Was ist aus der EU geworden?

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Von Euronews
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Marcel aus Brüssel: “Meine Frage ist: Was ist das, Europa? Ich glaubte, verstanden zu haben, dass die Gemeinschaft gegründet wurde, um Kriege zwischen den Ländern Europas zu verhindern. Das war ein großes Symbol. Aber was ist sie jetzt geworden? Irgend so ein riesiges Etwas, wo keiner mehr durchschaut, und wovon niemand mehr träumt.”

Pascal Delwit, Politik-Professor an der Freien Universität Brüssel: “Sie haben Recht, Europa – das, was man heute gemeinhin Europa nennt, oder richtiger die Europäische Union, ist etwas ganz Anderes als das, was man zu Beginn der Europäischen Gemeinschaften hatte, Anfang der fünfziger Jahre.

Damals gab es zwei wichtige Elemente bei der Schaffung der Europäischen Gemeinschaften – der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und später der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Atomgemeinschaft. Erstens ging es natürlich nach dem Zweiten Weltkrieg um den Versuch, friedliche Beziehungen zwischen den Staaten zu schaffen, um einen neuen Krieg zu verhindern.

Das zweite Element war, Deutschland im einem Kontext des Kalten Krieges wieder in Westeuropa einzubinden.

Ursprünglich stand da das kleine Europa mit nur sechs Mitgliedsstaaten. Und natürlich ist das ein halbes Jahrhundert später etwas ganz Anderes, eine Europäische Union mit 27 Mitgliedern, mit deutlich erweiterten Kompetenzen, einer bestimmten Anzahl von Vorrechten, die die einzelnen Staaten abgaben. Unter anderem das klassische Vorrecht, die eigene Währung zu prägen und zu verwalten, das etliche Staaten aufgaben. Heute haben viele EU-Staaten den Euro, und die Gemeinschaftswährung wird von der Europäischen Zentralbank verwaltet.

Es ist also ganz anders, und weil der Kontext sich drastisch verändert hat – mit 27 Mitgliedsstaaten – ist es sehr viel schwerer, das gemeinsame Funktionieren zu verstehen.

Die Europäische Union ist eine Konstruktion, die sich über die Zeit weiterentwickelt hat, deren institutionelles Schema nicht dasselbe ist wie das der einzelnen Staaten, wo es zwar manchmal Annäherungen gibt, wo aber heute die Staaten etliche Vorrechte abgegeben haben. Es gibt einige quasi exklusive Vorrechte: Die Gemeinsame Agrarpolitik, die Handelspolitik – und es gibt geteilte Vorrechte.

Und die Frage heute, in Zeiten der Krise, ist, ob es einen stärkeren Rückzug auf die Mitgliedsstataten geben wird, oder nutzt man im Gegenteil diese Krise, um neue Vorrechte an die EU zu übertragen und eine stärker förderale Perspektive einzunehmen.”

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