Küstenkiller Klimawandel: Normandie bald kaputt? Halligen für immer landunter?

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Von Hans von der Brelie
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In dieser Witness-Folge hat sich Hans von der Brelie in der Normandie und im Wattenmeer die schwindenden Küsten Europas angesehen.

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Der Klimawandel nagt an Europas Küstenlinie, im deutschen Wattenmeer sind Inseln und Halligen bedroht – und in der französischen Normandie brechen immer häufiger riesige Felsblöcke von den Steilklippen. Temperaturschwankungen, Starkregen, Extremwetter: Die Erosion beschleunigt sich. Der Meeresspiegel steigt. Es wird ernst mit dem Klimawandel. Eine Witness-Reportage aus der Normandie und Deutschland von Hans von der Brelie.

Sichtbare Folgen des Klimawandels

Wow! Was für ein Wetter! Zu viel Wind, zu hohe Wellen – ich schiebe Panik: Wird Käpt´n Dodivers da noch mitmachen? Der französische Skipper ist mit allen Wassern gewaschen, doch bei diesem Seegang überlegt man es sich halt dreimal, ob man einen MoJo-Reporter plus Drohnenflugteam an Bord seines Schnellbootes nimmt. Nach einer Nacht Bedenkzeit und bei leicht beruhigter Morgenlage dann die Entscheidung: Wir machen das! In Fécamp klettern wir an Bord der „Aventure", kein schlechter Name: Abenteuer! Unser Ziel sind die Kreidefelsen von Étretat und der Strand von Tilleul, dorthin, wo man sie jetzt schon sehen kann, die ersten Folgen des Klimawandels.

Drohnenpilot Bruno Ballandonne und sein Assistent Nicolas Maillard lassen die Phantom steigen, Bruno an der Fernsteuerung kämpft mit Seitenwind, gleichzeitig schlägt die FilmicPro-App meiner mobilen Minikamera Alarm: Wasser im Gerät! Notabschaltung! – Der Käpt’n versucht, die „Aventure" bei rauem Seegang halbwegs stabil zu halten: MoJo-Rucksack auf, Kamerawechsel, kurz mal über Bord kotzen – wat mutt, dat mutt – und weiter geht’s. Käpt’n Dodivers riskiert die Durchfahrt unter den weltberühmten Felsbögen von Étretat trotz kabbeliger Strömung. - „Oh Nein!", höre ich Bruno hinter mir, blankes Entsetzen in der Stimme. Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass seine mehrere Tausend Euro teure Superdrohne unkontrolliert abdriftet, eine brutale Windböe schiebt die Phantom unerbittlich Richtung Klippe, einer der vier Rotoren berührt kurz die Felswand, die Phantom gerät ins Taumeln, sackt ab – dann, kurz vor Aufschlag und Untergang in der Nordseeflut kann Bruno den Funkkontakt wieder herstellen, gibt voll Saft, die Drohne zischt ab ins Freie. Erleichtert sehen wir uns an, das war knapp!

Die Spielzeugkiste eines Riesen

Bruno zieht die Drohne hoch, jetzt hängt die Phantom über dem Strand von Tilleul. Auf Brunos Monitor sehe ich es dann, kann meinen Augen kaum glauben: den Strand von Tilleul gibt es nicht mehr. Da ist nur noch ein Haufen Riesenklötze, die Spielzeugkiste eines Riesen. Voll der Wahnsinn, was da heruntergekommen ist, denke ich unwillkürlich. Kurz kommt die Sonne durch die Wolken, die frisch abgebrochene Steilwand glänzt weiß.

Wie lange werden die Kreidefelsen dem Klimawandel noch standhalten? Brutale Temperaturschwankungen, Starkregen – und am Fuß der Klippen gräbt der Seegang immer heftiger und höher. Sicher, auch früher gab es schon Felsstürze. Und doch, es hat sich etwas verändert, meint Kapitän Dodivers, ein echter Normanne, geboren und großgeworden an der Küste, hier kennt er jede Grotte, jeden Bogen, jede Klippe. „In dem Abschnitt, den ich regelmäßig befahre, gab es früher etwa drei größere Felsstürze pro Jahr", meint der Seebär mit den wachen Augen, „jetzt sind es ein Dutzend". Über die gesamte Linie der Kreideklippen werden offiziell mittlerweile sogar 60 oder mehr Felsstürze pro Jahr gemeldet.

Das tut weh", sagt Kapitän Dodivers, „denn in einigen Jahrzehnten wird es auch die Felsbögen von Étretat nicht mehr geben – und die Erderwärmung spielt dabei eine ganz erhebliche Rolle. Der Temperaturanstieg führt zu sturzflutartigen Regenfällen, oben auf den Klippen dringt Wasser in die Felsspalten, die Kreideklippen explodieren förmlich."

Am nächsten Tag nimmt uns der 14-jährige Adam mit zum „Auge des Pandas" – einem Loch hoch oben in den Klippen über dem Strand von Tilleul. Es ist derselbe Weg, den er an Neujahr unterwegs war – wie immer mit seinem Fotoapparat, einem Geschenk von Opa Bernard. Auch Drohnenpilot Bruno ist wieder mit dabei.

