Der serbische Präsident Vučić warnt vor einer schweren Krise, auch Analysten zeigen sich besorgt. Die größte Ölraffinerie des Landes steht vor der Schließung, wenn die US-Sanktionsbehörden nicht bis Donnerstag eine Lizenz genehmigen.
Die Anfang Oktober in Kraft getretenen US-Sanktionen gegen das vom russischen Gazprom-Konzern kontrollierte Unternehmen NiS, den Betreiber der Ölraffinerie, setzen Serbien unter Druck.
Der serbische Präsident Aleksandar Vučić hat vor einer schweren Krise für das Land auf dem westlichen Balkan gewarnt. Grund ist die bevorstehende Schließung der größten serbischen Ölraffinerie, sollte die US-Sanktionsbehörde bis Donnerstag keine Betriebsgenehmigung erteilen.
Die Raffinerie der serbischen Erdölindustrie (NIS) arbeitet derzeit im sogenannten „warmen Umlauf“ – einem Modus mit reduzierter Kapazität – und hat nur noch vier Tage Zeit, bevor eine vollständige Abschaltung droht, erklärte Vučić in einer Ansprache an die Nation.
„Der Neustart wird 14 Tage dauern, realistisch gesehen sogar eher 20 Tage oder mehr“, sagte er. „Das bedeutet, dass die Raffinerie bis ins neue Jahr und darüber hinaus stillstehen könnte.“
Nach Einschätzung von Analysten steht das Land unmittelbar vor einer Energiekrise. Die Regierung in Belgrad hat sich auf eine mögliche Stilllegung der Raffinerie vorbereitet, indem sie die nationalen Ölreserven aufgestockt und für Dezember zusätzliche Importmengen vertraglich gesichert hat.
Fachleute warnen jedoch, dass reine Ölimporte nicht ausreichen dürften, um das Unternehmen langfristig zu stabilisieren.
Gefährdung des Bankensystems
Vučić warnte eindringlich vor den schwerwiegenden Folgen einer Schließung und betonte, dass das gesamte serbische Finanzsystem in Gefahr sein könnte.
„Die Nationalbank Serbiens und alle Geschäftsbanken, die mit der serbischen Erdölindustrie zusammenarbeiten, wurden gewarnt, dass sie Sanktionen unterliegen könnten“, so Vučić. „Im schlimmsten Fall wären sowohl unsere Geschäftsbanken als auch unsere Zentralbank betroffen.“
Er fügte hinzu, dass dies zu einer „vollständigen Aussetzung des Zahlungsverkehrs und öffentlicher Dienstleistungen, der Sperrung von Zahlungskartendiensten und der Einstellung von Krediten“ führen könnte.
Die serbische Nationalbank kündigte bereits an, den Zahlungsverkehr mit NIS auszusetzen, sollte das Unternehmen die Lizenzfrist nicht einhalten. Dies sei notwendig, um „die Stabilität des inländischen Finanzsystems“ zu sichern.
Vučić erklärte, dass Serbien seit 2022 viermal ein Vorkaufsrecht für NIS besessen, es jedoch nie ausgeübt habe. Dadurch konnten die russischen Eigentümer die Anteile an andere russische Unternehmen verkaufen.
„Wir wollten den russischen Eigentümern Respekt erweisen, denn wir halten Sanktionen nicht für ein faires Instrument im internationalen Handel“, so Vučić.
Allein 2025 wechselte die Eigentümerschaft von NIS dreimal – im Februar, Mai und September –, da die russischen Eigentümer versuchten, sich den Sanktionen anzupassen und gleichzeitig den Betrieb aufrechtzuerhalten.
Persönliche Garantie an die USA
Vučić berichtete, dass er den US-Behörden persönliche Garantien für die Einhaltung der Sanktionen gegeben habe, nachdem zusätzliche Zusicherungen verlangt wurden.
„Die Amerikaner baten mich um mein öffentliches Wort – und ich habe es gegeben“, sagte er, schätzte die Wahrscheinlichkeit einer Lizenzerteilung aber nur auf 40 %.
Auf einer Regierungssitzung am Montag wies er Forderungen nach einer Verstaatlichung der Raffinerie zurück und betonte, Serbien müsse den Partnern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ungarn, die mit den russischen Eigentümern verhandeln, Zeit geben.
Vučić appellierte direkt an die US-Behörden: „Wenn Sie dem russischen Bankensektor die Finanzierung von Kernkraftwerken erlauben, uns aber keine Lizenz erteilen, sollten Sie prüfen, ob Sie Serbien gegenüber fair handeln.“
NIS habe bereits auf Betriebsreserven zurückgegriffen, die bis Ende der Woche aufgebraucht sein werden, erklärte Vučić. Die operativen Sanktionen gegen das Unternehmen wurden erst am 9. Oktober eingeführt, die formelle Aufforderung zu Eigentumsänderungen erfolgte erst vor zwei Wochen.
„Es geht längst nicht mehr nur um die Position Serbiens – sie hängt auch von den internationalen Entwicklungen ab“, sagte Vučić. „Unsere Lage wird zunehmend schwieriger.“
Die Krise folgt auf gescheiterte Verhandlungen mit der Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC), die als potenzieller Käufer auftrat und sowohl Washingtons Anforderungen erfüllen als auch Moskau entschädigen könnte. Berichten zufolge stagnierten die Gespräche jedoch in den letzten Wochen, sodass Belgrad nur noch begrenzte Optionen hat.
Die USA hatten den NIS-Eigentümern am Samstag drei Monate Zeit gegeben, einen Käufer zu finden. Vučić warnte jedoch, dass die Raffinerie nicht so lange ohne Rohöllieferungen arbeiten könne.
Auf der Regierungssitzung am Montag stimmte das Kabinett einstimmig Vučićs Vorschlag zu, der russischen Seite eine Frist von 50 Tagen zu setzen, um einen neuen Eigentümer zu finden. Sollte dies nicht gelingen, werde Belgrad das Management von NIS übernehmen und der russischen Seite den höchstmöglichen Preis anbieten.