Schwedens Corona-Strategie: "Wir werden damit leben lernen"

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Copyright Andres Kudacki/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved.
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Von Anelise Borges
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Auf lange Sicht könnte Schweden besser durch die Pandemie kommen als viele andere Länder. Ohne Opfer aber wird auch dieses Land nicht davonkommen. Die Todesraten sind deutlich höher als in den Nachbarländern, aber pro Kopf deutlich niedriger als in einigen anderen Ländern Europas.

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Schaut man sich in Schwedens Hauptstadt Stockholm um, merkt man nur wenig von der Corona-Pandemie. Während in Europa die Infektionsraten teils massiv nach oben schnellen, scheinen die Schweden ihr Leben wie gewohnt zu leben. Geschäfte, Restaurants und Schulen sind offen wie immer, Masken trägt niemand - aber auch in der Hauptstadt steigen die Zahlen, über Einschränkungen wird zumindest nachgedacht.

Die schwedische Corona-Strategie wird weltweit kritisch diskutiert. Fragt man aber Schweden auf der Straße, heißt es meist, ein Lockdown hätte auch nichts gebracht.

"Wirtschaftlich hätten wir Probleme bekommen. Die Leute könnten ihre Miete und ihre Rechnungen nicht bezahlen, sie wären deprimiert, also, das wäre auch nicht gut."

"Viele Länder stellen ihre Strategie inzwischen in Frage, so etwas wie eine funktionierende Abriegelung gibt es eben nicht."

Aber auch hier hat sich das Leben geändert. Es gibt ein Versammlungsverbot für mehr als 50 Personen, die Schweden sollen wenn möglich von zu Hause aus zu arbeiten - und auf körperlichen Abstand achten.

"Ich glaube, die meisten Menschen versuchen es... Zum Beispiel, wie wir auf dem Bürgersteig gehen... wir gehen nicht mehr geradeaus, wir laufen Schlangenlinien, wir weichen aus. Wir versuchen wirklich, aufeinander aufzupassen."

Seit Beginn der Pandemie wurden in Schweden fast 90.000 Infektionen registriert, mehr als 5.000 Menschen sind gestorben.

Die Todesraten sind deutlich höher als in den Nachbarländern Dänemark, Norwegen und Finnland, aber pro Kopf deutlich niedriger als in einigen anderen Ländern Europas, die auf deutlich striktere Maßnahmen gesetzt haben.

Der Architekt der schwedischen "No-lockdown"-Strategin ist Anders Tegnell, Chef-Epidemiologe des Landes.

Das ist eine Krankheit, die wir nicht wieder loswerden... also müssen wir sie auf einem überschaubaren Niveau halten, mit dem wir umgehen können. Im Moment haben wir nicht mehr so viele Fälle, und unsere Pflegeeinrichtungen sind jetzt recht sicher. Unser Infektionsniveau ist akzeptabel, und wenn wir einen Impfstoff haben wird sich hoffentlich alles zum Besseren wenden.
Anders Tegnell
Schwedische Chef-Epidemiologe.

Für die, die mit der Krankheit leben müssen, ist das ein schwacher Trost. Sie sehen in Schwedens Vorgehen keinen Erfolg. Emma Martensson ist ein Covid Longhauler, eine Patientin mit bleibenden COVID-19 Schäden

Emma: Ich denke, wir hätten schneller erkennen müssen, wie ernst diese Bedrohung für uns ist.

Anelise: Seit sechs Monaten sind Sie krank?

Emma: Ja.

Anelise: Wie fühlen Sie sich heute?

Emma: Ich habe zwei Hauptsymptome, das sind erhöhter Puls und Atembeschwerden. Heute ist ein guter Tag, an einem schlechten Tag hätte ich nicht so mit ihnen nicht gehen können. Ich müsste ständig anhalten zum Luft holen...
Emma Martensson
COVID-19 Patientin

Auf lange Sicht könnte Schweden besser durch die Pandemie kommen als viele andere Länder. Ohne Opfer aber wird auch dieses Land nicht davon kommen.

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