Vorsicht! Ohne Vorwarnung können Felsen abbrechen!

Auf einem schmalen Feldweg nähern wir uns dem Hochplateau, vorbei an einer großen Warntafel. Doch auch ohne Vorsicht-Gefahr-Schild ist Adam vorsichtig, seit einigen Tagen hat er vor den Steilklippen und ihren bröckeligen Rändern einen gehörigen Respekt. Mit ausreichend Sicherheitsabstand führt er uns zu einem Punkt, von dem aus sich ein atemberaubender Anblick auftut – Kreideklippen, soweit das Auge reicht.

Über Adams Schulter sehe ich in schwindelerregender Höhe den Beobachtungsposten im Fels. „Da war ich", erzählt der junge Amateurphotograph, „und genau in dem Moment, als ich wieder da rausklettern wollte, sah ich, wie die Felswand gegenüber in sich zusammenstürzte. Es hörte sich an wie ein sehr lauter Schuss." Geistesgegenwärtig drückte Adam auf den Auslöser, die beeindruckenden Bilder stellt er Euronews freundlicherweise zur Verfügung, denn er möchte warnen: Die Felsen sind weniger stabil, als man denkt. Ohne Vorwarnung brechen sie ein. Immer häufiger, über immer größere Strecken.

Überall war Staub, eine riesige Wolke stieg auf in den Himmel, wir waren über und über mit Staub bedeckt. Alle rieben sich die Augen", fährt Adam in seiner Erzählung fort. Die Aufregung ist ihm immer noch anzumerken. Sekunden nach dem Schock kam die Angst: denn Adams Vater war beim Joggen. Glücklicherweise geschah ihm nichts. - Jetzt sorgt sich Adam um die berühmten Kreidebögen von Étretat und die Zukunft seiner bei Touristen beliebten Heimatregion: „Das ist ganz schön traurig, dass auch die Bögen eines Tages zusammenbrechen werden. Wenn es die Felsbögen nicht mehr gibt, dann werden auch weniger Besucher hierherkommen - und die Geschäftsleute und viele Menschen hier werden wirtschaftliche Schwierigkeiten bekommen."

Möglicherweise tödliche Falle: Die versteckte Spalte im Gras

Auf dem Klippenpfad zeigt Großvater Bernard seinem Enkel Adam eine unscheinbare Spalte im Erdreich, gerade einmal daumenbreit, kaum zu sehen im zertrampelten Gras, und doch, es ist eine möglicherweise tödliche Falle! „Schau, dort!", deutet Bernard Dherbécourt auf den Boden, dorthin, wo sich bereits der nächste massive Felssturz leise und heimlich vorbereitet: „Der Riss ist der Anfang. Aber wann kommt der Felssturz? Jetzt gleich? In zehn Tagen, einem Monat, einem Jahr? Wir wissen es nicht. Das Einzige, was wir wissen: Bald ist es so weit, durch nichts mehr aufzuhalten."

Dorfbürgermeister Raphaël Lesueur nimmt mich mit nach unten zum beliebten Strand von Tilleul. Den Zugang zur Risikozone hat er per Verordnung verboten. Und doch, als wir unten angelangt sind, sehen wir ein Touristenpärchen mit dem Rücken am Katastrophenfelsen in der Sonne liegen. Lesueur - als französischer Gemeindevorsteher übt er zugleich die Funktion des Dorfpolizisten aus - kommt umgehend seiner Amtspflicht nach, freundlich, aber bestimmt: „Guten Tag", spricht er die verliebten Turteltäubchen in der Sonne an, „ich bin der Bürgermeister und hier ist es wirklich gefährlich, an dieser Stelle darf man sich nicht mehr aufhalten!" – Das Liebespaar entfernt sich, während Lesueur mir eine klaffende Spalte oben im Kliff zeigt, ein Riesenbrocken hängt über…

Die Klippe lebt!

Wir klettern über die auf dem Strand aufgehäuften Blöcke – außerhalb der Risikozone, versteht sich. „Die sind riesig", kommentiert Lesueur, „es ist das erste Mal, dass ich einen Felssturz dieser Größenordnung hier bei uns sehe." Denn eigentlich glaubten alle, dass dieser Abschnitt der Klippe „tot" sei, wie man hier sagt, also sich nicht mehr bewege, nicht mehr abbröckele, nicht mehr von Erosion bedroht ist. Und jetzt die ungute Überraschung: Nein, die Klippe lebt! „Warum?", will ich von Lesueur wissen.

Es ist ein Zusammenspiel vieler Faktoren. Der Bürgermeister von Tilleul nennt insbesondere Starkregenereignisse. Die ihrerseits wieder mit dem Klimawandel zusammenhängen. „Das ist wirklich beunruhigend“, meint Lesueur, „denn das, was jetzt hier bei uns passiert ist, das wird sich an anderen Abschnitten der Felsküste wiederholen.“ Die Küste wird bald nicht mehr so aussehen, wie sie heute aussieht – „und das gibt einem schon so etwas wie einen kleinen Stich ins Herz“.

