Die Schilf-Glasflügelzikade bedroht die Kartoffelernte, denn sie überträgt die Pflanzenkrankheit Stolbur. Allein in Baden-Württemberg wurden im Kartoffelanbau Verluste von bis zu 70 Prozent verzeichnet.
Laut dem Deutschen Bauernverband stellt die durch die Schilf-Glasflügelzikade übertragene Pflanzenkrankheit Stolbur eine wachsende Gefahr für die Landwirtschaft dar.
Besonders in Süddeutschland werde sie als "ernste Bedrohung" für die Versorgung mit regional angebauten Kartoffeln, Gemüse und Zuckerrüben eingeschätzt, teilte das Landwirtschaftsministerium in Baden-Württemberg mit.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, kritisiert das Landwirtschaftsministerium für seine zögerliche Haltung: "Man hat offensichtlich den Ernst der Lage nicht erkannt. Wir brauchen jetzt Lösungen für 2025 und die können kurzfristig nur in der Notfallzulassung von wirksamen Pflanzenschutzmitteln liegen."
Das Insekt habe sich von Baden-Württemberg über Rheinland-Pfalz, Bayern und Hessen weiter in den Norden verbreitet und sei inzwischen auch in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt entdeckt worden, so Rukwied weiter.
Was passiert, wenn die Zikade zusticht?
Das Bakterium Candidatus Phytoplasma solani wird durch Stiche der Schilf-Glasflügelzikade auf Pflanzen übertragen und verursacht die sogenannte Stolbur-Krankheit. Befallene Pflanzenbestände beginnen zu welken, ihre Wurzeln und Knollen nehmen eine gummiartige Konsistenz an. Dadurch sinkt nicht nur der Ertrag, sondern auch Qualität und Geschmack der Ernte, etwa durch einen reduzierten Zuckergehalt. Bei starkem Befall sind Zuckerrüben, Kartoffeln und Gemüse oft weder lager- noch verarbeitungsfähig.
Die Zikaden übertragen auch die Infektionskrankheit SBR (Syndrom der niedrigen Zuckergehalte) - nicht nur bei Kartoffeln. Auch Rote Bete, Sellerie, Kohl, Zwiebel und Möhren sind betroffen.
Bei Zuckerrüben hat sich die betroffene Anbaufläche von 40.000 Hektar im Jahr 2023 auf mindestens 75.000 Hektar im vergangenen Jahr nahezu verdoppelt. Damit sei rund ein Viertel der gesamten deutschen Anbaufläche betroffen, warnt der Deutsche Bauernverband.
Kartoffeln: Sehr beliebt in Deutschland
Kartoffeln werden in Deutschland gern verzehrt. Im Wirtschaftsjahr 2023/24 erhöhte sich der Pro-Kopf-Verbrauch von Kartoffeln gegenüber dem Vorjahr um 7,8 Kilogramm auf insgesamt 63,5 Kilogramm. Damit wurde der höchste Wert seit zwölf Jahren erreicht.
Die Preise für Speisekartoffeln in Deutschland schwanken von Jahr zu Jahr erheblich. Ausschlaggebend dafür ist das marktwirtschaftliche Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage: Fällt die Ernte geringer aus, steigen in der Regel die Preise. Dies wird, in Anbetracht der durch Schädlinge teils verdorbenen Ernte, voraussichtlich auch dieses Jahr zu erwarten sein.
Ganz zu schweigen von den wirtschaftlichen Verlusten für die Landwirte.
Nach Angaben der Umwelt-Referentin des Landesbauernverbandes Baden-Württemberg, Isabell Pergner, steht in einigen Betrieben der Fortbestand des Anbaus infrage. Die Krankheit entwickle sich zu einem ernsthaften wirtschaftlichen Risiko für ganze Regionen. Es brauche deshalb dringend eine reguläre Zulassung wirksamer Pflanzenschutzmittel sowie die gezielte Förderung praxisnaher Forschung zu Resistenzzüchtung und nachhaltigen Bekämpfungsstrategien.
Schädlich für den Menschen ist Stolbur übrigens nicht. Zudem kommt Gemüse, das verdorben ist, auch gar nicht erst in den Handel.