Fall Peng Shuai: Frauen-Tennisverband setzt Turniere in China aus

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Von su mit dpa
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Der Frauen-Tennisverband hat aus Sorge um die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai die Aussetzung aller Turniere in China angekündigt. Peng Shuai war vor drei Wochen verschwunden, nachdem sie einen Spitzenpolitiker sexueller Übergriffe beschuldigt hatte.

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Der Frauen-Tennisverband („Women's Tennis Association“, WTA) hat aus Sorge um die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai die sofortige Aussetzung aller Turniere in China angekündigt. Die 35-Jährige war vor drei Wochen aus der Öffentlichkeit verschwunden, nachdem sie einen chinesischen Spitzenpolitiker, den einstigen Vizepremier Zhang Gaoli, sexueller Übergriffe beschuldigt hatte.

Peng Shuai, früher Nummer eins der Doppel-Weltrangliste, hatte die Vorwürfe Anfang November im sozialen Netzwerk Weibo veröffentlicht. Ihr Post wurde bald danach gelöscht. Seither äußerten
Sportler, Politiker und Menschenrechtler Sorge um das Wohlergehen der Tennisspielerin. Die WTA vermutet, sie wird unter Druck gesetzt und kann sich nicht mehr frei bewegen.

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WTA-Chef Steve Simon: "Ich sehe nicht, wie ich unsere Athleten guten Gewissens bitten kann, dort anzutreten, wenn Peng Shuai nicht frei kommunizieren darf und offenbar unter Druck gesetzt wurde, ihre Vorwürfe der sexuellen Übergriffe zurückzuziehen."

«Wenn mächtige Menschen die Stimmen von Frauen unterdrücken können und Vorwürfe von sexuellem Missbrauch unter den Teppich kehren, dann würde das Fundament, auf dem die WTA gegründet wurde - Gleichberechtigung für Frauen – einen immensen Rückschlag erleiden», so Simon. «Ich werde und kann nicht zulassen, dass dies der WTA und ihren Spielerinnen widerfährt.» Chinas Führer hätten der WTA keine andere Wahl gelassen. Er hoffe weiterhin, dass die Bitten erhört und die chinesischen Behörden Schritte unternehmen würden, um dieses Problem legitim anzugehen, erklärte Simon. «Ich bedaure sehr, dass es so weit gekommen ist», so Simon.

AUFSCHREI

Pengs Verschwinden hatte einen internationalen Aufschrei ausgelöst, obwohl die chinesischen Behörden versuchten zu beweisen, dass es ihr gut geht. Vergangene Woche tauchten Fotos von ihr auf, ein paar kurze Videos aus einem Restaurant und bei einem Tennisturnier für Kinder in Peking. Aber frei, das konnte jeder an den gestelzten Bildern und Formulierungen erkennen, sprach sie offenkundig nie.

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Die frühere Weltklassespielerin und erste WTA-Präsidentin Billie Jean King sagte, sie finde es gut, dass die WTA einen «starken Standpunkt zur Verteidigung der Menschenrechte in China und auf der ganzen Welt eingenommen» habe. Auch deshalb sei das Damentennis führend im Damensport. Die WTA stehe «auf der richtigen Seite der Geschichte».

Im Oktober gab erklärte China, „die Menschen sollten aufhören, vorsätzlich und böswillig zu politisieren und das Thema hochzuspielen.

IOC UNTER DRUCK

Keine andere Sportorganisation hat sich bislang öffentlich so offensichtlich mit dem Olympia-Gastgeberland angelegt. China ist mit einer Reihe von Veranstaltungen wichtiger Geldgeber der Damen-Tour. Mit der Stadt Shenzen gibt es einen laufenden Zehnjahresvertrag über die Austragung der WTA-Finals. Ein Ende der Beziehungen könnte die WTA Millionen kosten. 

Gut zwei Monate vor der Eröffnungsfeier in Peking nimmt damit auch der Druck auf das Internationale Olympische Komitee zu, das für seinen Umgang mit der unklaren Situation ohnehin schon deutliche Kritik abbekommt. Zusätzliche Brisanz erhält der Fall durch die bevorstehenden Winterspiele in Peking im Februar und die ohnehin anhaltende Kritik am Gastgeber-Land. Das Internationale Olympische Komitee mit seinem deutschen Chef Thomas Bach könnte durch das Vorgehen der WTA in Zugzwang geraten. 

Die ehemalige Weltranglistenerste Martina Navratilova etwa lobte die WTA via Twitter und schrieb: «IOC, was sagst du? Bislang kann ich dich kaum hören.»

Die designierte deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) schloss selbst einen Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking nicht kategorisch aus. Auf die Frage, wie sie zu einem Boykott stehe,
sagte sie («tageszeitung») : «Wenn ich sehe, wie Chinas Führung mit der Tennisspielerin Peng Shuai umgeht oder mit der verhafteten Bürgerjournalistin Zhang Zhan, sollten wir natürlich auch die Olympischen Spiele genauer in den Blick nehmen. Da gibt es für Regierungen unterschiedliche Formen des Umgangs, die in den kommenden Wochen sicherlich diskutiert werden.»

su mit dpa

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