Polizei sucht nach verschwundenen Beweismitteln im Fall von Kindesmissbrauch auf Campingplatz

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Von lif mit dpa
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Der Alukoffer und die Hülle mit 155 Datenträgern wurden zuletzt am 20. Dezember bei der Kreispolizeibehörde Lippe gesehen. Nun wurde öffentlich: Die Beweismittel sind verschwunden.

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Der Alukoffer und die Hülle mit 155 Datenträgern wurden zuletzt am 20. Dezember bei der Kreispolizeibehörde Lippe gesehen. Nun wurde öffentlich: Die Beweismittel sind verschwunden und der Fall des Kindesmissbrauchs auf einem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde entwickelt sich zu einem „Debakel“, wie NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) es formulierte. Erst am 30. Januar sei der Verlust bemerkt worden. „Man muss hier klar von Polizeiversagen sprechen“, sagte Reul. „Das alles macht mich fassungslos.“

Ein Sonderermittler ist im Einsatz. Mit Unterstützung durch LKA-Mitarbeiter soll er den Verbleib der Datenträger klären. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter stufte das Verschwinden von Beweisstücken als eine „Katastrophe“ für das Ansehen der Polizei ein.

Der Skandal dürfte an diesem Freitag auch im Landtag in Düsseldorf zur Sprache kommen. Auf der Tagesordnung steht bereits seit längerem ein Antrag der Regierungsfraktionen von CDU und FDP, wie der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Missbrauch verbessert werden kann. Die SPD-Opposition sieht im Lügder Ermittlungsskandal nun bereits genug Stoff für einen weiteren parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

Reul hatte am Donnerstag angekündigt, dass der Sonderermittler und LKA-Mitarbeiter „keinen Stein auf dem anderen“ lassen werden, um den Verbleib der Datenträger aufzuklären.

„Schwere handwerkliche Fehler“ bei den Ermittlungen

Nur drei CDs aus dem verschwundenen Beweismaterial seien ausgewertet worden, so Reul. Auf ihnen sei nichts Verdächtiges gefunden worden, habe ihm ein Polizist gesagt. Ob auf den CDs und DVDs mit insgesamt 0,7 Terabyte Datenvolumen auch kinderpornografisches Material war, sei nicht auszuschließen. „Auch bei der Auswertung ist es zu schweren handwerklichen Fehlern gekommen.“ Normalerweise müssen von Datenträgern, die als Beweismaterial gelten, Kopien gemacht werden. Das sei aber nur bei drei CDs geschehen.

„Für die Polizei ist das eine Katastrophe aus vielerlei Hinsicht: Die Bevölkerung vertraut uns, die Opfer vertrauen uns – und wir haben dieses Vertrauen hier offensichtlich verspielt – oder zumindest ist ein Fragezeichen, wie die Polizei arbeitet“, sagte Oliver Huth, Vize-Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, in der Aktuellen Stunde des WDR.

Wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und der Verbreitung von Kinderpornografie sitzen als Hauptverdächtige ein 56-Jähriger aus Lügde, ein 33-Jähriger aus Steinheim und ein 48-Jähriger aus Stade in Niedersachsen in Untersuchungshaft. Bislang sind 31 minderjährige Opfer im Alter zwischen 4 und 13 Jahren identifiziert. Bei den Verdächtigen hatte die Polizei bereits auf zahlreichen Datenträgern Beweismaterial mit einem Datenvolumen von rund 14 Terabyte sichergestellt, wobei nur ein Teil der Fotos und Videos in Lügde entstand. Das Material reiche aber aus, um die Tatverdächtigen zu überführen, erklärte Innenminister Reul.

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