Deutschland ist wieder frei von der Maul- und Klauenseuche. Für die Landwirte gibt es durch die Fälle in den Nachbarländern jedoch kein Aufatmen. Der Bauernverband mahnt zur Vorsicht beim Osterurlaub im Ausland.
Vor einigen Tagen gab es offiziell Entwarnung: Deutschland ist wieder frei von der Maul- und Klauenseuche. Mit den Osterfeiertagen und geplanten Urlauben in vielleicht betroffene Gebiete im Ausland warnt der Bayerische Bauernverband jedoch und mahnt zur Vorsicht. Für die Landwirte in grenznahen Regionen zu Österreich bedeutet das ebenfalls kein Aufatmen.
"Dieser Freispruch von MKS in Deutschland beruhigt mich in keinster Weise", sagte Milchviehbauer Sepp Andres Euronews. Auf seinem Betrieb im Landkreis Rosenheim leben 70 Kühe. Er ist nur knapp 200 Kilometer von der Slowakei oder Ungarn entfernt. Im Hinblick auf die Osterferien habe er "gemischte Gefühle".
Im Landkreis Rosenheim leben etwa 120.000 Rinder, direkt an der Grenze zu Österreich. Wegen des Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche in einigen Nachbarländern hat Österreich etliche Grenzübergänge geschlossen, Sperrzonen eingerichtet und für bestimmte Waren und lebende Tiere ein Einfuhrverbot verhängt. Fleisch und Rohmilch aus Ungarn und der Slowakei dürfen nicht über die Grenze gebracht werden.
Einen Fall gab es in Österreich bisher nicht - jedoch nur sechs Kilometer von der Grenze entfernt in Levél in Ungarn. Dort mussten 3.000 Rinder in einem Betrieb getötet werden. "Wenn ich mir vorstelle, dass hier meine Kühe rausgeführt werden und gekeult werden, da schmerzt das Herz", überlegt Andres.
"Das ist natürlich ein Horrorszenario für uns Landwirte. Unsere Kühe haben noch Namen und gehören zur Familie. Was kommt danach?", sagte Milchviehbauer Andres. Neben Versicherungsfragen, die geklärt werden müssen, denkt er, "dass so mancher Stall dann leer bleiben wird." Sie hätten bereits jetzt immensen Druck in der Landwirtschaft.
Das bestätigt auch ein Mitglied der jungen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (junge ABL): "Alleine der Gedanke daran, dass der ganze Bestand vom einen auf den anderen Tag getötet werden müsste, ist für viele eine extreme psychische Belastung, welche zu den ohnehin schon unter immenser Arbeitsbelastung und Preisdruck stehenden Verantwortlichen hinzukommt"
In Deutschland ist jeder Betrieb selbst verantwortlich, die Biosicherheit über bestehende Regeln hinaus abzusichern. Andres hat spezielle Schutzkleidung für Tierarztbesuche gekauft sowie Desinfektionsmatten an den Stalleingängen angebracht und appelliert an seine Berufskollegen, ebenso die eigene Biosicherheit zu überprüfen und zu verbessern.
Bauernverband mahnt zu Vorsicht bei Osterurlaub
Im Ernstfall gebe es einen Notfallplan vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, so Milchviehbauer Andres. Um den betroffenen Hof werde eine Sperrzone eingerichtet, Tiere in unmittelbarer Nähe müssen gekeult werden und im weiteren Umfeld geimpft. Tiere sowie deren Erzeugnisse in der betroffenen Region dürfen das Grundstück nicht verlassen. Für die Tierseuchenbekämpfung sind die Bundesländer zuständig.
Das Friedrich-Löffler-Institut für Tiergesundheit (FLI) ruft zu erhöhter Wachsamkeit in Deutschland auf. Für Menschen ist das MKS-Virus ungefährlich, aber sie tragen den Erreger weiter – an Schuhen, Reifen oder Kleidung. Sie können mit dem Virus kontaminiert sein und es somit indirekt weiterverbreiten.
Insbesondere im Hinblick auf die Osterfeiertage und Schulferien warnt auch der Bauernverband bei anstehenden Reisen: "Verzichten Sie aufgrund der aktuellen Lage grundsätzlich auf Fleisch- und Milchprodukte als Mitbringsel aus dem Ausland. Und entsorgen Sie bitte auch Lebensmittelreste zum Schutz unserer Tiere auf keinen Fall in freier Natur."
"Momentan ist von einer weiteren Verbreitung der Seuche auszugehen", teilte das FLI. In Grenznähe zu Österreich hat es im vergangenen Monat zwei Fälle gegeben.
Im Ernstfall sind Landwirte durch Versicherungen geschützt. In Bayern gibt es für Milchviehbauern einen MKS-Fonds aus den 80er Jahren. Betriebe, die eingezahlt haben, sind finanziell zusätzlich abgesichert. Auch eine Tierseuchenkasse der einzelnen Bundesländer übernimmt in solchen Fällen Kosten.
"Es gibt keine Entschädigung für die Aufarbeitung eines Seuchenfalls, dabei wäre die psychische Betreuung von Landwirtinnen und Landwirten sehr wichtig", warnt die junge Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Es brauche "vor allem mehr Präventionsarbeit und Auffangmöglichkeiten für akute Krisen."
Risiko für Krankheiten durch Klimawandel verstärkt
Eine besondere Schwierigkeit für Milchviehbauer Andres ist außerdem, dass die Symptome der Maul- und Klauenseuche denen der Blauzungenkrankheit ähnlich sind. Bei dieser Krankheit ist die Sterblichkeitsrate deutlich niedriger, das Erscheinungsbild aber sehr schwer zu unterscheiden. "Die Blauzungenkrankheit ist bei uns im Süden leider auf dem Vormarsch", so Andres.
Tierseuchen werden immer häufiger und können beträchtlichen wirtschaftlichen sowie psychischen Schaden verursachen. "Wir müssen uns darauf gefasst machen, dass es in Zukunft häufiger zu solchen schwierigen Situationen kommen wird. Die Folgen des Klimawandels schließen erhöhte Seuchengefahr mit ein. Dafür brauchen wir neben einer politischen Strategie zur Eindämmung von Seuchen auch Strukturen, die psychische Aufarbeitung in solchen Momenten bietet", so die junge ABL.
Im Januar ist in Deutschland das erste Mal seit 1988 die Maul- und Klauenseuche bei Wasserbüffeln in Brandenburg ausgebrochen. Die Tierhaltungen innerhalb der Sperrzonen sowie ermittelte Kontaktbetriebe wurden untersucht, um die Ursache und das Ausmaß des Infektionsgeschehens festzustellen.