"Im Irak decken sich die strategischen Interessen der USA und des Iran"

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Von Euronews
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Zusätzliche Kontrollen und mehr Soldaten sind derzeit Ausdruck der verstärkten Sicherheitsmaßnahmen in Bagdad.

Grund dafür sind die sunnitischen ISIL-Kämpfer, die in der vergangenen Woche weite Gebiete im Nordirak in ihre Gewalt brachten und zuletzt immer weiter Richtung Bagdad vorrückten.

Wie sich die Sicherheitslage im Irak dadurch verändert hat und welche Zukunft für die Region möglich ist, darüber hat euronews mit dem Experten Arash Aramesh von der Stanford Universität in den USA gesprochen. Dabei ging es auch um einen möglichen Einsatz der USA und des Iran in der Krisenregion.

Ali Kheradpir, euronews:

“Wer in der Region profitiert von einem geteilten Irak?”

Arash Aramesh, Analyst Stanford Law School, Washington:

“Auf kurze Sicht könnte der Iran viel Einfluss in der Region verlieren, wenn der Irak eine Art föderatives Land würde – ein Teil in der Hand der Sunniten, ein anderer Teil wäre Kurdistan und in der Mitte und im Süden hätten die Schiiten die Kontrolle. Dann wäre sein Einfluss in Teilen des Mittleren Osten reduziert.

Aber auf lange Sicht könnte das die ganze Region lähmen. Ein unabhängiges Kurdistan könnte eine Gefahr für den Iran und die Türkei darstellen. Auf der anderen Seite kann auch ein unabhängiges sunnitisches Land in den Grenzen von Syrien und Irak, in Ländern, die de facto niemand kontrolliert, gefährlich sein – sogar für die Staaten am Persischen Golf, die die extremistischen Gruppen unterstützen. Wenn diese Gruppen mehr Macht erringen als sie sollten, gerieten diese Länder in Gefahr.”

euronews:

“Es gibt Berichte, dass iranische Revolutionsgarden (IRGC) in den Irak entsandt werden. Aber Irans Regierung bestreitet das. Warum sollte sie mit der Unterstützung des irakischen Staates hinter dem Berg halten?”

Arash Aramesh:

“Selbst Schiiten könnten mit der Entsendung von Streitkräften auf irakisches Terrain nicht einverstanden sein. Man darf nicht vergessen: Iran und Irak haben sich acht Jahre lang bekriegt. Und traditionell herrscht Wettbewerb zwischen diesen beiden Regionalmächten.

Außerdem hat die Regierung Al-Maliki in keiner Weise um diese Entsendung gebeten.

Wenn der Iran zwei Einheiten Revolutionsgarden in den Irak geschickt hat, soll das unter der Decke bleiben. Sie wollen extremistischen Sunniten keine Angriffsfläche bieten. Außerdem könnte es heißen, die Regierung Nouri Al-Maliki sei loyaler gegenüber Teheran als gegenüber dem irakischen Volk.”

euronews:

“Pentagon-Sprecher John Kirby hat gesagt: ‘Es gibt keine Pläne, den Iran zu Militäraktivitäten im Irak zu konsultieren.’ Aber auf der anderen Seite sagt Außenminister John Kerry: ‘Wir sind offen für alle konstruktiven Prozesse, die die Gewalt zurückdrängen.’

Die Frage ist, welche Möglichkeiten haben Iran und USA zur Zusammenarbeit? Und wenn diese Zusammenarbeit nicht militärische Aktion bedeutet, was dann?”

Arash Aramesh:

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“Die Chancen einer vertraulichen Zusammenarbeit sind groß. Wie Sie wissen, gibt es da eine gewisse Tradition. Im Jahr 2001 nach dem Angriff auf Afghanistan und auch im Jahr 2003 hat der Iran den USA geholfen. Aber nach einigen Fouls und politischen Veränderungen in Bushs Regierung war der Iran enttäuscht. Die Menschen an der Spitze des iranischen Staates haben einen historischen Hintergrund von Misstrauen und Feindseligkeit gegen den Westen. Aber die kurz- und langfristigen strategischen Interessen beider Seiten in der Region decken sich.

USA und Iran sind beide interessiert, im Irak eine moderate sunnitische Regierung und einen stabilen Staat zu haben. Mit diesem Ziel könnten sie zusammenkommen.

Man muss aber bedenken, die Gräben zwischen dem Iran und den USA sind sehr tief. Eine Zusammenarbeit wäre vermutlich nicht militärisch oder strategisch, sondern beschränkt auf einige Phasen oder Einzelfälle.”

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