Ich fahre durch dichten Nebel, der über der normannischen Hügellandschaft wabert. In Criel-sur-Mer löst sich der Nebel auf, ein strahlend blauer Himmel spannt sich über einem Postkartendorf: In Criel-sur-Mer stehen die Häuser direkt am Rand der Klippe. Einige sind sicher, betont Bürgermeister Alain Trouessin, denn dicke Kieselschichten am Strand schützen die Klippen, auch bei Flut gelangt das Wasser nicht bis an den Fuß der Steilwand. Allerdings: Nur ein paar Meter weiter gibt es keine Kiesel mehr, keinen einzigen, hunderte von Metern liegt dort der Fuß der Klippen blank… Und auch dort oben stehen Häuser, ein ganzes Viertel wurde einst gebaut, wegen der schönen Aussicht... Nun, heute sind die Aussichten weniger rosig…

Strategischer Rückzug vor dem Klimawandel

Der Bürgermeister von Criel meint, dass es neben dem Klimawandel noch weitere vom Menschen gemachte Gründe für die sich beschleunigende Erosion gibt:
Der Bau von Buhnen, Molen und Buhnen entlang der gesamten Küste hat diesen Sedimenttransit gebremst. Das hat zur Folge, dass die Klippenfüße an manchen Stellen kahl sind, so dass die Wellen direkt den Klippenfuß angreifen. Die Prognosen gehen von einem Dutzend betroffener Häuser in den nächsten 20 Jahren aus. In etwa 50 Jahren werden wir wahrscheinlich gar keine Gebäude mehr auf diesem 150 bis 200 Meter breiten Streifen an der Felskante haben. Wir sind in einer strategischen Rückzugslogik."

Eigentlich hatten wir uns nur auf ein kurzes Interview verabredet, doch dann meint Trouessin: „Kommen Sie mal mit, ich werde Ihnen was zeigen!“ – Ich folge dem Kleinwagen des weißbärtigen, auf sympathische Art bärbeißig wirkenden Bürgermeisters. Es geht steil bergan. Wir fahren durch eine gutbürgerliche Siedlung, Wäsche hängt auf der Leine, hier und da steht ein SUV vor der Haustür, ein Gute-Leute-Viertel, wie man früher zu sagen pflegte. Doch dann endet die Straße abrupt. Eine Sperre. Grellgelbe Warntafeln. Großgedruckte Verbote. Vor wenigen Monaten brach hier eine Riesenscheibe Klippe weg, riss eine halbe Straße mit sich in die Tiefe. „Wir sind hier in 70 Metern Höhe“, sagt Bürgermeister Trouessin. „Dort“, deutet Trouessin auf ein hübsches weiss-blau gestrichenes Haus mit Traumsicht auf den Meereshorizont, „das Haus dort hinter mir, das wird in wenigen Wochen abgerissen“.

Bürgermeister beginnt mit Enteignungen und Abriss

Da sich einige Familien weigern, aus- und wegzuziehen, bleibt Trouessin nur eine Option: Der Bürgermeister enteignet Hausbesitzer. Eine frankreichweite Premiere ist das: Enteignungen wegen Klimawandel! – Die Menschen hier greifen zum Taschenrechner. Die einen, um Entschädigungsangebote durchzurechnen, die anderen um zu kalkulieren, wieviel Zeit ihnen noch bleibt, bis die Abrisskante des Steilhangs bei Ihnen an der Haustüre klopft…

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Im Jahresmittel gehen 30 Zentimeter Kante verloren - doch dann sind es auf einmal 30 Meter… Die „Sprünge“ werden häufiger, weiter, gefährlicher… Klimawandel und Erosion werden sich in den kommenden Jahren quer durch eines der schönsten Wohngebiete von Criel-sur-Mer hindurchfressen, erbarmungslos, durch nichts aufzuhalten. Auch ich habe Hunger, doch statt Mittagessen gönne ich mir diesmal nur einen Schokoriegel, ich will noch mit ein paar Menschen hier im Viertel sprechen.

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Bald unmöglich: Wohnen in der Normandie unmittelbar an der Küste?euronews

Victor und Kelly Coquant schweben auf Wolke Sieben, das junge Paar ist glücklich. Der Grund dafür nennt sich Arthur, hat wasserblaue Augen und liegt zufrieden vor sich hin nuckelnd unter einer warmen Decke in seinem gemütlichen Kinderwagen. Seit fünf Monaten lebt Arthur auf dem Planeten Erde. Papa Victor meint: „Wir haben noch Zeit, wenn man das mal so durchrechnet mit der voranschreitenden Erosion, dann ist unser Haus in etwa hundert Jahren an der Reihe.“ – Mama Kelly ergreift das Wort: „Na ja, aber vielleicht auch schon früher, angesichts der Tatsache, dass sich die Erosion beschleunigt.“ – Victor pflichtet ihr bei: „Stimmt schon, es wird schlimmer.“ – Und Kelly meint, lächelnd zwar, doch mit einem nostalgischem Ton in der Stimme: „Erderwärmung, Überschwemmungen überall, hier bei uns die Erosion – sicher, das macht Angst. Ich weiß, dass mein Sohn in einer anderen Welt aufwachsen wird als in der, in der ich groß geworden bin.“

In Dieppe treffe ich mich mit einem renommierten französischen Geologen Stéphane Costa. Der Professor berät das französische Abgeordnetenhaus zu Klimawandel und Küstenerosion. „Ich komme von hier“, meint Costa bei einem kurzen Strandspaziergang. Schon als Kind habe ihn die Erosion an der Küste fasziniert. Heute betreut er Studenten aus der ganzen Welt, die bei ihm Küstenmanagement lernen wollen, die wissensdurstig eintauchen in das Wechselspiel aus Raumplanung und Klimawandel, Vorbeugung und Schadensbegrenzung, Antworten suchen auf Fragen: Wie planen? Was tun?

