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Schutz der NATO-Ostflanke: Estland errichtet Bunker an der russischen Grenze

Estland hat begonnen, Bunker an der europäischen Verteidigungslinie zu bauen, bis 2027 sollen es rund 600 davon geben.
Estland hat begonnen, Bunker an der europäischen Verteidigungslinie zu bauen, bis 2027 sollen es rund 600 davon geben. Copyright  Hendrik Tali / ECDI
Copyright Hendrik Tali / ECDI
Von Franziska Müller
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Estland hat mit dem Bau der ersten von rund 600 Bunkern nahe der russischen Grenze begonnen. Als Teil einer gemeinsamen baltischen Verteidigungslinie sollen Schutzräume entstehen, die auch Artilleriegeschossen standhalten.

Inmitten eines dichten Waldes im Südosten Estlands stehen seit vergangener Woche Bagger, Betonplatten und Rohrmaterial. Geplant ist der Bau von Schutzbunkern, die auch einem direkten Treffer russischer Artillerie standhalten sollen.

Die Betonbunker sind Teil der geplanten Baltischen Verteidigungslinie. Ziel dieser Verteidigungslinie ist es, schnell und effektiv auf einen potenziellen militärischen Angriff reagieren zu können und den Angreife bereits auf den ersten Metern aufzuhalten.

An dieser sollen auf dem estnischen Gebiet zunächst insgesamt 28 Bunker gebaut werden. "Es ist erfreulich festzustellen, dass wir neben den bereits gelieferten Hindernissystemen nun mit Bunkern eine weitere konkrete Ergänzung beim Aufbau einer umfassenden baltischen Verteidigungslinie sehen“, sagte Kadi-Kai Kollo, Leiterin der Infrastrukturabteilung des Estnischen Zentrums für Verteidigungsinvestitionen (ECDI).

Das Zentrum gehört dem Verteidigungsministerium Estlands an und gilt als zentrale Beschaffungsstelle. Hier wird der Bau von Unterbrindungsmodulen, Sperranlagen und Materialdepots koordiniert.

Verteidigungslinie mit 600 Bunkern

Laut Kollos Angaben werden in der ersten Phase 28 Bunker installiert. Bis Ende 2027 werden diese ergänzt, bis eine fast undurchlässige Linie mit 600 Bunkern entlang Nordost- und Südostestland entsteht. Die genauen Standorte werden geheim gehalten.

Die sorgfältige Auswahl der Standorte für Bunker und Schützengräben sei von entscheidender Bedeutung, erklärte auch Oberstleutnant Ainar Afanasjev, Chefingenieur der estnischen Streitkräfte. Nur so können die Verteidigungspläne der estnischen Streitkräfte auf die spezifischen Gegebenheiten des Geländes abgestimmt werden.

"Es ist unerlässlich, dass diese Entscheidungen gut durchdacht und mit den Einheiten abgestimmt werden", so Afanasjev. Laut dem Oberstleutnant dienen die Bunker in erster Linie dem Schutz des Personals vor direkten Treffern durch 152-mm-Artilleriemunition, wie sie insbesondere von russischen Streitkräften weitgehend eingesetzt werden.

In Kürze soll außerdem mit dem Bau eines 3,4 Kilometer langen Panzerabwehrgrabens begonnen werden. Insgesamt sind bis zu 40 Kilometer Panzerabwehrgräben geplant. Die umfassende baltische Verteidigungslinie wird spätestens bis Ende 2027 fertiggestellt sein.

Bis Ende 2027 sollen rund 600 solcher Bunker an der Baltischen Verteidigungslinie in Estland stehen.
Bis Ende 2027 sollen rund 600 solcher Bunker an der Baltischen Verteidigungslinie in Estland stehen. Hendrik Tali / ECDI

Die Baltische Verteidigungslinie ist ein gemeinsames Projekt von Estland, Litauen und Lettland. Die Konzeption und für den Wissenstransfer tauschen sich die baltischen Staaten untereinander aus, für die Umsetzung ist jedoch jedes Land eigenständig verantwortlich - auch je nach Bedrohungslage.

