Heribert Prantl: "Vorwurf der Rebellion ist abenteuerlich"

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Von Kirsten Ripper
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Der Journalist und Jurist Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung erklärt, der Vorwurf der Rebellion gegen Carles Puigdemont sei "abenteuerlich". Und die EU-Politiker sollten mäßigend auf Rajoy einwirken.

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Im Gespräch mit euronews hat Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung, die Entscheidung im Fall Puigdemont erklärt. Als Jurist sagt Heribert Prantl:

"Der Vorwurf der Rebellion war absolut abenteuerlich, und es steht ja der hammerharte Satz in dem Beschluss aus Schleswig, dass das Verhalten von Puigdemont in Deutschland nach geltendem Recht nicht strafbar sei. Das ist ein starker Satz. Das ist nicht unbedingt Grundsatzkritik an der Rechtsstaatlichkeit Spaniens. Aber gleichwohl eine glasklare Aussage. Man kann nun erwarten, dass letztendlich der Haftbefehl aufgehoben werden wird - und das in absehbarer Zeit.

Rebellion ist in Deutschland nicht strafbar

Der Hochverrat in Deutschland - so heißt die Vorschrift hier - hat bestimmte Voraussetzungen, in Spanien ist es anders. Da ist Rebellion simpler konstruiert. Aber mit dieser Konstruktion kommt man nach deutschem Recht nicht weiter. Es wäre nach den Regeln des internationalen Rechtshilferechts eine politische Straftat - wegen einer solchen Straftat kann nicht abgeschoben werden. Es bleibt der Vorwurf der Veruntreuung von Geldern übrig. Puigdemont - das wird ihm vorgeworfen - soll ja die Volksabstimmung mit staatlichen Geldern finanziert haben - mit welchen Geldern sonst, fragt man sich. Aber dieser Vorwurf steht in so engem Zusammenhang mit dem geplatzten Vorwurf der Rebellion, dass ich nicht glaube, dass der Haftbefehl auf diesen Vorwurf gestützt bleiben kann.

Rebellion so wie sie in Spanien definiert wird, ist in Deutschland nicht strafbar, deswegen wird der Haftbefehl in diesem Punkt aufgehoben."

Die deutsche Regierung hat sich hinter den Richtern versteckt

euronews: Hätte Frau Merkel früher reagieren sollen?

Heribert Prantl: Die deutsche Regierung in toto hat sich hinter den Richtern versteckt. Ich finde es schon richtig, dass man nicht versucht, den Richtern da in die Suppe zu spucken oder ihnen vorzuschreiben, was sie zu machen haben. Hier soll das Recht nach den Rechtsregeln durchgeführt werden, und die Politik soll Politik machen. Ich erwarte, dass die Politik jetzt beginnt zu verhandeln und eine politische Lösung zu finden.

Katalonien ist keine innerspanische Angelegenheit

euronews: Hätten Sie sich gewünscht, dass die EU etwas zu Puigdemont und Katalonien sagt?

Heribert Prantl: Natürlich werden sie etwas zu Puigdemont und zu Katalonien sagen müssen. Man kann nicht so tun, als ginge der Konflikt niemanden etwas an. Eine politische Lösung ohne die Europäische Union und ohne das Mitwirken der anderen europäischen Staaten wird es nicht geben. Natürlich müssen sich die Staatsführer der Europäischen Union äußern, natürlich können sie nicht so tun, als wäre das eine rein innerspanische Angelegenheit. Der Fall Puigdemont und der Beschluss aus Schleswig haben gezeigt, dass die Auswirkungen dieses großen Streits weit über Spanien hinausgehen und die Europäische Union als solche belastet.

euronews: Welche Reaktion aus Brüssel hätten Sie sich gewünscht?

Heribert Prantl: Nun ja, wenn Herr Rajoy herumteufelt und die Schraube der Eskalation immer weiter anzieht, dann wünsche ich mir schon, dass man aus Brüssel und aus Berlin und aus Paris mäßigend einwirkt und zu ihm sagt: "Lieber Kollege, mit Strafrecht kommt man in solchen Konflikten nicht weiter. Wir bieten Dir politische Unterstützung an, wir bieten Dir Mediation an, wir bieten Dir Hilfe an, wir bieten Dir unsere Erfahrungen an."

Die Italiener können hinweisen auf ihre Erfahrungen, die sie mit Südtirol haben, meinetwegen können auch die Deutschen auf ihre Erfahrungen mit den Bayern und mit dem Saarland hinweisen.

Es geht ja darum: wie gehe ich um mit Sezessionsbewegungen, in Bayern ist ja so etwas nur noch Folklore. Und dass es nur noch Floklore ist, hat damit zu tun, dass man in Deutschland mit dem Föderalismus die Dinge befriedet hat. In Südtirol wurde vor Jahrzehnten gebombt, und es ist ein friedliches Land geworden.

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