Er wurde Emotionen überwältigt: Friedrich Merz konnte bei seiner Rede über das Schicksal von Rachel Salamander in der wiedereröffneten Synagoge in München die Tränen kaum zurückhalten.
Es war ein ganz anderer Friedrich Merz als der, den die Menschen in Deutschland sonst kennen, der in München eine wieder aufgebaute Synagoge eröffnet hat.
"Wir schulden unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern das Versprechen, das „Nie wieder“ als unser aller historische Pflicht mit Leben zu füllen. Ich wünsche mir, dass die wiedereröffnete Synagoge Reichenbachstraße in München ein Ort der Heimat für jüdisches Leben wird." Das hat Friedrich Merz an diesem Montagabend gesagt. Doch für Aufsehen sorgt der Kanzler damit, dass er bei der Rede von seinen Gefühlen überwältigt wurde.
Das Werk von Rachel Salamander
Merz konnte nur noch mit tränenerstickter Stimme sprechen, als er daran erinnerte, dass die Literaturwissenschaftlerin Rachel Salamander, eine treibende Krafr hinter dem Wiederaufbau der Synagoge in München, im Januar 1949 in einem Lager für Holocaust-Überlebende, dem Displaced Persons Camp in Deggendorf, geboren wurde. Wegen einer Krankheit der Mutter konnte die Familie Salamander nicht wie geplant nach Israel auswandern. Später hatte die Tochter in München eine Literaturhandlung mit dem Schwerpunkt jüdische Literatur.
Zusammen mit Ron C. Jakubowicz hatte Rachel Salamander 2013 einen Verein gegründet, um die Synagoge an der Reichenbachstraße in München so wieder aufzubauen, wie der Architekt Gustav Meyerstein sie 1930 im Stil der Neuen Sachlichkeit geplant hatte. Unter den Nazis war die Synagoge in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 angegriffen und verwüstet, aber nicht völlig zerstört worden. Danach wurde sie als Lagerhalle missbraucht.
Der Wiederaufbau der Synagoge wurde zu je einem Drittel durch den Bundeshaushalt, das Bundesland Bayern und die Stadt München finanziert. Auch CSU-Ministerpräsident Markus Söder war bei dem Festakt dabei.
"Das hat mich wirklich berührt"
Mit seiner emotionalen Rede hat der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz viele berührt und auch die SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat in München Anne Hübner beeindruckt. Sie kommentiert: "Bundeskanzler #Merz hat bei der Feier zur Wiedereröffnung der Synagoge an der Reichenbachstraße so abseits der üblichen Phrasen und so spürbar als Mensch gesprochen, dass er wohl alle im Saal ganz schön für sich eingenommen hat. Danke an Rachel Salamander dafür, dass Sie München dieses Haus zurückgegeben haben."
TV-Moderator Micky Beisenherz schreibt auf X: "Den Bundeskanzler vor Rachel Salamander in der Münchner Synagoge weinen zu sehen, das hat mich wirklich berührt. Mir hat so etwas lange gefehlt."
Merz sprach sich gegen alle Formen des Antisemitismus aus und kündigte erneut an, diese mit seiner Regierung zu bekämpfen. "Ich möchte Ihnen sagen, wie sehr mich das beschämt: als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, aber auch als Deutscher, als Kind der Nachkriegsgeneration, als Kind, das aufgewachsen ist mit dem ‚Nie wieder‘ als Auftrag, als Pflicht, als Versprechen“, erklärte der Kanzler.
Rachel Salamander, die sich über die Eröffnung "ihrer" Synagoge freuen konnte, sagte in ihrer Rede auch zur Lage in Deutschland: "Der Antisemitismus ist so groß wie seit 1945 nicht mehr."