Im Jahr 2024 waren Kinder eher von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht als Erwachsene. Insgesamt ist die Zahl der betroffenen Kinder im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken.
Das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat) hat neue Zahlen zur Kindheitsarmut in der EU veröffentlicht.
Demnach waren im Jahr 2024 19,5 Millionen Kinder in der EU von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.
Zwischen 2023 und 2024 ging der Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Kinder in der EU leicht von 24,8 % auf 24,2 % zurück.
Auf Länderebene meldete Bulgarien im Jahr 2024 mit 35,1 % den höchsten Anteil, gefolgt von Spanien mit 34,6 % und Rumänien mit 33,8 %.
Im Gegensatz dazu verzeichneten Slowenien (11,8%), Zypern (14,8%) und die Tschechische Republik (15,4%) die niedrigsten Werte.
Italien war das einzige EU-Land, in dem es keine Veränderung gab und der Anteil unverändert bei 27,1 % blieb.
"Sozialstaatliche Maßnahmen spielen eine wichtige Rolle beim Schutz der Kinder vor Armut", erklärte Alba Lanau Sánchez, Forscherin an der Universität Pompeu Fabra. "Länder mit robusten Sozialschutzsystemen haben tendenziell niedrigere Kinderarmutsquoten", so die Forscherin weiter.
Das Risiko, von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen zu sein, war im Jahr 2024 für Kinder höher als für Erwachsene.
Für Kinder lag der Wert bei 24,2 %, für Erwachsene bei 20,3 %, was einem Unterschied von 3,9 Prozentpunkten entspricht.
In 20 EU-Ländern war das Risiko für Kinder höher als für Erwachsene, wobei die größten Unterschiede in Spanien (10,5%), Malta und Rumänien (jeweils 7,3%) sowie Frankreich (7,2%) zu verzeichnen waren.
Der Faktor Bildung
Kinder, deren Eltern ein höheres Bildungsniveau erreichten, waren weniger häufig von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.
Im Jahr 2024 waren 61,2 % der Kinder in der EU, deren Eltern höchstens einen Abschluss der Sekundarstufe I hatten, von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.
Bei Kindern, deren Eltern einen Hochschulabschluss hatten, lag der Anteil bei 11,0 %.
Daraus ergab sich eine Risikolücke von 50,2 Prozentpunkten je nach Bildungsniveau der Eltern.
Auf nationaler Ebene lag die Kluft in 16 EU-Ländern über 50 %.
Die geringsten Unterschiede wurden in Dänemark, Portugal und Estland beobachtet, während die größten Unterschiede in Rumänien, der Tschechischen Republik und Bulgarien zu verzeichnen waren.
Warum ist das Kinderarmutsrisiko in Spanien so hoch?
Obwohl Spanien ein höheres Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Bulgarien oder Rumänien hat, wird das Steuer- und Sozialleistungssystem des Landes oft als einer der Hauptgründe für die hohen Kinderarmutsraten genannt.
Im Jahr 2021 gab Spanien nur 1,3 % seines BIP für familienpolitische Maßnahmen aus, der OECD-Durchschnitt lag bei 2,3 %.
"Die direkte finanzielle Unterstützung für Familien war besonders bescheiden", so Lanau Sánchez. "In Spanien werden kinderbezogene Geldleistungen traditionell durch Steuererleichterungen für höhere Einkommensschichten gewährt, von denen ärmere Haushalte nicht profitieren können", erklärte sie.
Spanien hat das Mindesteinkommen (IMV) im Jahr 2021 und den Kinderzuschlag im Jahr 2022 eingeführt, die nach Angaben der spanischen Sozialversicherung 502.310 Haushalte erreichen.
Es bleibt jedoch unklar, inwieweit diese Programme die Lebensbedingungen für Familien mit Kindern verbessert haben.
"In der aktuellen Kritik werden die Mängel des IMV hervorgehoben, darunter administrative Hürden (die zu hohen Nichtinanspruchnahmequoten führen), rechtliche Zugangsbeschränkungen für bestimmte Gruppen wie junge Menschen, Obdachlose, Menschen ohne Papiere und kürzlich angekommene Migranten sowie eine begrenzte potenzielle Deckung für einkommensschwache, aber nicht sehr arme Haushalte", so Lanau Sánchez.
"Es fehlen jedoch eingehende wissenschaftliche Untersuchungen darüber, wie das IMV das Sozialschutzsystem tiefgreifender umgestaltet und letztlich andere Formen der Unterstützung, wie regionale Mindesteinkommenssysteme, verdrängt hat", schloss die Forscherin.