Ausnahmezustand im Camp Moria: "Neues Guantanamo"

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Copyright  REUTERS/Giorgos Moutafis
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Von Apostolos Staikos
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Auf den fünf griechischen Inseln mit Erstaufnahmeeinrichtungen spitzt sich die Lage dramatisch zu. Ein Euronews-Reporter war auf Lesbos im Camp Moria und hat dort mit Bewohnern gesprochen, die kein Blatt vor den Mund nahmen.

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Die Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge und Migranten in der griechischen Ägäis schlagen Alarm. Laut des Migrationsministeriums in Athen leben inzwischen über 20.429 Menschen auf den fünf griechischen Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos. Ausgelegt seien diese aber nur für insgesamt 6.338 Menschen. Weiter zugespitzt habe sich vor allem die Situation auf Samos und im Camp Moria auf Lesbos. Insel-Behörden aber auch die Schutzsuchenden beklagen"unkontrollierbare Zustände."

Der 25-jährige Najtaba Salehi aus Afghanistan beklagte in Moria: "Wir müssen in Schlangen für die Essensausgabe anstehen. Das sind drei oder vier Stunden Wartezeit pro Mahlzeit. Für das Frühstück zum Beispiel bilden sich ab zwei oder drei Uhr nachts Schlangen. Die Ausgabe beginnt um sieben Uhr."

Offiziell kann das Camp Moria 3.100 Menschen beherbergen. Tatsächlich harren hier laut des Migrationsministeriums 8.912 Schutzsuchende aus, also fast drei Mal so viele. Noch schlimmer werden die Zustände auf Samos beschrieben. Dort habe das Camp Kapazität für 648 Menschen. Tatsächlich lebten dort über 4.000 Flüchtlinge und Migranten.

In Moria meinte der 28-jährige Mohammad Hasher Mirzad: "Wir sind hierhergekommen, um in Sicherheit zu sein. Unglücklicherweise sind wir aber nicht sicher. Unsere Lage ist sehr schlecht. Jeden Tag und jede Nacht gibt es Kämpfe. Die Leute bringen sich gegenseitig um. Wir wollen hier weg. Vor allem die Familien möchten lieber heute als morgen verschwinden, weil es kühler wird."

Hilfsorganisationen bestätigen Ausschreitungen, Schlägereien unter Bewohnern sowie Misshandlungen von Frauen und Kindern. Asylverfahren kommen wegen Personalmangels nur mühsam voran. Seit Inkrafttreten des EU-Türkei-Abkommens im März 2016 sind nach Angaben der griechischen Polizei 1.725 Menschen in das Nachbarland zurückgeschickt worden.

Euronews-Reporter Apostolos Staikos kommentierte in Moria: "Wiederholte Gewalttaten, Überfüllung und abschreckende Sanitär-Anlagen. Das ist das Camp Moria, für viele das schlimmste Flüchtlingscamp der Welt. Die meisten Bewohner beschreiben es als Gefängnis, Hölle auf Erden oder neues Guantanamo."

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