Frankreich: Streik gegen Rentenreform

Frankreich: Streik gegen Rentenreform
Von Sigrid UlrichAFP, dpa
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Autobahnen und Fernbusse voll, Bahnhöfe auch - Frankreichs Präsident will das Rentensystem reformieren. Gewerkschaften haben zu Massenprotesten und Streik aufgerufen. Neben den Bahnbetrieben SNCF und RATP will sich die Air France beteiligen, dazu Polizisten und Elektrizitätsbetriebe

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Autobahnen und Fernbusse voll, Bahnhöfe auch - Frankreichs Präsident will das Rentensystem reformieren. Bahnangestellte sollen nicht mehr mit 56 in den Ruhestand gehen und das bei weit höheren Bezügen als in der Privatwirtschaft. Frankreichs Gewerkschaften, allen voran die Mitarbeiter der Staatsbahn SNCF, haben zu Massenprotesten aufgerufen – die das Land weitgehend lahmlegen dürften. Neben der SNCF und der RATP (Pariser Verkehrsbetriebe) will sich die Fluggesellschaft Air France beteiligen, dazu Polizisten und Elektrizitätsbetriebe.

Bahnkunden:

"Ich würde mich furchtbar ärgern, wenn die Menschen Weihnachten nicht mit ihren Familien verbringen könnten. Ich meine, dies würde die öffentliche Meinung von der Unterstützung der Proteste zum Gegenteil bewegen."

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"Ich meine, dass das nicht der richtige Zeitpunkt ist, diesen Protest zu verlängern. Es ist Familienzeit, keine gute Lösung."

"PLAN B"

Die französische Staatsbahn SNCF bereitet sich auf einen "Plan B" vor, falls der Streik zu Weihnachten weitergeht. Benutzer sollen an diesem Dienstag darüber informiert werden, ob ihr Zug das kommenden Wochenende - dann beginnen die Weihnachtsferien – fährt oder nicht. Die SNCF hat jedoch bereits gewarnt, dass die Hälfte der Reisenden mit Stornierungen oder Verspätungen rechnen müsse.

SUCHE NACH ALTERNATIVEN

Ein Pärchen am Bahnhof - er: "Wir stellen uns drauf ein, wir werden unser Auto benutzen ..."

Sie: "Nun, du nimmst das Auto, aber ich komme nicht nach Hause. Also Carsharing, aber mit zwei großen Gepäckstücken…."

VERTEILUNGSKÄMPFE

Jeder kennt inzwischen diese Verteilungskämpfe auf Kosten von Otto Normalverbraucher. Für diesen Dienstag haben die Gewerkschaften, darunter zum ersten Mal die reformfreudigere CFDT, zum Streik aufgerufen.

Präsident Emmanuel Macron zwar schon Zugeständnisse gemacht - so soll das offizielle Rentenalter von 62 Jahren nicht angehoben werden, was der Arbeitgeberverband Medef und die Konservativen wünschen. Aber wer nicht genügend Jahre gearbeitet hat, bekommt die volle Rente erst mit 67. Im Zug der Gelbwesten-Proteste hatte Macron beispielsweise Steuergeschenke von 17 Milliarden Euro gewährt.

Und als Zeichen der Offenheit sagte Bildungsminister Jean-Michel Blancquer am Sonntag, dass das Reformprojekt keine "heilige Kuh" sei.

Abgezählt wird an diesem Dienstag: Sind es mehr Demonstranten oder weniger als 5. Dezember?

PS: An diesem Montag sprangen zum erstenmal auch Lkw-Fahrer auf den Zug. Mit „Schneckentempo“-Aktionen sorgten sie auf Nationalstraßen und Autobahnen rund um Städte wie Straßburg, Lyon und Toulouse für Verkehrsbehinderungen. Die Lkw-Fahrer und andere Mitarbeiter der Logistikbranche wollen damit höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen erreichen.

Die Reform der Rentenkasse scheint notwendig. Der Rentenrat COR hat vorgerechnet, dass in der staatlichen Kasse bis 2025 zwischen 7,9 und 17,2 Milliarden Euro fehlen. Laut jüngsten Umfragen findet die Mehrheit der Franzosen die Streiks gerechtfertigt. Allerdings wünschen gleichzeitig 66 Prozent die Abschaffung der "Spezialregime" - es gibt in Frankreich 42 verschiedene Rentensysteme für verschiedene Berufsgruppen, darunter auch die sogenannten "régimes spéciaux" für Beschäftigte von Staatsunternehmen und Beamte. Viele sind der Ansicht, dass Eisenbahner zu viele Vorteile haben.

Sigrid Ulrich mit AFP, dpa

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