Das Riesenloch von Dieppe

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Das Riesenloch von Dieppeeuronews

Costa ist einer dieser Outdoor-Professoren, die jede Gelegenheit wahrnehmen, mit dicksohligem Schuhwerk durch Gestrüpp und Unterholz zu wandern, über Felsen und Abhänge zu klettern, immer auf der Suche nach geologisch interessanten Formationen. Ich darf mit, auf dem Rücken meinen MoJo-Rucksack und das Kamera-Stativ. Ziel der Exkursion in Sachen Erosion: Das Riesenloch von Dieppe…

Ein paar Brombeerhecken weiter biegt der schmale Trampelpfad um eine Ecke, ich bleibe abrupt stehen. Vor uns tut sich ein Abgrund auf, groß wie das Kolosseum in Rom. „Hier sind innerhalb nur weniger Monate 30 Meter Felsen verschwunden“, fast schwingt so etwas wie geologischer Stolz in Costas Stimme mit, auch wenn seine Stirn zerfurcht, sein Blick traurig ist. Unten in dem Riesenloch liegen die Überreste eines stattlichen Hauses, Treppenstufen, Wände, Tapetenreste – alles noch gut zu erkennen, der Rutsch ist frisch – „und noch nicht zu Ende, das wird noch weitergehen“, meint Costa.

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Fels- und Erdrutsche werden sich häufen

Welche Auswirkungen wird der Klimawandel auf die französischen Küsten haben, will ich von Costa wissen. „Der Meeresspiegel wird steigen“, antwortet Costa, „die Erosion am Fuß der Felsen wird deshalb stärker.“ Aber es gibt auch Sonderfaktoren: „Unsere Untersuchungen für die Normandie haben ergeben, dass die Sommer heißer und trockener sein werden, umgekehrt wird es in den Wintermonaten zu Starkregenereignissen kommen: innerhalb kurzer Zeiträume werden immer häufiger enorme Mengen Wasser abregnen.“ Das wird Folgen haben für jene Abschnitte der normannischen Küste, in der die Kreidefelsformationen durchsetzt sind mit Lehmschichten: „Diese Schichten aus Lehm und Sand werden sich mit Wasser vollsaugen – was wahrscheinlich dazu führt, dass es häufiger zu derart heftigen Fels- und Erdrutschen kommen wird.“

Nach einem Blick auf das zerstörte Haus zu seinen Füßen fügt Costa hinzu: „(Die Küstenlinie) wird sich weiter ins Landesinnere verlagern. Oder um es anders auszudrücken: künftig wird man nicht mehr an und von der Küste leben können wie bislang.“

Kirche mit Seefahrerfriedhof am Abgrund: Absturz unvermeidbar?

Unweit von Dieppe, bei Varengeville-sur-Mer, weicht die Küstenlinie 60 Zentimeter pro Jahr zurück. Seit dem elften Jahrhundert trotzt die Seefahrerkirche von Varengeville in 80 Metern Höhe Wind und Wetter. Georges Braque und Raoul Ubac schufen einige der Glasfenster. An dem Vormittag, an dem ich das Kirchlein filme, scheint die Sonne durch die bunten Kunstwerke.

Doch auch hier frisst sich das Meer immer weiter ins Landesinnere. Und diese Kirche könnte schon in 30 Jahren in die Tiefe stürzen, zusammen mit dem Seefahrerfriedhof. Wie die Kirche retten? Auf Schienen setzen und das Gebäude verlegen? Das würde 15 Millionen Euro kosten, oder auch 20… - Auseinandernehmen und anderswo wieder aufbauen? Oder - auch das eine Option - einfach der Zeit, dem Wasser und dem Klimawandel ihren Lauf lassen?

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euronews-Reporter Hans von der Brelie während der Dreharbeiteneuronews

Halligen in Gefahr

Nach den üblichen PCR-Tests reise ich über Paris weiter nach Hamburg und von dort nach Schleswig-Holstein, ans Wattenmeer. Heizt sich die Erde weiter auf, werden weite Bereiche der norddeutschen Küste bereits 2050 unterhalb des Hochwasserspiegels liegen. Das soll jetzt nicht heißen, dass Nordfriesland, Hamburg und Bremen ganzjährig landunter sein werden – an der Küste gibt es schließlich Deiche und einen gut aufgestellten Küstenschutz.

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Doch das Risiko wächst. Und es drängt sich die Frage auf: Sind die Inseln und Halligen im Wattenmeer direkt bedroht vom Klimawandel?

