"Swiss Option": Australier (104) hält Pressekonferenz vor seinem Tod

David Goodall bei der Pressekonferenz am Mittwochabend (9. Mai 2018)
David Goodall bei der Pressekonferenz am Mittwochabend (9. Mai 2018) Copyright REUTERS/Stefan Wermuth
Von Alexandra Leistner
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Kein Grund für Trauer: David Goodall freut sich darauf, "ins Unbekannte zu gehen" und stimmt vor der Presse Beethovens 9te Sinfonie an.

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Bevor der Australier und bekannte Wissenschaftler David Goodall in der Schweiz sterben will, hat er sich den Fragen der Journalisten gestellt.

Sein Fall hatte weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Denn Goodall hat keine unheilbare Krankheit. Seinen Todeswunsch begründet er mit der schwindenden Lebensqualität. Schon seit Jahren nimmt seine Sehkraft ab und auch mit dem Hören wird es immer schwieriger.

In seiner Heimat Australien ist die Sterbebegleitung - auch für unheilbar kranke Menschen bisher - gesetzlich verboten. Goodall hat selbst schon versucht, sich das Leben zu nehmen, dieser Versuch war aber nach eigenen Worten "leider schief gegangen", wäre aber "einfacher gewesen", bedauert er.

Jetzt hat er die sogenannte Swiss Option, die "Schweizer Option", gewählt.

Warum stellt er sich noch vor die Presse? Goodall möchte als Verfechter der legalen Sterbehilfe erinnert werden. Ältere Menschen sollten von der Notwendigkeit befreit werden, ihr Leben fortzufahren, wenn sie das wünschen, erklärt Goodall in Basel.

Allerdings zieht der 104-Jährige eine klare Linie: Ab dem "mittleren Alter" - was laut Oxford English Dictionary einem Alter ab 45 Jahren entspricht - "sollte jeder die Option haben, zu entscheiden, wie und wann er gehen will."

Vorher habe man eine Schuld bei der Gesellschaft, die man nicht tilgen könne, sollte man vorher gehen, so der Australier.

Morgen soll es so weit sein, dann will David Goodall sterben, umringt von einigen Familienmitgliedern. Nach der Uhrzeit gefragt, zögert er und fragt die Verantwortlichen im Raum. "Wann du willst", wird ihm geantwortet. 

Auch wie die Prozedur vonstattengeht, damit hat sich Goodall nicht im Detail beschäftigt: "Mit einer Spritze in den Arm, denke ich". Die Einzelheiten sind jetzt nicht mehr so wichtig.

Der alte Mann blüht auf, als er gefragt wird, ob er sich eine bestimmte Musik gewünscht habe, die ihn in den Tod begleitet. Das habe er nicht, aber wenn er irgendein Lied wählen müsste, wäre es Beethovens 9. Sinfonie gewesen. Goodall stimmt den Text von Schillers Gedicht "And die Freude" an, seine Augen leuchten.

Eine Reporterin will wissen, was er im Leben am meisten vermissen wird. Er sei gerne in die australische Region Kimberly gereist, aber das habe er wegen seines gebrechlichen Zustands sowieso lange nicht mehr tun können. Mit seinem Leben ist der 104-Jährige nicht zufrieden, er habe aber stets sein Bestes gegeben. Jetzt freue er sich, "in das Unbekannte zu gehen".

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