Flucht nach Europa: Gefangen auf Lesbos

Flucht nach Europa: Gefangen auf Lesbos
Von Euronews
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In Samys Heimatland in Afrika herrscht Krieg. Seit über einem Jahr versucht er, nach Europa zu fliehen. Doch in Griechenland hängt er in der nächsten Hölle fest.

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Noch immer versuchen Tausende Menschen, über Lesbos nach Europa zu fliehen. Oft bleiben sie in den Auffanglagern der griechischen Insel stecken und erleben dort die nächste Tragödie. Samy ist 32 Jahre alt, kommt aus Afrika und ist einer von ihnen. Er erzählt euronews seine Geschichte.

Flucht aus Afrika

„Ich heiße Samy. Zuerst habe ich mit den Schleusern einen Preis ausgehandelt. 500 Euro musste ich zahlen. Die ersten Tage verbrachten wir eingeschlossen in Lastwagen. Ich glaube, wir waren 50 Leute pro Anhänger.

Man brachte uns in die Türkei in die Nähe von Izmir. Dort versteckten sie uns vor der Polizei. Wir konnten nicht nach Lesbos übersetzen. Tagelang mussten wir in unserem Versteck ausharren. Wir waren darauf überhaupt nicht vorbereitet, wir hatten nichts zu essen und auch kein Wasser.“

„Wie eine andere Wirklichkeit“

„Dann wurden wir verhaftet und in Izmir in Einzelhaft gesteckt. Dort blieben wir zehn Tage lang. Das war wie eine andere Wirklichkeit. Ich habe noch nie in einem Gefängnis übernachtet oder etwas ähnliches erlebt.

So lief das jedes Mal ab, wenn wir versuchten, nach Europa überzusetzen. Man wird in Lastwagen gesteckt und ist ständig auf der Hut. Einmal wurden wir sogar von Soldaten verfolgt. Sie schossen auf uns. Ich weiß aber nicht, ob es echte Waffen waren. Wir wurden wieder verhaftet und für mehrere Tage ins Gefängnis gesteckt. Dasselbe wie beim letzten Mal. Insgesamt habe ich dort 38 Tage verbracht.“

Überfahrt ins Ungewisse

„Ich wurde aus dem Gefängnis entlassen. Am selben Tag rief mich der Schleuser an und sagte, dass wir es erneut versuchen würden. Ich hatte keine andere Wahl. Es war so kalt, dass meine Füße und meine Hände komplett abgefroren waren. Wir schliefen draußen unter Bäumen.

Dann war es so weit. Sie haben Schlauchboote aufgepumpt, den Motor angeworfen und dann waren wir uns selbst überlassen. Ich weiß nicht, wie lange wir genau mit dem Boot unterwegs waren. Mindestens eine Stunde. Es waren auch Kinder an Bord. Wir waren mindestens 49 Personen.“

„Wie es weitergeht, weiß ich noch nicht.“

„Dann kamen wir in Griechenland an. Wir wurden von Menschen empfangen. Sie gaben uns Kleider und Schuhe, weil wir komplett durchnässt waren. Und auch Kekse und Wasser.

Wir wussten vorher nicht, auf was wir uns da einließen. Es ging um Leben und Tod. Und ich hätte nicht gedacht, jemals so etwas zu erleben. Wie es weitergeht, weiß ich noch nicht. Manche Menschen haben einfach kein normales Leben. So wie ich.“

Nach seiner Ankunft in Griechenland verbrachte Samy zehn Monate im Auffanglager Moria. Dieses gilt als Symbol einer gescheiterten EU-Flüchtlingspolitik. Hilfsorganisationen berichten von katastrophalen Zuständen.

Momentan leben dort etwa 5.000 Menschen, ausgelegt ist das Lager aber nur für 1.800. Den Flüchtlingen fehlt es an Essen, Kleidern, Hygieneartikeln – an allem. Papst Franziskus verglich das Camp nach einem Besuch im April 2016 mit einem Konzentrationslager.

Samy konnte Moria mittlerweile verlassen. Er lebt in einem Lager in Thessaloniki und hofft, Griechenland bald in Richtung Nordwesten verlassen zu können. Ob seine Frau und seine zwei Söhne nachkommen können, weiß er noch nicht. Sie sind noch in Afrika. Samy hat seine Familie seit August letzten Jahres nicht mehr gesehen.

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