Kinder und Covid-19: Fälle von Kawasaki-Syndrom jetzt auch in Deutschland

Sind Kinder eine Gefahr oder in Gefahr in dieser Pandemie?
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Von Alexandra Leistner
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Die Kinder mit seltenem Kawasaki-Syndrom in Paris waren laute Experten mit dem Coronavirus in Kontakt. Auch bei zwei Fällen in Deutschland sei dieser Zusammenhang "durchaus denkbar".

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Nach Fällen aus Frankreich, der Schweiz, Spanien und Italien hat nun auch Deutschland Verdachtsfälle auf das Kawasaki-Syndroms bei mindestens zwei Kindern festgestellt, die mit Infektionen des Coronavirus zusammenhängen könnten.

Wie Reinhard Berner vom Uniklinikum Dresden gegenüber der dpa sagte, sei es noch unklar, ob ein direkter Zusammenhang mit dem Coronavirus hergestellt werden kann, es sei aber "durchaus denkbar".

In Paris sprach der Gesundheitsverantworltliche der Regierung, Jérôme Salomon, von einem "ernsten Alarm". Alle etwa 20 Kinder mit Verdacht auf das Syndrom in Paris seien in Kontakt mit dem Coronavirus gewesen. Normalerweise gebe es weniger als einen Kawasaki-Fall pro Monat, erklärte Sylvain Renolleau, Chef der Kinder-Intensivstation im Krankenhaus Necker in Paris, gegenüber Le Parisien.

Großbritanniens nationales Gesundheitssystem hatte zuvor Kinderärzte auf eine Reihe von Fällen aufmerksam gemacht, in denen Kinder mit Symptomen, die denen eines toxischen Schocks oder Kawasaki-Symptoms ähnelten, in Intensivstationen behandelt werden mussten. Sie wiesen die Pädiater an, besonders wachsam zu sein.

Eine ähnliche Warnung sprach auch die WHO aus. Die Covid-19-Beauftragte Maria van Kerkhove sagte am Mittwochabend: "Wir wissen, dass Kinder in der Regel weniger schwere Krankheitsverläufe haben, aber einige entwickeln schwere Krankheiten, und einige sind auch gestorben". WHO-Nothilfekoordinator Michael Ryan wies aber darauf hin, dass der größte Teil der Kinder, die sich mit dem Coronavirus anstecken, nur milde oder keine Symptome habe.

Todesfälle wurden bei Verdacht auf das Kawasaki-Syndrom bisher nicht gemeldet. Auch konnte nicht in allen Ländern eine Infektion mit dem Coronavirus nachgewiesen werden, so etwa in Genf.

Toxischer Schock oder Kawasaki-Syndrom?

Das Kawasaki-Syndrom tritt meist bei Kleinkindern auf und führt zu Gefäßentzündungen sowie hohem Fieber. Auch niedriger Blutdruck, Atemprobleme, Hautausschlag, Bauchschmerzen und Erbrechen kommen vor. In seltenen Fällen greift es das Herz an und kann zu einem Herzinfarkt führen.

Einige Mediziner führen die heftige Reaktion der erkrankten Kinder auf eine unkontrollierte Entzündungsreaktion des Immunsystems zurück, genannt Zytokinsturm. "Das ist ein Problem, mit dem wir auf der Intensivstation recht häufig konfrontiert sind", sagte Rafael Máñez, Leiter der Intensivstation des Krankenhauses Bellvitge, in der Nähe von Barcelona im Bezug auf das Auftreten bei Covid-19-Patienten. "Das Problem ist, dass wir keine Behandlung haben, weder gegen das Virus noch für die Entzündungsreaktion", sagt Máñez gegenüber Euronews.

Kinder als Überträger?

Seit Beginn der Coronavirus-Epidemie hieß es immer wieder, Kinder könnten Beschleuniger des Virus sein, da viele das Virus offenbar tragen, ohne Symptome zu zeigen, es aber dennoch weiter übertragen können.

In einer neuen Labordatenauswertung der Berliner Charité unter Leitung von Chef-Virologe Christian Drosten wurde untersucht, ob sich die Viruslast bei mit Sars-CoV-2 infizierten Kindern im Vergleich zu anderen Altersgruppen unterscheidet. Zwar könne die Studie aufgrund der wenigen für Kinder vorliegenden Tests nur Hinweise geben, so Drosten, ein nachweislicher Unterschied sei aber nicht ausgemacht worden.

Covid-19 wirkt sich bei vielen Kindern nur mild aus, oft sind sie auch asymptomatische Träger des Virus. Daraus ergibt sich, dass sie nicht häufig getestet werden und für Drostens Untersuchung in Berlin auch relativ wenig Laborergebnisse vorlagen. Proben von 49 Kindern bis 10 Jahre wurden in der Untersuchung berücksichtigt.

Es könnte gut sein, dass sie genauso infektiös sind wie Erwachsene, fasste Drosten die Ergebnisse der Untersuchung in seinem Podcast zum Coronavirus vorsichtig zusammen.

Neue Studie aus Singapur bestätigt internationale Zahlen

Per Twitter wies der Virologe zudem auf einen Artikel in der Wissenschaftszeitung Science hin, in der die Kontaktwahrscheinlichkeit von Menschen untersucht wurde, um herauszufinden, wie sich das Coronavirus verbreitet.

Die Forscher aus Singapur kamen zu dem Ergebnis, dass Kinder zwischen 0 und 14 Jahren um ein Drittel weniger empfänglich für das Virus sein könnten als Erwachsene. Im Gegenzug seien Menschen über 65 Jahren einem anderthalbmal so hohen Risiko ausgesetzt, sich anzustecken.

Diese Zahlen bestätigen die weltweiten Zahlen der schweren Covid-19-Erkrankungen, die für ältere Menschen häufiger verhängnisvoll verläuft. In Deutschland liegt das Durchschnittsalter seit Beginn der Epidemie jenseits der 80 Jahre.

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