"Mein Fehler": Angela Merkel kippt Osterlockdown und entschuldigt sich

Angela Merkel im Bundestag
Angela Merkel im Bundestag Copyright Markus Schreiber/Copyright 2021 The Associated Press. All rights reserved
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Von Luis Nicolas JachmannEuronews mit AFP. AP
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Es sei nur ihr Fehler gewesen, sagte die Kanzlerin Angela Merkel im Bundestag.

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Angela Merkel hat bei der Fragestunde im Bundestag die Rücknahme der Osterruhe bestätigt und sich nochmals für die verwirrende Situation entschuldigt. Es sei allein ihr Fehler, erklärte die Kanzlerin.

Es sei zwar richtig, gegen die Pandemie stärker vorzugehen. Und Merkel weiter: "Dennoch und daran kann es keinen Zweifel geben, war die Idee der sogenannten Oster-Ruhe ein Fehler. Sie hatte ihre guten Gründe, war aber jedenfalls in der Kürze der Zeit nicht gut genug umsetzbar, wenn sie überhaupt jemals so umsetzbar ist, dass Aufwand und Nutzen in einem halbwegs vernünftigen Verhältnis stehen."

Gegen die Schließung der Läden am Gründonnerstag und die Absage der Gottesdienste zu Ostern hatte es viel Kritik gegeben. In der Fragestunde räumte Merkel ein, dass die Entscheidung „Verunsicherung ausgelöst“ habe:

„Die sogenannte Osterruhe war ein Fehler. Das bedauere ich zutiefst und bitte auch an dieser Stelle die Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung“
Angela Merkel
Deutsche Bundeskanzlerin

Heftige Kritik am Krisenmanagement der Bundesregierung

Für ihr Eingeständnis bekam Merkel fraktionsübergreifend Respekt – für die Bund-Länder-Beschlüsse aber gleichzeitig auch viel Gegenwind. Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linken im Bundestag forderte Merkel auf, die Vertrauensfrage zu stellen. Die FDP und AfD äußerten sich ähnlich.

Die Kritik der Opposition am Krisenmanagement ist heftig

FDP erneuert Kritik an Format der Entscheidungsfindung

Die Liberalen kritisierten in der Fragerunde, wie die neuen Beschlüsse zustande gekommen waren und forderten Konsequenzen. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP im Bundestag, Marco Buschmann, sagte: „Wann hören Sie endlich auf, hinter verschlossenen Türen, im ganz kleinen Kreise, mitten in der Nacht, übernächtigt, ohne Rücksprache Menschen mit Sachverstand, über das Leben von Millionen von Menschen zu entscheiden? Wann legen Sie die Entscheidung zurück in die Hände der Parlamente?"

Deutschland in 3. Welle der Pandemie

Beim Corona-Gipfel wurde der Lockdown bis zum 18. April verlängert. Deutschland befindet sich mitten in der 3. Welle der Pandemie. Laut Robert-Koch-Institut verläuft der Anstieg der Infektionszahlen aktuell „ganz deutlich exponentiell“. Mitverantwortlich dafür ist die Ausbreitung der britischen Corona-Mutation. Die 7-Tages-Inzidenz liegt bei 108.

Die gesamte Entschuldigung von Angela Merkel im Wortlaut

Schon vor dem Termin im Bundestag hatte sich die Kanzlerin entschuldigt.

"Ich habe mich zu diesem kurzen Pressetermin entschlossen, weil ich heute Vormittag entschieden habe, die notwendigen Verordnungen für die am Montag vereinbarte zusätzliche Osterruhe, also die Ruhetage am Gründonnerstag und Karsamstag, nicht auf den Weg zu bringen, sondern sie zu stoppen. Um es klipp und klar zu sagen: Die Idee eines Ostershutdowns war mit bester Absicht entworfen worden, denn wir müssen es unbedingt schaffen, die dritte Welle der Pandemie zu bremsen und umzukehren. Dennoch war die Idee der sogenannten Osterruhe ein Fehler. Sie hatte ihre guten Gründe, war aber in der Kürze der Zeit nicht gut genug umsetzbar, wenn sie überhaupt jemals so umsetzbar ist, dass Aufwand und Nutzen in einem halbwegs vernünftigen Verhältnis stehen.

Viel zu viele Fragen von der Lohnfortzahlung durch die ausgefallenen Arbeitsstunden bis zu der Lage in den Geschäften und Betrieben können, das haben die Beratungen der letzten 24 Stunden gezeigt, jedenfalls in der Kürze der Zeit nicht so gelöst werden, wie es nötig wäre. Und auch um ein Zweites klipp und klar zu sagen: Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler, denn am Ende trage ich für alles die letzte Verantwortung. Qua Amt ist das so, also auch für die am Montag getroffene Entscheidung zur sogenannten Osterruhe.

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Das habe ich den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten vorhin auch in einer kurzen Videokonferenz erläutert und darüber auch die Vorsitzenden der Fraktionen im Deutschen Bundestag informiert. Und es ist mir wichtig, das auch hier zu sagen: Ein Fehler muss als Fehler benannt werden und vor allem muss er korrigiert werden, und wenn möglich hat das noch rechtzeitig zu geschehen.

Gleichwohl weiß ich natürlich, dass dieser gesamte Vorgang zusätzliche Verunsicherung auslöst. Das bedauere ich zutiefst, und dafür bitte ich alle Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung. Diese zusätzliche Verunsicherung bedauere ich umso mehr, als wir uns, dabei bleibt es leider, mitten in der durch die Mutation ausgelösten dritten Welle der Pandemie befinden. Ich danke einmal mehr allen, die mit ihrem Verhalten dazu beitragen, die dritte Welle mit der tödlicheren und ansteckenderen Mutation des Corona-Virus zu bremsen und zu stoppen.

Dazu bietet der Beschluss von Montag auch ohne die sogenannte Osterruhe einen Rahmen: Mit der Notbremse, mit der Möglichkeit von regional zu entscheidenden Ausgangsbegrenzungen und Kontaktbeschränkung, mit dem Ausbau des Testens, natürlich auch mit der immer weiter verstärkenden Impfkampagne.

Am 12. April werden wir die Beratungen fortsetzen, und ich bin zutiefst davon überzeugt: Wir werden das Virus gemeinsam besiegen. Der Weg ist hart und er ist steinig, er ist von Erfolgen, aber auch von Fehlern und Rückschlägen gekennzeichnet. Aber das Virus wird langsam, aber sicher seinen Schrecken verlieren. Und bis dahin setzen wir mit allen Maßnahmen weiter alles daran, dass unser Gesundheitssystem der immensen Belastung standhält und zugleich diese überaus großen Folgen für Wirtschaft, Bildung, Kultur und für unser ganzes Zusammenleben aufgefangen werden."

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