Frankreich diskutiert die Zukunft der Kernkraft

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Von Guillaume Petit
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Mindestens 40 Prozent der Energie soll bis 2035 aus erneuerbaren Energien kommen.

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Es ist das älteste Kernkraftwerk Frankreichs, das immer noch mit voller Leistung arbeitet: Bugey im Osten von Lyon ist seit 40 Jahren in Betrieb. Es gibt rund 2000 Menschen Arbeit und liefert sieben Prozent des nationalen Atomstroms. In 15 Jahren könnten zwei der vier Reaktoren abgeschaltet werden.

Das reicht Jean-Pierre Collet nicht. Der Atomkraftgegner lebt seit Jahren im Schatten des Kraftwerks und fordert dessen Abschaltung:

"Was uns umtreibt, sind die Auswirkungen auf die Gesundheit", sagt der Aktivist von "Sortir du nucléaire". "Das Atomkraftwerk strahlt ständig Radioaktivität aus. Das bekommt man natürlich nicht direkt mit, denn die Strahlung ist ja unsichtbar. Dann gibt es das Problem des Atommülls. Es gibt Pläne, ihn zu vergraben, aber er stahlt ja weiter. Die Wiederaufbereitung bleibt unklar."

Wie lange können alte AKWs betrieben werden?

2019 hat die Behörde für nukleare Sicherheit Schwachstellen in Bezug auf Radioaktivität und Abfallentsorgung festgestellt. Laut der französischen Betreibergesellschaft Électricité de France (EDF) wird jedes Problem behandelt, jegliches Risiko führe zur Abschaltung der Anlangen. Aber wie lange können die ältesten europäischen Kernkraftwerke noch betrieben werden?

"Insgesamt 14 der 57 derzeit in Frankreich betriebenen Kernreaktoren könnten bis 2035 abgeschaltet werden, während die letzten Kohlekraftwerke bis 2022 stillgelegt werden", so euronews-Reporter Guillaume Petit. "Ziel der Regierung ist es, den Anteil der Kernenergie von 70 auf 50 Prozent zu senken und den Anteil der erneuerbaren Energien auf etwa 40 Prozent zu erhöhen. Ein Versprechen, das nach der Fukushima-Katastrophe 2011 - das die Öffentlichkeit schockierte - von zwei aufeinander folgenden Regierung gegeben wurde."

Zwar stößt ein Kernkraftwerk laut Zahlen des Weltklimarats IPCC im Vergleich zu Kohle oder Gas wenig CO2 aus. Aber es ist das Alter der Anlagen, das nach Angaben von Umweltverbänden eine Gefahr für die Bewohner der Umgebung darstellt:

"In der Nähe des Kernkraftwerks Bugey, im Umkreis von etwa 30 Kilometer, leben mehr als eine Million Einwohner, sodass im Falle eines Unfalls eine große Gefahr für die Einwohner Frankreichs, aber auch für die Nachbarländer besteht", sagt der Greenpeace-Nuklearaktivist Roger Spautz.

Welche Energiequellen können Atomkraft ersetzen?

Aber welche Energiequellen können langfristig Kernkraftwerke zumindest teilweise ersetzen? Werden erneuerbare Energien ausreichen? Eine EDF-Vertreterin antwortet:

"Wir haben das sehr wichtige Ziel, Sonnen- und Windenergie zu nutzen. Wenn wir also zu 50 Prozent auf Kernenergie und zu 50 Prozent auf erneuerbare Energien setzen sowie den Energieverbrauch kontrollieren, können wir den französischen Bedarf decken", erklärt Carine de Boissezon, Leiterin der Abteilung für nachhaltige Entwicklung EDF. "Die Kosten sind in den vergangenen zehn Jahren deutlich gesunken, aber im Gegensatz zur Kernkraft sind die erneuerbaren Energien weniger kontrollierbar, da sie stärker von den klimatischen Bedingungen abhängig sind".

Erneuerbare Energien, eine Quelle der Energie-Vielfalt mit Vorteilen und Grenzen.

Wirtschaftliche Auswirkungen

Ein weiterer Punkt ist der Rückgang der Kernkraft-Energieexporte. Frankreich ist der führende Stromexporteur in Europa. Laut Experten könnte ein zu starker Rückgang der Kernkraft kontraproduktive Auswirkungen haben:

"Die Spitzenwerte des Stromverbrauchs in Frankreich liegen normalerweise im Februar um 19 Uhr", erklärt SFEN-Generaldirektorin Valérie Faudon. "Da ist es dunkel, sodass wir uns nicht auf Solarenergie verlassen können, aber auf Atomstrom. Wir können Windkraft nutzen, aber wenn es an diesen Tag keinen Wind gibt, müssen wir Energie importieren. Es wird Zeiten geben, in denen wir verschiedene Stromquellen nutzen werden. Aber im Jahresdurchschnitt können wir sagen, dass wir eher Gaskraftwerke ersetzen werden".

Mit dem Risiko, laut einigen Experten, dass die CO2-Emissionen steigen. Alles wird davon abhängen, was die Nachbarländer tun, wie schnell sie den Energiewandel vorantreiben in einem Europa, das energietechnisch vernetzt ist.

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