Im Schlick des Wattbodens wimmelt es nur so von Leben, eine Festtafel für Fische und Vögel. Das Biosphärenreservat der UNESCO ist Heimat für 10.000 Arten – und: für gut 200 Menschen auf den Halligen: flache Moor- und Marschbodenhügel, umspült von der Nordsee.

Ranger Kühn sieht Horror-Szenario

An der flachen Küste habe ich mich unweit von Dagebüll mit Martin Kühn verabredet. Der Nationalpark-Ranger zählt alle zwei Wochen die Vögel und achtet darauf, dass Touristen die Regeln einhalten – doch seine größte Sorge ist der Klimawandel:

„Das ist für mich fast schon ein Horror-Szenario, das sich da abzeichnet. Die höheren Wasserstände sind das Problem. Sie werden unser Wattenmeer verkleinern - und damit fallen für die vielen Vögel, die zu Millionen hier Station machen, Nahrungsflächen weg… und wir sehen die ersten Veränderungen jetzt schon im Wattenmeer. Teilweise gehen Bestände zurück, zum Beispiel beim Austernfischer. Innerhalb der letzten 20 Jahren haben sich die Brutbestände und auch die Bestände der rastenden Vögel halbiert.“

Wenn Watt weg dann Würmer weg dann Vögel weg

Das Problem ist ein globales. Die Zugvögel aus dem hohen Norden brauchen die fetten Wattwürmer, die Nahrung aus dem Schlick - sonst schaffen sie es nicht, verenden auf dem Weg nach Süden oder können sich nicht mehr reproduzieren. Die Rechnung ist recht einfach: Watt weg (weil zu oft und zu lange landunter) gleich Würmer weg. Würmer weg gleich Vögel weg. Horror-Szenario eben.

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Unterwegs mit Postschiffer Petersen

Einfach ist es nicht, auf die Halligen zu gelangen. Postschiffer Johann Petersen nimmt mich mit. Täglich pendelt er zwischen dem Festland und den Halligen – wenn es Wind und Wetter zulassen... Vor einem Jahrhundert wurde ein schmaler Lorendamm zur Hallig Oland gebaut, hier wurde Petersen geboren, hier wuchs er auf, als eines von sechs Geschwistern. Der Mann mit dem dichten grauen Bart ist ein echter Olander, ein Seebär wie aus dem Bilderbuch: grober Wollpullover, knallgelbes Ölzeug, wettergegerbte Gesichtszüge, ein Blick, der ins Weite geht – und eine Stirn voller Sorgenfalten.

Oland ist etwa drei Kilometer lang und geschätzt 800 Meter breit, an einigen Stellen auch etwas mehr. Doch bei Sturmflut guckt nur der Warfthügel mit seinen 18 Häusern aus dem Wasser. Das gehört im Winter quasi mit zum Alltag. Weshalb ein Reportage-Dreh auf einer Hallig zu dieser Jahreszeit ein echtes Risikounternehmen ist: Man weiß nicht, ob man überhaupt hinkommt. Diesmal habe ich Glück: Der Sturm war vorgestern und ist inzwischen abgeflaut – und der nächste soll erst nächste Woche kommen. Trotzdem: sehr lustig ist es nicht, bei einem Grad über Null im feuchtkalten, scharfen Seewind über einen Lorendamm zu gondeln, eine Auffassung, die auch von meiner MoJo-Kamera geteilt wird, die nach einer Viertelstunde keinen Saft mehr hat, die Batterie ist leer. Mit klammen Fingern krame ich die Powerbank aus dem Rucksack, während Petersen kurz anhält, um Treibholz von den Gleisen zu räumen. Dann zockeln wir weiter Richtung Oland.

Die Halligen liegen in einer tektonischen Landsenke. Das heißt, die Gegend senkt sich ab, seit Jahrtausenden, immer schon, ganz langsam aber stetig. Bislang wurde das durch Sedimentaufwachs, also durch angeschwemmten Sand, ausgeglichen. Aber nun, zusammen mit Klimawandel und Meeresspiegelanstieg, geht da die Rechnung noch auf? Beziehungsweise: ab wann genau wird sie nicht mehr aufgehen, ab wann kann die Halligwelt nicht mehr „mitwachsen“?

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Postschiffer Johann Petersen bei der Arbeiteuronews

Kampf gegen das Absinken

Postschiffer Petersen beginnt zu rechnen: „Wir sinken im Jahr ungefähr 3 bis 5 Millimeter ab (wegen der tektonischen Landsenke), immer schon." Bislang wurde das ausgeglichen durch Sedimentzuwachs. Aber: "Wenn wir jetzt den Klimawandel dazu nehmen – und wir gehen von einem Mittelwert von ungefähr einem Meter aus bis zur nächsten Jahrhundertwende - dann sind wir bei 1.40 Meter, die wir ausgleichen müssen.“

Bis jetzt bewahrten angeschwemmte Sedimente Oland vor dem Untergang. Die Halligbewohner reden vom "Mitwachsen", das ist jetzt kein Seemannsgarn, sondern wissenschaftlich exakt vermessene Millimeter-Realität. Dahinter steckt ein extrem fragiles Zusammenspiel vieler Faktoren, weshalb die Prognose für die Zukunft zwar nicht unmöglich, aber doch schwierig ist. Zehn lange Jahre seines Lebens hat sich Petersen hineingestürzt in Studien, Veröffentlichungen, Klimaberichte, UNO-Resolutionen, Forschungsergebnisse. Der Mann hasst Ungefähres, Vages, Ungenaues. Petersen sucht und gräbt nach belastbaren Daten, eindeutigen Aussagen auf wissenschaftlichem Fundament. Und er sucht den direkten Ausstausch mit Forschern und Experten, etliche hat er schon bei sich auf Oland zu Besuch gehabt. 

