Der antisemitische Anschlag gilt als einer der schlimmsten der deutschen Nachkriegsgeschichte und hatte für große Erschütterung gesorgt.
Neun Monate nach dem rechtsterroristischen Anschlag von Halle beginnt der Prozess gegen den Attentäter. Ab diesem Dienstag muss sich der 28-jährige Stephan B. in Magdeburg vor Gericht verantworten.
Der Angeklagte soll am 9. Oktober 2019 schwerbewaffnet versucht haben, in die Synagoge in Halle einzudringen, in der Gläubige den höchsten jüdischen Feiertag, Jom Kippur, begingen. Als er scheiterte, erschoss er in der Nähe eine 40 Jahre alte Frau und einen 20-jährigen Mann. Auf der Flucht verletzte der Täter ein Paar schwer, bevor er festgenommen wurde. Das Geschehen streamte er live ins Internet.
Der antisemitische Anschlag gilt als einer der schlimmsten der deutschen Nachkriegsgeschichte und hatte für große Erschütterung gesorgt.
Angeklagter gilt als "einsamer Wolf"
Der Angeklagte, geboren im Januar 1992 im Süden Sachsen-Anhalts, gilt als sogenannter einsamer Wolf. Ein Chemie-Studium brach er ab. In einem elf Seiten langen "Manifest", das er vor der Tat veröffentlichte, legt er seine Gedanken dar. In dem Dokument wimmelt es von antisemitischen Begriffen. B. spricht etwa von einer "zionistisch besetzten Regierung" - ein klassischer judenfeindlicher Begriff aus der rechtsextremen Szene. Bei den Sicherheitsbehörden war der Mann zuvor nicht in Erscheinung getreten.
Der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt sieht in der Tat einen "erschreckenden Beleg" für einen seit längerem gestiegenen Antisemitismus, "der sich sodann als Motivation für rechtsextremistische Straf- und auch Gewalttaten widerspiegelt."
Der Inlandsgeheimdienst spricht von Parallelen zum rechtsextremen Anschlag auf muslimische Gläubige im März 2019 im neuseeländischen Christchurch.
18 Verhandlungstage sind bislang vorgesehen, der letzte am 14. Oktober. Das Interesse nationaler und internationaler Medienvertreter (darunter auch die "New York Times") ist groß, die Plätze im Sitzungssaal wurden per Auslosung vergeben.
Dem Angeklagten Stephan B. wird in Magdeburg der Prozess gemacht, weil am dortigen Landgericht die Sicherheitsbedingungen erfüllt werden und der Prozess in einem mit rund 400 Quadratmetern verhältnismäßig großen Verhandlungssaal stattfindet.