Im Europäischen Parlament kursiert derzeit ein Schreiben, in dem die Zusage der EU-Kommission, Energieprodukte im Wert von 750 Milliarden Dollar aus den USA zu beziehen, angeprangert wird.
Ein französischer liberaler Europaabgeordneter hat zusammen mit 20 weiteren Parlamentariern ein Schreiben vorbereitet, in dem die Kommission aufgefordert wird, ihre Verpflichtung zum Kauf von US-Energie im Rahmen des EU-US-Handelsabkommens kritisch zu prüfen. Das Schreiben liegt Euronews vor.
Das Dokument, das demnächst an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Handelskommissar Maroš Šefčovič und Energiekommissar Dan Jørgensen geschickt werden soll, fordert unter der Leitung von Christophe Grudler (Renew) die EU-Exekutive auf, ihre Zusage zu überdenken, in den nächsten drei Jahren Energieprodukte im Wert von 750 Milliarden Dollar aus den USA zu kaufen.
Zu diesen Produkten gehören verflüssigtes Erdgas (LNG), Öl, Kernbrennstoffe und kleine modulare Reaktoren (SMR). Die Unterzeichner argumentieren, dass das Abkommen die Klimaziele, die industrielle Wettbewerbsfähigkeit und die strategische Souveränität der EU untergraben wird.
"Die Erhöhung der LNG-Importe aus US-Schiefergas untergräbt direkt unsere Klimaagenda und unsere Vorschriften zu Methanemissionen", heißt es in dem Schreiben. "LNG ist hochgradig umweltschädlich, wenn es verflüssigt, über den Atlantik transportiert und wieder vergast wird. Eine solche Abhängigkeit ist eine Klima-Zeitbombe."
Die Initiative wurde von Christophe Grudler, einem französischen Europaabgeordneten der liberalen Fraktion Renew, ins Leben gerufen.
In dem Schreiben wird außerdem davor gewarnt, dass das Abkommen die EU nicht nur energiepolitisch gefährdet. Es könnte die EU auch politisch erpressbar machen, da die USA Änderungen an der EU-Klimapolitik fordern.
Dazu gehört der Mechanismus zur Anpassung der CO2-Grenzwerte. Ab dem 1. Januar 2026 will die EU damit Abgaben auf den CO2-Fußabdruck ausländischer Importe erheben. Die Verpflichtung zum Kauf von Energie ist Teil der im Sommer erzielten Vereinbarung zwischen der EU und den USA.
Wirtschaftliches Ungleichgewicht
Die Abgeordneten kritisieren in ihrem Brief an die Kommission auch das "wirtschaftliche Ungleichgewicht", das durch die Zusage entsteht, in den nächsten drei Jahren Energie im Wert von 250 Milliarden Dollar zu kaufen.
Die Zahl wird als "astronomisch" beschrieben. So heißt es: "Zum Vergleich: Der gesamte im MFR vorgeschlagene Wettbewerbsfähigkeitsfonds beläuft sich auf 362 Milliarden Euro über sieben Jahre. Wie können wir von europäischen Unternehmen verlangen, massiv in den USA einzukaufen, während wir sie gleichzeitig auffordern, unsere Wettbewerbsfähigkeit im eigenen Land zu stärken?"
Die Einbeziehung von kleinen modularen Reaktoren aus den USA in das Abkommen hat bei den Abgeordneten ebenfalls Bedenken geweckt. "In einer Zeit, in der die EU ihre eigene Lieferkette für kleine modulare Reaktoren aufbaut, ist es völlig unsinnig, der amerikanischen Konkurrenz die Tür zu öffnen."
Die Abgeordneten betonen, dass kommerzielle Entscheidungen "das Vorrecht der Unternehmen bleiben sollten und nicht durch politische Versprechen vorweggenommen werden dürfen".