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Angst vor Schmelze des Grönlandeises

Wir haben es uns auf einer Holzbank in der Mitte der Hallig bequem gemacht, Petersen raucht Kette, raue Vogelschreie schneiden durch den Wind.

Petersen plagt die Erkenntnis: Wenn das Grönlandeis schmelzen sollte, gibt es ein Problem. Und zwar ein riesiges. Und zwar ganz rasch. Auch hat sich der Postschiffer mittlerweile von der Hoffnung verabschiedet, dass die Menschheit, die Europäer, Deutschland das 1,5-Grad-Ziel noch einhalten können. 

Nationalpark wird ertrinken

Petersen: „6000 bis 8000 Tonnen Sediment brauchen wir jedes Jahr, um die normale (tektonische) Landsenke auszugleichen. Käme der Klimawandel dazu, liegen wir bei schlappen 20.000 Tonnen im Jahr… Der Nationalpark wird ertrinken…” – Dann setzt Petersen Wort um Wort, jedes einzelne quasi mit einem Ausrufezeichen versehen: „Wir! - können! - das! – nicht! – ausgleichen!“

Während Petersen seine Postsendungen ausliefert, klopfe ich bei den Nommensens an die Küchentüre. Angemeldet bin ich nicht, aber auf so einer Hallig sind die Wege kurz, die Leute nett und unkompliziert, da geht das schon. Die Familie Nommensen kümmert sich um einen der kleinsten Leuchttürme Europas. Piraten und Überschwemmungen – die Halligen haben eine stürmische Vergangenheit - so wie Leuchtturmwärter Nommensen…

Galgenhumor: Warft mit Hochhaus?

Der Mann mit dem weißen Seehund-Schnauzbart nimmt mich mit in das Backstein-Leuchttürmchen, zeigt mir die Lampen – und erinnert sich: „Na ja, ich habe die Sturmflut 1962 hier mitgekriegt, als Kind, damals war ich zwölf Jahre alt. Dann, 1976, da ist das Wasser schon wieder durch die Häuser gelaufen… und danach, 1985, haben wir einen neuen Deich hier um die Warft gekriegt. Wehe, wenn es nun da rüber wegkommt, dann sieht es ganz schlecht für uns aus.“ - Doch Nommensen lässt sich nicht unterkriegen, auch in düsteren Zeiten braucht es Humor und ein paar Witze: „Wenn hier jemand bauen möchte, wie wird dann so eine Warft auszusehen? Ein Hochhaus und alles drum herum niedriger ?!“ Er lacht.

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Ich will wissen, was er, ein Mann mit Lebenserfahrung, vom Klimawandel hält. Nommensen zögert, man merkt ihm an, dass er abwägt. Dann sagt er: „Das Wetter hat sich ja nun doch irgendwie verändert… Früher gab es während meiner Jugendzeit immer noch einen schönen Winter, einen schönen, guten Sommer… Das hat sich alles geändert mit den Stürmen und so… Das sind immer ziemlich schnelle Stürme mit viel Wind - und dann kommt das Wasser ziemlich hoch!“

Wir werden die letzten sein

Ich komme bei einem von Postschiffer Petersens Nachbarn unter, Hans Richardt, einem freundlichen Rentner. In dem Energiesparhaus brennt ein Holzofen, dank Super-Isolierung hält sich die Wärme rund um die Uhr, auch wenn draußen über der Nordsee die Temperaturen mit dem Nullpunkt flirten. Ein neuer Tag bricht an auf Oland, der Himmel verwandelt sich in ein Gemälde von Nolde, taucht von Violett- und Malvenfarben noch vor Aufgang der Sonne hinüber ins Lachsrosane, Blaugrüne – ein Farbenwunder.

Auch Postschiffer Petersen erinnert sich an seine Kindheit. Damals lebten 35 Menschen hier, heute sind es 16. Der Mann hängt an den Halligen, den Menschen, der Kultur und der Geschichte dieses einzigartigen Ortes. Wie fühlt man sich da, angesichts von Klimawandel und Meeresspiegelanstieg? „Wir sind jetzt seit etwa 800 Jahren auf den Halligen“, sagt Petersen. „Also ich denke, ich werde der letzte sein, schätze ich…“ – er macht eine lange Pause, sein Blick schweift zum Horizont. „Und das tut natürlich weh.“

Bundesregierung verklagt

Eine der Wattenmeer-Familien hat gegen die Bundesregierung geklagt: wegen Untätigkeit in Sachen Klimaschutz. Die Backsens – die auf der Insel Pellworm leben - gingen bis vor das Bundesverfassungsgericht – und bekamen Recht! Die deutsche Bundesregierung musste nachbessern und einen konkreten Klimaschutz-Fahrplan vorlegen. Ich schiebe ein kurzes Zoom-Interview ein. Was geschieht mit den Halligen, den Inseln und dem Wattenmeer, wenn die Erderwärmung nicht gestoppt wird?, will ich von Silke Backsen wissen.

