Auf TikTok geben sich chinesische TikToker als die eigentlichen Hersteller von Luxusartikeln europäischer Modehäusern aus. Doch was ist dran an den vermeintlichen Enthüllungen?
Eine Tasche von einem europäischen Luxusmodehaus wie Hermès, Louis Vuitton oder kann Hunderttausende von Euro kosten.
Viele europäische Luxusmarken versprechen dabei, dass ihre Waren in Europa hergestellt werden - eine Qualitätsgarantie für die Käufer.
Doch jetzt gehen Videos auf TikTok viral.
Was genau wird in den Videos behauptet und wer postet sie?
Unter dem Hashtag #chinesemanufacturer behaupten chinesische TikToker, die versteckten Hersteller von europäischen Luxusgüter zu enthüllen.
Als Urheber dieses Trends gilt der Video-Creator Wang Seng, der in seinen Videos im Namen eines chinesischen Handtaschenherstellers spricht. In einem seiner Videos mit mehr als sechs Millionen Aufrufen meint Seng, dass „80 Prozent der Luxustaschen in der Welt in China hergestellt werden“. Seng ergänzt, dass Luxusmarken die fast fertigen Taschen in ihr eigenes Land zurückbringen würden, um sie neu zu verpacken und mit einem Logo zu versehen.
Wang Seng und andere TikToker behaupten, dass sie für die Erstausrüster (Original Equipment Manufacturer, kurz: OEM) von Luxusmarken arbeiten - Erstausrüster stellen Produkte her, die anschließend von anderen Unternehmen unter ihrem eigenen Namen verkauft werden. In den Videos zeigen sie die vermeintlichen Luxusartikel, die sie hergestellt haben.
In anderen Videos wird auch auf die von US-Präsident Donald Trump gegen China verhängten Zölle in Höhe von 145 % Bezug genommen. Die TikToker rufen damit dazu auf, chinesische Fabriken zu unterstützen – und Luxuswaren direkt von der Quelle zu kaufen.
Stellen Luxusmarken ihre Waren in China her?
In den Videos wird Englisch gesprochen und die Preise in Dollar angegeben. Offenbar zielen die Videos auf amerikanische Verbraucher ab, die zu wichtigen Abnehmern von Luxusgütern zählen.
Im Gegensatz zu den Behauptungen in den Videos, gibt es strenge Regeln und Vorschriften für die Kennzeichnung europäischer Produkte. Damit ein Produkt mit „Made in Europe“ etikettiert werden darf, muss die letzte wesentliche Verarbeitung eines Produkts im Herstellungsland erfolgen.
Laut der Enthüllungsjournalistin Noëmie Leclercq produzieren Marken wie Ralph Lauren oder Prada, die sie dem unteren Ende des Luxusspektrums zuordnet, einzelne Produktionsschritte in China.
Sie äußerte sich jedoch skeptisch, ob dies auch bei Marken am oberen Ende des Luxusspektrums der Fall ist.
Trotzdem halte sich Luxusgüterindustrie bedeckt und veröffentliche keine Details zu Lieferketten, laut Leclercq.
In Bezug auf die viralen TikTok-Videos geht Leclercq davon aus, dass in den meisten gefälschte Waren gezeigt werden.
"Die chinesische Regierung hat die Produktion von Fälschungen gefördert, um sich gegen die US-Zölle zu wehren. Dies geschieht in einer Zeit, in der sie eine Kehrtwende in Bezug auf ihre Gesetze zum Schutz des geistigen Eigentums vollzieht", so Leclercq gegenüber Euronews.
Leclercq erklärt auch, dass die Herstellung von Fälschungen oft ein geopolitisches Mittel sei. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine hätten sich viele Luxusmarken zurückgezogen – daraufhin seien vermehrt Fälschungen aus der Türkei auf den russischen Markt gelangt.