Ist Sex ohne Zustimmung Vergewaltigung? Die meisten Länder in Europa sagen 'Nein'

Ist Sex ohne Zustimmung Vergewaltigung? Die meisten Länder in Europa sagen 'Nein'
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Von Euronews
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Fünf Männer in Spanien werden der Vergewaltigung an einer jungen Frau freigesprochen - es sei Missbrauch gewesen, entscheidet das Gericht. Doch nicht alle Länder sehen das so.

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Sexueller Missbrauch und Vergewaltigung. Der Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen in der spanischen Justiz hat Massenproteste und den Beginn einer eigenen #MeToo-Bewegung ausgelöst. Anlass war der Prozess gegen eine Gruppe von Männern die sich selbst als "Wolfpack" bezeichnet haben sollen. Sie wurden vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen und der geringeren Anklage des sexuellen Missbrauchs für schuldig befunden.

Das spanische Gesetz besagt, dass Vergewaltigung Gewalt oder Einschüchterung voraussetzt, sexueller Missbrauch hingegen nicht. Nach dem Urteil im Pamplona-Prozess wurden in Spanien Forderungen nach Rechtsreformen laut, damit eine Vergewaltigung als Sex ohne Zustimmung gilt - unabhängig davon, ob es zu Gewalt oder Einschüchterung kam.

Während Spanien derzeit wegen seiner rechtlichen Formalitäten im Rampenlicht steht - ist es nicht das einzige europäische Land, das Sex ohne Einverständnis nicht als Vergewaltigung ansieht.

Anna Blus erforscht Frauenrechte in Europa für Amnesty International. In ihrer jüngsten Untersuchung hat sie sich den gesamten Kontinent angesehen und festgestellt, dass nur sieben Länder in Westeuropa und der EU Rechtsvorschriften haben, die Sex ohne Zustimmung als Vergewaltigung definieren.

Großbritannien - einschließlich der Gerichte in Nordirland, Schottland, England und Wales -, Belgien, Zypern, Luxemburg, Island, Irland und Deutschland definieren Sex ohne vorheriges Einverständnis als Vergewaltigung. Schweden soll im Juli in diese Liste aufgenommen werden, dann soll das Parlament ein entsprechendes Gesetz verabschieden.

Die Definition von Vergewaltigung durch Amnesty International orientiert sich an den internationalen Menschenrechtsnormen und bezieht sich auf die Istanbuler Konvention, die als die umfassendste Gesetzgebung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen gilt. Die Konvention definiert Vergewaltigung als das Fehlen einer Einwilligung, wonach "die Einwilligung freiwillig erteilt werden muss", und verlangt von allen Unterzeichnern, Gesetze auf den Weg zu bringen, Vergewaltigung auf diese Art zu definieren.

Zwanzig europäische Länder haben die Istanbuler Konvention ratifiziert - aber die meisten müssen ihre Gesetze noch ändern, um sie in Einklang zu bringen, so Blus.

Pamplona: Ein anderes Urteil?

Die Angeklagten in Pamplona, bekannt als "Wolfsrudel" nach dem Namen ihrer WhatsApp-Gruppe, wo sie ein Video des Angriffs teilten und über den Vorfall scherzten, sollen jeweils für neun Jahren in Haft. Das ist nach dem Empfinden vieler Menschen in Spanien zu mild. 

"Dieser Fall zeigt wirklich genau, was passieren kann, wenn die Gesetzgebung Geschlechtsverkehr ohne Zustimmung nicht als Vergewaltigung anerkennt", sagte Blus.

Ohne Einschüchterung, Drohungen oder Gewalt, so Blus, "konnten die [Richter] nicht feststellen, dass der Sex ohne Zustimmung stattfand und die jung Frau in diesem Fall tatsächlich vergewaltigt wurde".

"Ich denke, dieser Fall zeigt der Gesellschaft, wie selbst so ein technisches Detail, wie die Änderung der Gesetzgebung, um den Menschenrechten zu entsprechen.... die Richter hätten in diesem Fall zu einem anderen Ergebnis kommen können."

Wie schlagkräftig ist das Gesetz zu Vergewaltigung in Europa?

Selbst wenn man die sieben Länder betrachtet, die nicht-konsensualen Sex als Vergewaltigung definieren, müsse in Europa noch viel getan werden, so Blus.

"Die überwiegende Mehrheit der europäischen Länder ist nicht auf dem aktuellsten Stand", sagte Blus gegenüber Euronews.

"Es ist wirklich ein Problem in der ganzen Region. Das können einerseits grundlegende Dinge sein, wie das Nichtanerkennen von Gesetzen, dass Sex ohne Zustimmung Vergewaltigung ist, und andererseits die Praxis: die weit verbreiteten Mythen und Stereotypen, die Fälle, in denen wir sehen, wie das Opfer vor Gericht befragt wird, Fragen wie "Waren Sie betrunken?"

"Es ist etwas, das Frauen in ganz Europa ständig wiederfährt." Deshalb glaube ich nicht, dass wir sagen können, dass es auch nur ein Land gibt, das hervorsticht."

"Was mir im Moment Hoffnung gibt, ist die Tatsache, dass Island vor kurzem das Gesetz geändert hat und dass Schweden das mit großer Wahrscheinlichkeit auch tun wird."

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