„Das eine ist der Anstieg des Meeresspiegels draußen“, meint Backsen, „und das andere der Anstieg der Starkregenereignisse, die zu massiven Entwässerungsproblemen führen. Das Risiko, glaube ich,das allen mittlerweile klar ist, was aber niemand sich traut so auszusprechen, ist eben, dass man tatsächlich absäuft, dass sowohl das Wattenmeer mit Fauna und Flora absäuft in Anführungszeichen, als auch die Halligen und die Inseln, die sich hier im Nationalpark Wattenmeer befinden, weil man es eben nicht schaffen wird, die Deiche unendlich hoch zu bauen.“

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Dann erzählt sie von der Urteilsverkündung des Bundesverfassungsgerichts, wegen Corona sei das ja alles über Computerbildschirme gelaufen. Seltsame Minuten seien das gewesen. Alle Beteiligten hätten ja eigentlich damit gerechnet, dass es nicht klappt, deswegen habe man anfangs gar nicht verstanden, dass man gewonnen habe, das sei erst viel später klar geworden. Silke Backsen lächelt. Man spürt, auch heute, einige Monate nach Urteilsverkündung, freut sie sich. Nur: Jetzt müsse eben auch endlich Ernst gemacht werden mit der Klimaschutzpolitik.

Pilotprojekt auf Langeness

Und noch mal Lore im Winterwind: Von Oland fahre ich rüber zur Hallig Langeness. Dort entsteht derzeit ein Pilotprojekt – eine Warft, also ein Wohnhügel, höher als alle anderen, die auch den Stürmen der Zukunft trotzen soll, finanziert vom Land Schleswig-Holstein.

Bauer Johannsen, einer der stellvertretenden Bürgermeister, zeigt mir den riesigen Sandhaufen mit der flachen Böschung, an der sich die Flutwellen auslaufen sollen. Schwierig zu filmen, aber wenn man genau hinsieht, erkennt man die unterschiedlichen Neigungswinkel, ein Meisterwerk der Strömungsforscher und -techniker. Der flache Winkel an der Warft-Basis nimmt den Wellen ihre Energie, damit ist der Wohnhügel widerstandsfähiger.

Neun Millionen Euro kostet der Spaß. Also gut, Johannsen sagt sieben Millionen, doch beim Vergleich diverser Quellen scheint das doch etwas zu niedrig angesetzt, es gab da so einige Verzögerungen, Kostenüberschreitungen, auch einigen Ärger hinter den Kulissen... Aber das ist ja erst die Hälfte der Miete. Geschätzte neun Millionen Euro müssen draufgesattelt werden für die Häuser obendrauf – geplant sind Krankenstation, Gemeindezentrum, Supermarkt und einige Dauer-Mietwohnungen. Denn Langeness ist größer als Oland, über hundert Menschen leben hier, verteilt auf mehrere Wohnhügel.

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Wie sieht die Zukunft der Halligen aus?euronews

Warften werden verstärkt

Honke Johannsen und sein 14-jähriger Sohn Tade zeigen mir den Stall mit den 50 Milchkühen, auch der natürlich oben auf einer Warft gelegen. Die Familie Johannsen ist mit dem Postschiffer von Oland ganz und gar nicht einer Meinung. Wir setzen uns an den Küchentisch. Honke und Tade betrachten die Bauzeichnungen der neuen Klimawarft, die da gerade entsteht. Sie glauben an den Fortbestand der Halligen. Und es ist ja auch etwas dran, an dem Optimismus von Vater und Sohn, es tut sich was auf Hallig Langeness, es wird investiert, gebaut, erneuert, modernisiert: Seit drei Jahren gibt es Breitband auf Langenness. Die neue Klimawarft schafft Jobs und Wohnraum. Hört sich alles gut an. Nur: Was ist mit dem Klimawandel?

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Honke Johannsen holt Luft für eine einerseits/andererseits-Antwort: „Es werden alle Warften wieder angefasst“, beginnt er. „Man hat festgestellt, dass keine Warft sturmflutsicher ist für Eventualfälle. Deshalb werden alle Warften im Laufe der nächsten Jahre weiter verstärkt.“ Die neue Klimawarft soll dafür Modell stehen. Dann fügt er hinzu, dass an Klimawandel und Meeresspiegelanstieg zwar durchaus etwas dran sei. Aber: „Der Klimawandel wird von den Medien sehr hochgepuscht, den jungen Leuten soll Angst gemacht werden damit.“

Sohn Tade ist einverstanden mit seinem Vater: „Eigentlich habe ich den Plan hierzubleiben und der Klimawandel macht mir so hier gerade keine Angst, weil man weiß: Die Warften werden ja immer höher gesetzt.“

