marine verfügt derzeit über etwa 40 Schiffe, von denen fast 30 Kampfschiffe sind. Die meisten von ihnen sind in Gdynia und Swinemünde stationiert. Ihr technischer Zustand ist seit Jahren besorgniserregend, da die Marine lange Zeit zu den am schlechtesten finanzierten Teilstreitkräften gehörte.

Das einzige aktuell einsatzfähige U-Boot – das 1985 in der UdSSR gebaute ORP "Orzeł" – befindet sich häufiger in der Überholung als auf See. Auch die größten Schiffe sind veraltet, darunter die Fregatten der "Oliver Hazard Perry"-Klasse, die bereits seit über 45 Jahren im Dienst sind. Nicht viel jünger ist die Korvette ORP "Kaszub", die 38 Jahre alt ist.

Die meisten anderen Schiffe erfüllen vor allem Hilfsfunktionen. Zur Flotte gehören zahlreiche Minenjagdboote, Rettungs- und Patrouillenschiffe, darunter das 1,2 Milliarden PLN teure ORP "Ślązak". Das modernste Element der Seestreitkräfte sind nach wie vor die Minenzerstörer der Klasse Kormoran II. Bei Schlagkraft und U-Boot-Bekämpfung hebt sich die Marine deutlich von anderen Teilstreitkräften ab.

Auch die Fähigkeit zur Küstenverteidigung ist deutlich besser ausgeprägt. Generalleutnant Gromadziński weist darauf hin, dass es der Marine bisher an einer strategischen Vision für ihre Arbeit gefehlt hat: "Der Marine fehlte bisher eine klar definierte Vision, im Gegensatz zu den Landstreitkräften. Wir verfügen über die größte Landarmee Europas, was vor allem daran liegt, dass wir an einen Aggressor grenzen. Meiner Meinung nach sind wir jedoch noch nicht vollständig davon überzeugt, welche Rolle die Marine spielen soll", betont der General.

Die strategische Bedeutung der Ostsee

Am 14. Januar 2025 kündigte NATO-Generalsekretär Mark Rutte den Start der Mission Baltic Sentry an. Die Initiative soll russischen Ablenkungsmanövern in der Ostsee entgegenwirken und die Aktivitäten der sogenannten "Schattenflotte" einschränken.

Russische Tanker, die häufig unter der Flagge von Drittstaaten fahren, transportieren trotz der Sanktionen weiterhin Öl – unter anderem nach Indien. Gleichzeitig mehren sich Berichte über Beschädigungen von Unterseekabeln.

Für Polen ist die Sicherung der Ostsee von zentraler Bedeutung.

Auf See betreibt Orlen drei Ölplattformen. In Danzig befindet sich zudem ein Ölhafen, über den ein erheblicher Teil der Öllieferungen für Raffinerien in Polen und Deutschland abgewickelt wird. Auch der Offshore-Windenergiesektor wächst: Der erste Windpark mit einer Leistung von 1,14 GW, 23 Kilometer vor der Küste, soll 2026 ans Netz gehen. Er wird Strom für 1,5 Millionen Haushalte liefern und 2,8 Millionen Tonnen CO₂ jährlich einsparen.

Wichtige Energiepunkte sind auch das LNG-Terminal in Swinemünde mit einer Kapazität von über 8 Milliarden Kubikmetern pro Jahr sowie die Baltic-Pipe-Gaspipeline mit einer Kapazität von 10 Milliarden Kubikmetern. Beide Anlagen decken nach Einschätzung von Analysten den gesamten jährlichen Gasbedarf Polens.

Zudem verlaufen zahlreiche Strom- und Telekommunikationskabel über den Meeresboden. Polen verfügt über drei große Containerterminals: den Baltic Hub in Danzig, die Terminals BCT und GCT in Gdynia sowie Anlagen im Hafenkomplex Stettin –Swinemünde.

Für die Sicherheit dieser Infrastruktur ist die Marine zuständig – unterstützt von anderen Teilstreitkräften sowie NATO-Verbündeten.

Experten warnen jedoch, dass die anhaltend geringe Finanzierung der Flotte das Risiko für kritische Anlagen erhöhe.

"Wir müssen zwei oder sogar drei Schutzlinien aufbauen. Erstens brauchen wir Aufklärung in verschiedenen Formen: U-Boote und Überwasserschiffe, Sensornetzwerke und Aufklärungsflugzeuge. Dieses System ist sehr komplex und für ein einzelnes Land kaum wirtschaftlich zu betreiben. In Zusammenarbeit mit Schweden, Finnland, Dänemark oder Deutschland könnten wir jedoch einen technologischen, informationellen und strategischen Vorteil erzielen", erklärt General Gromadziński.

Die zweite Verteidigungslinie sollten demnach Flugabwehrsysteme auf Schiffen und Plattformen bilden, die dritte Linie hingegen kinetische Schläge gegen feindliche Objekte, die in der Ostsee auftauchen.

Die russische Ostseeflotte und die NATO

Die russische Ostseeflotte, einer der ältesten Flottenverbände Russlands, ist in Baltijsk am Eingang des Frischen Haffs sowie im Finnischen Meerbusen stationiert. Zu ihr gehören unter anderem ein U-Boot, ein Zerstörer, zwei Fregatten, vier Korvetten sowie ein Dutzend kleiner Raketenschiffe und Landungsboote.

Der NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens hat das Kräfteverhältnis in der Region verändert. Durch die Unterstützung Polens, Deutschlands und Dänemarks wurde der Vorteil der Allianz weiter gestärkt. Dies führt dazu, dass russische Schiffe in einer deutlich schwierigereren Lage operieren. Besonders verwundbar sind die im Finnischen Meerbusen stationierten Schiffe, da dieses Gewässer im Falle eines Konflikts schnell mit Minen oder Anti-Schiffs-Raketen blockiert werden kann.

Strategische Inseln wie Gotland spielen ebenfalls eine zentrale Rolle: Ihre Kontrolle entscheidet über die Vorherrschaft in der Ostsee, weshalb Schweden seine militärische Präsenz bereits verstärkt hat. Der Kreml versucht, die Fähigkeiten der NATO einzuschränken, ohne einen offenen Konflikt zu provozieren.

Dazu setzt Russland auf die sogenannte "Schattenflotte" und auf Sabotageakte.

"Russland unterhält eine Flotte in der Ostsee, und unsere Aufgabe ist es, sie in den Häfen zu blockieren, damit sie im Bedarfsfall ein leichtes Ziel für Artillerie darstellen. Im Falle eines Konflikts dürfen wir nicht zulassen, dass diese Schiffe auslaufen", warnt General Gromadziński.

"Wir sollten vor allem die Häfen sichern, insbesondere Swinemünde. Da der Feind im Osten klar definiert ist, sollten die wichtigsten Seeverteidigungskräfte, einschließlich des Kommandos, im Westen, in Swinemünde, stationiert werden – außerhalb der Reichweite des Feindes", fügt er im Interview mit Euronews hinzu.

Damit wird das Baltikum zu einem zentralen Schauplatz des strategischen Wettbewerbs, bei dem der Vorteil eindeutig auf Seiten des NATO-Bündnisses liegt.

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