Estland hat als Budget 60 Millionen Euro vorgesehen und liegt damit deutlich unter den lettischen und litauischen Investitionen. Begründen lässt sich dies mit einer wesentlich kürzeren gemeinsamen Grenze mit Russland als in den anderen beiden Ländern.

Lettland hat geplant, innerhalb von fünf Jahren insgesamt 303 Millionen Euro für die Verstärkung der Ostgrezne auszugeben, die bereits seit März 2024 in Gange sei. Auch Litauen plant den Bau mehrstufiger Verteidigungsanlagen.

Bau von Panzerabwehrgräben seit Juni

Bereits im Juni wurde in Estland mit dem Bau von Panzerabwehrgräben begonnen, hatte das ECDI berichtet. Einer der ersten Gräben ist in der Gemeinde Setomaa entstanden. Diese Gemeinde ist nur rund fünf Kilometer von der russischen entfernt.

"Der Ausbau der baltischen Verteidigungslinie schreitet zügig voran. Ende letzten Jahres trafen große Mengen an Stacheldraht, Stolperdrähten, Drachenzähnen und T-förmigen Straßensperren ein", sagte Armin Siilivask, Projektleiter beim ECDI. "Der Bau dieser Panzerabwehrgräben trägt wesentlich zur Gesamtstabilität der baltischen Verteidigungslinie bei", fügt er hinzu.

Der Bau wird vom Estnischen Zentrums für Verteidigungsinvestitionen im Auftrag des Verteidigungsministeriums umgesetzt.
Der Bau wird vom Estnischen Zentrums für Verteidigungsinvestitionen im Auftrag des Verteidigungsministeriums umgesetzt. Hendrik Tali / ECDI

"Die Planung und Vorbereitung solcher Maßnahmen in Friedenszeiten ist jedoch der effektivste Weg, Bedrohungen abzuschrecken, eine erste Selbstverteidigung zu gewährleisten und die Ankunft und Positionierung mobilisierter Haupteinheiten im Falle einer militärischen Gefahr sicherzustellen", sagte Oberstleutnant Afanasjev im Juni. Dadurch werde auch Estlands Bereitschaft bekräftigt, seine Unabhängigkeit notfalls zu verteidigen.

Estnische Grenzverteidigung: So könnte die Frontlinie aussehen

Die Bunkerlinie ist Teil eines mehrschichtigen Verteidigungssystems, das sich nach Fertigstellung über fast 1.000 Kilometer (600 Meilen) von Estlands Nordgrenze bis nach Polen erstrecken soll. Damit nimmt die Festigung der Grenzen zu Russland deutlich mehr Form an.

Hinter einem Grenzschutzzaun sollen zunächst die Panzerabwehrgräben liegen. Im Falle der Gemeinde befinden sich diese bereits fünf Kilometer hinter der russischen Grenzen. Dahinter sind wiederrum Zäune mit Stacheldraht in doppelter Ausführung vorgesehen sowie Drachenzähne, die Panzer am Weiterkommen verhindern sollen.

Anschließend soll ein mögliches Minenfeld errichtet werden. Das ECDI erläutert, dass Minen nur dann verlegt würden, wenn eine militärische Bedrohung wahrgenommen werde, die eine sofortige Reaktion erfordere. Dahinter sind dann die Bunker, von denen die ersten fünf nun errichtet werden, situiert.

In Friedenszeiten sollen so viele Bunker und nicht explosive Barrieren wie möglich errichtet werden. Für den Bau von Gräben und Minenfeldern gilt, dass diese nur in erforderlichen Situationen in Krisenzeiten gebaut werden. Hinter den Bunkern befinden sich noch gestaffelt Lagerräume für Konstruktionsmaterial und im Ernstfall auch Waffen.

Damit soll die russische Bedrohung im Ernstfall direkt hinter der Grenze auf estnischem Boden abgefangen werden können. Die Verteidigungszone trüge außerdem dazu bei, die Verluste an Personal und Material auf der verteidigenden Seite zu reduzieren, so das ECDI.

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