Die Woche in Europa: Die Rede zur Zukunft der EU (und der von der Leyens)

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Copyright Jean-Francois Badias/Copyright 2023 The AP. All rights reserved.
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Von Stefan Grobe
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State of the Union widmet sich in dieser Ausgabe ganz der jährliche Rede zur Lage der Europäischen Union der Kommissionspräsidentin - und der politischen Zukunft Ursula von der Leyens.

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Diese Woche gab es einen der Höhepunkte auf dem politischen Kalender: die jährliche Rede zur Lage der Europäischen Union.

Nach dem Vorbild der traditionellen Ansprache des US-Präsidenten vor dem Kongress hält der Kommissionspräsident diese Rede seit 2010 vor dem Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg.

Doch was in Washington ein Live-TV-Ereignis zur Hauptsendezeit mit hohen Einschaltquoten ist, ist für die europäischen Zuschauer kein Muss.

Die meisten Europäer haben noch nie von der Rede gehört, geschweige denn sie gesehen, was damit zu tun haben könnte, dass sie um 9 Uhr morgens beginnt....

Da der Text Abgeordneten und Journalisten vorab zur Verfügung gestellt wird, verfolgten einige im Publikum die Rede von der Leyens eher beiläufig, spielten mit ihrem Telefon oder strickten sogar...

Üblicherweise wird in der Rede eine Bilanz der Arbeit des vergangenen Jahres gezogen und es werden die politischen Prioritäten für die kommenden Monate festgelegt - so auch am Mittwoch.

Von der Leyen ging auf zahlreichen Themen ein, von der Gleichstellung über die Migration bis zur Wirtschaft.

Manchmal überraschte sie auch mit politischen Ankündigungen.

"Die globalen Märkte werden mit billigeren chinesischen Elektroautos überschwemmt, deren Preis durch staatliche Subventionen künstlich niedrig gehalten wird. Deshalb kann ich heute ankündigen, dass die Kommission eine Wettbewerbsuntersuchung zu Elektroautos aus China einleitet."

In Bezug auf die Ukraine forderte von der Leyen die Europäer auf, das Land in die EU aufzunehmen, und bezeichnete die Erweiterung als eine epochale Entscheidung für die Union aus 27 Nationen.

"Die Zukunft der Ukraine liegt in unserer Union", sagte sie.

Und nachdem sie die Unterstützung der EU für ukrainische Flüchtlinge bekräftigt hatte, machte sie eine weitere Ankündigung:

"Damit hat Europa auf den Ruf der Geschichte geantwortet. Und so schlägt die Kommission vor, unseren vorübergehenden Schutz für die Ukrainer in der EU zu verlängern. Unsere Unterstützung für die Ukraine wird fortbestehen."

Die Berufung auf die Geschichte war sicherlich gerechtfertigt, denn es war die letzte Rede von Ursula von der Leyen zur Lage der Europäischen Union - oder nicht?

Mit keinem Wort sagte sie, ob sie im nächsten Jahr für eine weitere fünfjährige Amtszeit kandidieren will.

Ist sie bereit für einen Wahlkampf? Sieht sie andere Optionen? Oder will sie sich zurückziehen?

Dazu ein Interview mit Jacob Kirkegaard, Analyst beim German Marshall Fund und dem Peterson-Institut für Internationale Wirtschaft.

Euronews: Zunächst, was war das Überraschendste oder Bemerkenswerteste, was Sie in von der Leyens Rede gehört haben?

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Kirkegaard: Nun, ich fand, dass es in vielerlei Hinsicht eine reaktionäre Rede war, in dem Sinne, dass es eine Rede war, die sich auf die weitere Umsetzung des Green Deal, der Digitalisierung, des ukrainischen EU-Beitrittsprozesses usw. konzentrierte, aber auch auf die Konsequenzen dieser Entscheidungen, die in ihrer Amtszeit getroffen wurden.

Euronews: Zu dem, was sie nicht gesagt hat. Nämlich, ob sie für eine zweite Amtszeit im nächsten Jahr antritt. Hat sie hier eine Gelegenheit verpasst?

Kirkegaard: Nein, das glaube ich nicht. Ich denke, es ist ziemlich klar, dass sie für eine weitere Amtszeit kandidieren wird. Es war sehr schwierig für mich, diese Rede nicht als eine Wahlkampfrede zu betrachten. Sie war Teil ihrer Kampagne. Sie hat einer Reihe von Mitgliedstaaten versprochen, sich um sie zu kümmern und sie vor den Folgen des Green Deals, dem Aufstieg Chinas und den Herausforderungen für den Agrarsektor zu schützen. Also, nein, ich glaube nicht, dass sie sagen oder unterstreichen oder explizit machen musste, dass sie kandidiert. Ich glaube aber, dass sie es tut. Und der politische Inhalt ihrer Rede hat das meiner Meinung nach auch sehr deutlich gemacht.

Euronews: Was geschieht jetzt? Wird sie sich bald erklären oder bis zur letzten Minute warten?

Kirkegaard: Im Europäischen Parlament könnte sie auf eine sehr, sehr knappe Mehrheit stoßen. Selbst wenn sie von den EU-Mitgliedsstaaten bestätigt wird, was ich zum jetzigen Zeitpunkt als fast schon eine Formalität betrachte, braucht sie nicht nur eine Mehrheit im Europäischen Parlament für ihre Person, sondern auch sozusagen eine von-der-Leyen-Arbeitsmehrheit, um in der Lage zu sein, viele ihrer Gesetzgebungsvorschläge oder die der Kommission zu verabschieden.

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