Wir werden nicht untergehen – wir wachsen mit
Honke Johannsen
Bewohner von Langeness

Honke Johannsen will seinem Sohn Vertrauen vermitteln: „Die Halligen werden nicht untergehen. Du weißt ganz genau, die wachsen mit. Bei jeder Sturmflut kriegen wir Sedimente, kriegen wir Schlick, kriegen wir Sand auf der Hallig, wir wachsen mit, das ist nicht viel, das ist nicht mal ein Millimeter im Jahr. Aber wir werden nicht untergehen – wir wachsen mit.“

Der 14-jährige Tade pflichtet ihm bei, denn das „Hallig-Wachstum“ hat er bereits mit eigenen Augen beobachtet: „Im Sommer bin ich oft mit Freunden im Watt unterwegs - und da kriegt man das auch so ein bisschen mit, dass die Hallig wächst – und überall was dazukommt, da sind da mal kleine grüne Inseln, die wächst einfach mit.“

Wann kommt der Kipppunkt?

Nun gut, der Satz stimmt, Tade und Honke auf Langeness haben Recht: Ja, die Halligen wachsen mit – etwas. Allerdings hat Postschiffer Petersen auf Oland ebenfalls Recht: Nein, die Halligen wachsen nicht mehr mit, wenn der Meeresspiegel zu schnell steigt. Hinzu kommt, jede einzelne Hallig hat ihre eigene Sediment-Bilanz, einige wachsen stärker mit (so wie Oland), andere weniger – bei einigen ist „Nullwachstum“ angesagt… Die Frage ist auch nicht, ob die Halligen wachsen. Die Frage ist vielmehr, wann der Kipppunkt erreicht ist, an dem die Halligen zu schrumpfen beginnen.

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Deshalb hat die schleswig-holsteinische Landesregierung einen Plan erstellt, die Wattenmeerstrategie 2100. Fest steht: das Wattenmeer WIRD sich verändern. Frage ist nur: wie rasch? Noch hantieren UN-Klimarat und Wissenschaftler mit unterschiedlichen Szenarien, mit etwas mehr oder weniger schlimmen Verläufen, mit langsamen und rascheren Temperaturanstiegen… Nur, wie man es auch dreht und wendet, das Wasser steigt… Um den „Untergang“ mittelfristig zu verzögern, könnten Sandaufspülungen helfen. In den Niederlanden hat man damit bereits solide Erfahrungen gewonnen, auch vor Sylt.

Aber auf lange Sicht? Postschiffer Petersen sieht schwarz: „Auf lange Sicht würde ich evakuieren, eindeutig. - Man kann wirklich davon ausgehen, dass wir hier, die Halligen, überhaupt unser ganzes Gebiet, die Ersten sein werden, die untergehen, die verschwinden werden von der Landkarte. Wir werden die Ersten sein, die in Europa nicht mehr existieren werden - aufgrund des Klimawandels.“

Lesenswerte Seiten und Artikel zu diesem Themenbereich:

https://www.unesco.de/kultur-und-natur/biosphaerenreservate/biosphaerenreservate-deutschland/unesco-biosphaerenreservat-3

https://www.nationalpark-wattenmeer.de/mediathek/strategie-fuer-das-wattenmeer-2100/

https://www.norddeutscher-klimaatlas.de/klimaatlas/2071-2100/jahr/durchschnittliche-temperatur/norddeutschland/mittlereanderung.html

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https://www.shz.de/lokales/husumer-nachrichten/johann-petersen-ist-der-neue-hallig-postschiffer-id8587501.html

https://www.tagesschau.de/inland/mittendrin/mittendrin-langeness-klimawandel-101.html

Nachtrag

Zurück in der Redaktion muss erst einmal das Material gründlich überholt werden, das Stativ hat einen Knacks abbekommen, ein Mikrofonhalter muss erneuert werden, mit den GoPro-Batterien gab es ebenfalls Probleme... Mit meinem Kollegen Francois spreche ich den Schnittplan durch, im Prinzip ist er mit meinem Vorschlag einverstanden, erste Hälfte Frankreich, zweite Hälfte Deutschland. Es gibt einiges Hin und Her mit der Graphik-Abteilung, auch die Suche nach passender Musik braucht Zeit. Nur gut, dass die Chefredaktion flexibel ist, ursprünglich war eine Zehnminuten-Sendung geplant, jetzt verdoppeln wir kurzerhand die Sendezeit. Im Rückblick denke ich: Das war die richtige Entscheidung. Die Menschen, die ich während dieser anstrengenden Dreh-Woche in Frankreich und Deutschland getroffen habe, tragen Hoffnungen und Sorgen mit sich, die Gehör finden sollten.

Cutter • Francois Rudolf

Weitere Quellen • MoJoKamera: Hans von der Brelie; Drohnenpiloten: Bruno Ballandonne, Nicolas Maillard; Grafiken: Domenico Spano, Matthieu Michaillat, Thierry Lapras; Produktion: Géraldine Mouquet, Produktionsleitung: Sophie Claudet; Besonderen Dank an Leo & Adam

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