"Prinzipiell hat das H5N1-Virus alles, um eine Pandemie auszulösen", sagt der Virologe Klaus Stöhr in einem Bericht. Die Vogelgrippe breitet sich gerade in Deutschland aus.
Immer mehr Geflügelbetriebe in Deutschland sind von der Vogelgrippe betroffen. Seit Anfang September verzeichnet das Friedrich-Löffler-Institut rund 31 Ausbrüche des Virus in der Nutztierhaltung und 131 Fälle von Geflügelpest bei Wildvögeln.
In diesem Herbst geschehe dies ungewöhnlich früh und rasant, meldete das Friedrich-Loeffler-Institut. Es hätten bereits mehr als 500.000 Hühner, Enten, Gänse und Puten getötet werden müssen. Besonders viele Fälle seien im Osten Deutschlands und in Niedersachsen zu verzeichnen.
Geflügelpest ist laut dem Institut eine hochansteckende und bei vielen Vogel- und Geflügelarten rasch tödlich verlaufende Infektionskrankheit. In der nächsten Zeit müsse mit einer großflächigen Ausbreitung durch die Zugaktivität gerechnet werden, so das Institut in einer Pressemitteilung. Es stufte das Risiko als "hoch" ein.
Wie gefährlich ist die Vogelgrippe?
"Prinzipiell hat das H5N1-Virus alles, um eine Pandemie auszulösen", sagt der Virologe Klaus Stöhr der Deutschen Presse-Agentur. Der langjährige Leiter des Influenza-Programms der Weltgesundheitsorganisation warnt vor einer erneuten Pandemie.
Für Menschen sei das Risiko einer Infektion bisher extrem gering, betonte Virologe Stöhr. "Wer auf tote Tiere trifft, zum Beispiel beim Spaziergang, sollte sie nicht anfassen, Abstand wahren, seinen Hund zurückhalten und das zuständige Veterinäramt verständigen", weist Stöhr an.
Tote Tiere sollten nicht von der Stelle bewegt werden und nur dem Veterinäramt eingesammelt werden. In diesem Herbst sind insbesondere Kraniche betroffen.
Inzwischen gebe es weltweit Fälle, in denen das Wildgeflügel das Virus verbreite. "Damit gibt es jetzt unendlich mehr Möglichkeiten der Übertragung und Anpassung an den Menschen. Diese Gefahr ist nicht zu unterschätzen", so Stöhr.
Gleichzeitig sei eine gute Vorsorge möglich, um einen solchen Ausbruch zu verhindern. "Pandemien hat es immer gegeben, eine gute Pandemieplanung ist die beste Vorbereitung", so Stöhr. Mit der Überwachung von Tierbeständen, der Entwicklung neuer Impfstoffe und weltweiten Pandemieplänen könne vorgesorgt werden.
Mögliche Versorgungsengpässe bei Eiern und Geflügel?
Laut dem Friedrich-Loeffler-Institut steht der Höhepunkt des Vogelzugs noch bevor. Die Geflügelbetriebe seien daher weiter dazu aufgerufen, die Hygienemaßnahmen genauestens einzuhalten. Zur Eindämmung der Seuche gelten in vielen Regionen Schutzzonen mit zusätzlichen Auflagen.
"Wir befinden uns bereits in einer frühen, aber kräftigen Phase des Ausbruchsgeschehens – betroffen sind insbesondere Legehennen- und Putenbestände in Offen- und Auslaufhaltungen", erklärte auch der Präsident des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), Hans-Peter Goldnick.
Goldnick mahnt an, dass die Politik nun eingreifen müsse, um die weitere Ausbreitung einzudämmen. Versorgungsengpässe bei Eiern und Geflügelfleisch können nicht ausgeschlossen werden. "Wir fordern die Länder auf, gemeinsam jetzt aktiv zu werden. Abwarten ist keine Option", so Goldnick.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium reagiert. Minister Alois Rainer (CSU) fordert eine enge Zusammenarbeit von Bund und Ländern, um die Tierbestände zu schützen. Außerdem will er bei der EU eine Anhebung der Entschädigungsobergrenze von 50 Euro auf 110 Euro beantragen.
Stiko: Doppelinfektion mit Grippe und Vogelgrippe vermeiden
Zusätzlich raten die Ständige Impfkommission (Stiko) und die Apothekerverbände gefährdeten Personen zu einer Impfung gegen Influenza. Wer mit bestimmten Tieren arbeitet oder privat Kontakt zu ihnen hat, sollte so eine Doppelinfektion mit saisonaler Grippe und Vogelgrippe vermeiden.
Aufgrund der Vogelgrippe-Gefahr habe die Stiko ihre Impfempfehlung bereits zu Beginn des Jahres erweitert, sagte Thomas Preis, Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände der Rheinischen Post.
"Danach sollten sich alle, die beruflich und privat mit Geflügel, Wildvögeln sowie Schweinen und Robben Kontakt haben, gegen die Grippe impfen lassen, um nicht gleichzeitig an Grippe und Vogelgrippe zu erkranken", erklärt er weiter.
In der Impfsaison 2024/2025 ließen sich, so ein Bericht der Apothekerverbände rund 122.000 Menschen in Apotheken gegen Grippe und rund 80.000 Menschen gegen das Coronavirus impfen – und damit deutlich mehr als je zuvor.
"Ziel ist es, so die Entstehung einer neuen Variante der Vogelgrippe zu vermeiden, die von Mensch zu Mensch übertragen werden und der Ausgangspunkt für eine neue Pandemie sein könnte", so Preis.