Die mutigen Mädchen der Jesiden - auch in der Überlieferung

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Von Euronews
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Von den IS-Dschihadisten entführt, zwangsverheiratet und vergewaltigt, dieses Bild verbinden wir mit jesidischen Frauen und Mädchen. Einige besonders mutige junge Frauen haben nach ihrer Flucht von ihrem Schicksal berichtet. Auch die einzige Vertreterin der Jesiden im irakischen Parlament in Bagdad ist eine Frau, die immer wieder auf das Schicksal ihrer Religionsgemeinschaft aufmerksam macht.

Die Geschichten der Religion der Jesiden und des Propheten Pir Ali sind vor allem mündlich überliefert. Uns hat eine junge Jesidin aus Norddeutschland erzählt, wer Pir Ali ist und wie sie mit ihrer Familie das Batizmifest feiert.

Die Feiern Anfang Januar dauern eine ganze Woche, und es wird ein besonderes Brot mit gesegneter Hefe gebacken: “Xewra Pirali”, ein Brot zu Ehren von Pir Ali. Dieses Brot wird auch als „Sewik“ bezeichnet – dazu gibt es “Mehira Rahb”, eine Joghurtspezialität.

Pir Ali ist der jesidischen Religion nach der Mensch gewordene Engel Tausi Malek, der wichtigste Engel der Jesiden (auch Pfauen-Engel) und Vermittler zwischen Gott und den Menschen. Pir Ali war der Vertreter von Tausi Malek auf Erden und soll nach dem Jahr 1.000 in einer großen Höhle gelebt haben in Tur Abdin in der heutigen Provinz Mardin in der Türkei. Viele Menschen pilgerten zu dieser für die Jesiden heiligen Stätte.

Der jesidischen Überlieferung nach wollte Pir Ali nur verheiratete Pilger empfangen – die Zeremonie war für unverheiratete Jungen und Mädchen verboten.
Ein junges Mädchen aber wollte Pir Ali unbedingt sehen. Es begleitete seine Eltern gegen deren Willen auf die Pilgerreise und gab vor, verheiratet zu sein. Das Mädchen hatte auch einen länglichen Stein mitgenommen, den es vorher in ein Tuch eingewickelt hatte. Alles sollte so aussehen, als hätte sie bereits ein Kind. Bei der Ankunft der Familie zeigte Pir Ali mit dem Finger auf das Mädchen und sagte: „Meine Tochter, bringe dein Kind zu mir, damit ich es im Namen des Allmächtigen und seines Engel Tausi Melek taufen kann!“

Das Mädchen lächelte ihm zu und sagte mit zitternder Stimme: „Vater, dies ist kein Lebewesen, es ist ein Stein. Ich wollte dich unbedingt sehen. Mir blieb keine andere Wahl, als so zu tun als sei ich verheiratet.“

Pir Ali forderte das Mädchen erneut auf, ihm das “Kind” zu geben. Beim dritten Mal reichte ihm das Mädchen den eingewickelten Stein. Als Pir Ali das Tuch entfernte, soll dann da statt des Steins ein kleiner Junge gelegen haben.

Beim Batizmifest, das die meisten, aber nicht alle Jesiden begehen, werden auch sieben Baumwollkerzen angezündet. Die Jesiden streichen mit der Hand über das Feuer und wünschen sich etwas. Mütter fahren mit ihrer Hand über das Feuer und streichen anschließend, während sie ein Gebet aufsagen, über das Gesicht ihrer Kinder, um Segen und Gesundheit für sie zu erbitten.

Und die in Deutschland lebenden Jesidinnen und Jesiden erinnern uns auch immer wieder daran: Berichtet über das Schicksal unserer Verwandten im Irak und in Syrien.

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