Was ist drin im russischen Impfstoff Sputnik V?

Die Slowakei bekommt ihre erste Lieferung Sputnik V
Die Slowakei bekommt ihre erste Lieferung Sputnik V Copyright Frantisek Ivan/Tlačová agentúra SR
Von Rafael Cereceda
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In Studien wird ihm eine hohe Wirksamkeit bescheinigt. Doch woraus besteht der russische Corona-Impfstoff eigentlich?

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Trotz anfänglicher Vorbehalte und Misstrauen gegenüber des russischen Corona-Impfstoffs liegt Sputnik V bereits auf dem Tisch der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA). Von Anfang stand man dem Impfstoff in Westeuropa kritisch gegenüber, nicht zuletzt wohl auch wegen des Tempos, mit dem Russland es geschafft hat, einen eigenen Impfstoff herzustellen. 

Dann wurden die Ergebnisse der klinischen Studien in der Fachzeitschrift The Lancet veröffentlicht, die dem Vakzin eine hohe Wirksamkeit im Schutz gegen Corona bescheinigten.

Mit dem langsamen Anlaufen der Impfkampagne in Europa und den damit einhergehenden Produktions- und Logistikproblemen steigerte sich die Ungeduld in zahlreichen Ländern, in denen die zweite Welle wütete. Ungarn, die Slowakei und bald auch die Tschechische Republik preschten vor und erwarben Dosen des russischen Impfstoffs, ungeachtet des gemeinsamen Beschaffungssystems in der EU.

Die EMA könnte nun bald den Einsatz in der EU genehmigen, allerdings ist unklar, ob die Europäische Kommission den Impfstoff angesichts der angespannten Situation mit Russland in ihr Beschaffungsprogramm aufnehmen wird. Brüssel teilte am Donnerstag mit, dass "es keine laufenden Verhandlungen" gibt, den Sputnik-Impfstoff in das europäische Impfportfolio aufzunehmen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ging soweit zu fragen, warum Russland Millionen und Abermillionen von Dosen an Länder in aller Welt verkauft, aber bei den Impfungen im eigenen Land nicht richtig voran kommt.

Was ist Sputnik V für ein Impfstoff?

Die Technologie des "Gam-COVID-Vac"-Impfstoffs ist dem von AstraZeneca, Johnson & Johnson oder CanSino nicht unähnlich. Anstatt wie beim Pfizer/BioNTech oder Moderna-Impfstoff einen identischen genetischen Code des Coronavirus zu produzieren, wird als Grundlage ein Adenovirus verwendet, das so modifiziert wurde, dass es das für das Coronavirus charakteristische Glykoprotein "Spike" enthält, das dann eine Immunantwort im Körper erzeugt.

Dabei handelt es sich bei Sputnik V um Humane Adenoviren (AstraZeneca verwendet hingegen ein Schimpansen-Adenovirus), die ebenfalls modifiziert sind, um zu verhindern, dass sie sich unkontrolliert vermehren.

Der Unterschied ist, dass Sputnik V bei den Impfungen zwei verschiedene Adenovirus-Vektoren verwendet, Ad26 in der ersten Dosis und Ad5 in der zweiten.

Die erste Injektion soll eine gewisse Immunität erzeugen und die zweite, da es sich um ein neues Adenovirus handelt, eine stärkere und dauerhaftere Reaktion auslösen, so die Erklärung auf der offiziellen Website des Impfstoffs.

Was sind seine Inhaltsstoffe?

Zusätzlich zu dieser Technologie benötigt der Impfstoff Sputnik V Hilfsstoffe, die die Wirkstoffe konservieren und transportieren. Einer der Vorteile des russischen Impfstoffs ist, dass er in einer gefriergetrockneten oder "trockenen" Version erhältlich ist, wodurch er auch an den entlegensten Orten verteilt werden kann.

Ansonsten ist die Zusammensetzung denen anderer Impfstoffe sehr ähnlich: Salze und Zucker, die die Formel stabilisieren und die Injektion ins Gewebe erleichtern sollen. Die Impfstoffe von Pfizer und Moderna, die auf der Boten-RNA-Technologie basieren, benötigen ebenfalls Fette.

In seiner flüssigen Version besteht Sputnik V laut der offiziellen Packungsbeilage der russischen Behörden aus:

- Tris (Tromethamin), ein in säureausgleichenden Präparaten verwendetes Amin, das auch im Impfstoff von Moderna enthalten ist.

- Natriumchlorid (Kochsalz)

- Saccharose (eine gängige Zuckerart).

- Magnesiumchlorid Hexahydrat. Eine andere sehr gebräuchliche Art von Salz, die auch in Astra-Zenecas Impfstoff verwendet wird

- Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA): wird als Zusatzstoff in Lebensmitteln und in der Medizin zur Entfernung von Schwermetallen, als Gerinnungshemmer und auch gegen die Bildung von Biofilmen durch Bakterien eingesetzt. Es hat antimikrobielle Eigenschaften. Der Stoff ist ebenfalls im Vakzin von Astra-Zeneca enthalten.

- Polysorbat 80. Ein Additiv, das Fette löst und ebenfalls im Astra-Zeneca-Impfstoff enthalten ist

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- Ethanol 95 (Alkohol)

- Wasser

Die Zusatzstoffe sind in beiden Impfdosen gleich. Die flüssige Version sollte bei -18 ºC und die gefriergetrocknete Version bei 2 ºC bis 8 ºC aufbewahrt werden.

Sicherheit und Nebenwirkungen von Sputnik V

Der Impfstoff wurde an rund 31.000 Patienten getestet und kann sich somit problemlos mit seinen "Schwester-Impfstoffen" messen. Seine Gesamtwirksamkeit liegt bei 91 Prozent, und auch bei älteren Menschen liegt die Wirksamkeit bei über 90 Prozent. In den Altersgruppen 18-30 und 60+ gibt es allerdings auch bei diesem Impfstoff weniger Daten.

In Bezug auf die Nebenwirkungen ist die russische Studie etwas weniger streng als die anderen in ihrer Datenerhebung, die nicht systematisch durchgeführt wird. Die in The Lancet veröffentlichten Zahlen stellen die Ergebnisse von etwas mehr als 12.000 Patienten dar, die die beiden Dosen erhalten haben.

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Der Impfstoff erweist sich vor allem gegen einen schlimmen Verlauf von COVID-19 als wirksam. Ältere Patienten scheinen seltener an schweren Nebenwirkungen zu leiden. Die Forscher haben versprochen, eine vollständige Studie zu veröffentlichen, wenn die Daten über unerwünschte Wirkungen verarbeitet sind.

Negative Werbung zu diesem Impfstoff machen die Russen selbst: sie sind dem Impfstoff gegenüber misstrauisch, was das Impftempo verlangsamt. So gibt es Messenger-Gruppen, die Statistiken über Nebenwirkungen sammeln und versuchen, diese zu erfassen, und einige Benutzer berichten von heftigen Nebenwirkungen.

Es bleibt zu klären, ob das dem gängigen Misstrauen der Russen gegenüber ihren Behörden geschuldet ist oder ob der Impfstoff Sputnik V tatsächlich mehr Nebenwirkungen aufweist als die anderen Corona-Impfstoffe.

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