Serbische Universitätsstudenten haben 24 Stunden lang Teile von Belgrad blockiert. Auslöser war der Einsturz eines Bahnhofsvordachs in Novi Sad im vergangenen Jahr. Tausende von Bürgern schlossen sich der Blockade an. Auch zuvor hatte es bereits massive Proteste gegeben.
Streikende Universitätsstudenten in Serbien haben eine 24-stündige Blockade einer wichtigen Verkehrskreuzung in der Hauptstadt Belgrad begonnen und damit den Druck auf die Behörden erhöht, den tödlichen Einsturzes eines Vordachs im November aufzuklären, bei dem 15 Menschen ums Leben kamen.
Die regelmäßigen Demonstrationen sind die größte Herausforderung seit Jahren für die Regierung.
Präsident Aleksandar Vučić rief am Montag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Premierminister Miloš Vučević und Parlamentspräsidentin Ana Brnabić zum Dialog mit den Studenten auf: "Wir müssen die Spannungen abbauen und anfangen, miteinander zu reden."
Die Studenten hatten sich zuvor geweigert, sich mit Vučić zu treffen, da der Präsident laut Verfassung nicht berechtigt ist, Gespräche mit ihnen zu führen.
"Jede Art von Krise stellt ein ernstes Problem für unsere Wirtschaft dar", sagte Vučić. "Eine solche Situation in der Gesellschaft ist für niemanden gut."
Vučić sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, demokratische Freiheiten zu beschneiden, obwohl er offiziell die Mitgliedschaft Serbiens in der Europäischen Union anstrebt. Er beschuldigt die Studenten, für nicht näher beschriebene "ausländische Mächte" zu arbeiten, um die Regierung zu stürzen.
Vučić sagte jedoch auch, dass er bereit sei, diejenigen zu begnadigen, die sich einer Strafverfolgung entziehen wollen.
Zu den Forderungen, zu denen auch die Aufhebung der Anklagen gegen die während der Proteste verhafteten Personen gehört, sagte Vučić: "Wir haben darauf gewartet, dass die Staatsanwaltschaft einige der Anklagen fallen lässt, da es einen begründeten Verdacht gibt, dass sie Straftaten begangen haben. Wenn es keine andere Lösung gibt, bin ich bereit, im Einklang mit dem Gesetz eine Begnadigung für diejenigen zu unterzeichnen, die das wünschen. Ich werde dies spätestens am Mittwoch tun."
In einer öffentlichen Ansprache im serbischen Palast sagte der Präsident zudem, dass die Staatsanwaltschaft wegen Angriffen auf Studenten und Professoren Strafverfahren gegen 37 Personen eingeleitet hat, womit die zweite Forderung der Studenten erfüllt sei.
Außerdem erklärte Vučić, dass alle Dokumente im Zusammenhang mit dem jüngsten Umbau des Hauptbahnhofs von Novi Sad freigegeben worden seien.
In den vergangenen Wochen kam es bei den Straßendemonstrationen indes zu mehreren Zwischenfällen, unter anderem rammten Autofahrer eine Menschenmenge, wobei zwei junge Frauen verletzt wurden.
Die Verkehrspolizei sicherte am Montag die Studentenblockade, um ähnliche Vorfälle zu vermeiden. Die protestierenden Studenten schlugen ihre Zelte an einer Hauptverkehrsader für die Pendler der Stadt auf, die zur wichtigsten Nord-Süd-Autobahn führt.
Einige Studenten spielten bei warmen Temperaturen Volleyball, andere setzten sich auf Decken auf den Bürgersteig oder spazierten umher. Außerdem hielten sie, wie schon oft bei vergangenen Demonstrationen, um 11:52 Uhr eine 15-minütige Schweigeminute ab, zum Gedenken an die Opfer des Einsturzes des Bahnhofsvordachs in Novi Sad am 1. November.
Viele in Serbien sind der Meinung, dass die riesige Betonüberdachung aufgrund von Korruption seitens der Baubehörden eingestürzt ist.
Die serbische Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen 13 Personen erhoben, darunter ein Minister und mehrere Staatsbeamte. Der ehemalige Bauminister Goran Vesić wurde jedoch aus der Haft entlassen, was Zweifel an der Unabhängigkeit der Ermittlungen schürte.
Der Hauptbahnhof in Novi Sad war in den letzten Jahren zwei Mal im Rahmen eines größeren Infrastrukturgeschäfts mit chinesischen Staatsunternehmen renoviert worden.