Sie kannten sich vorher nicht, doch der Krieg hat sie zusammengeschweißt: Im völlig zerstörten Irpin feiern Überlebende gemeinsam orthodoxe Ostern. Das Fest gebe ihnen "Hoffnung auf einen Sieg des Guten".
Eine Osterzeremonie in Kiew mitten im Krieg: Eigentlich war der Bevölkerung davon abgeraten worden, das orthodoxe Fest öffentlich zu feiern, denn Russland setzt seine Raketenangriffe mit unverminderter Härte fort.
Doch viele Menschen wollen sich das Feiern gerade jetzt nicht nehmen lassen – für sie ein Funken Trost und Hoffnung inmitten des Chaos.
In Irpin am Rande von Kiew hat Russlands Armee besonders rücksichtslos gewütet. Die kleine Vorstadt ist zu einem Symbol der Zerstörung geworden.
Wir werden hier sehr freundlich empfangen. Die Bewohnerinnen und Bewohner laden uns zum Essen ein. Sie leben im Keller – ohne Wasser und Strom. Der Gestank in den verwüsteten Gebäuden ist unerträglich.
Die Bewohner:innen begleiten uns zu einem Massengrab. Mehrere Menschen im Viertel wurden von russischen Soldaten aus nächster Nähe erschossen.
"Hier sind sechs Personen begraben", erklärt uns Sascha. Er selbst ist von den russischen Truppen gefoltert worden und nur knapp dem Tod entgangen. Im Viertel ist er sehr beliebt, denn fast nichts kann seinen unbändigen Optimismus trüben.
Am Ostertisch erzählt er einen Witz nach dem anderen und erklärt, wie wichtig ihm die Geheimschaft der Überlebenden ist: "Ich spüre die Wärme hier in dieser Gruppe. Wir kannten uns vor dem Krieg nicht. Und jetzt sind wir zu Freunden geworden, wir helfen und unterstützen uns gegenseitig, wo wir nur können. Wir sind wie eine Familie."
Auch Natalia gehört zu der kleinen Ostergesellschaft. Sie erklärt uns, warum ihr das Fest dieses Jahr besonders wichtig ist: "Ostern steht für die Auferstehung. Und so ähnlich fühlt es sich dieses Jahr auch für uns an: Wir waren so gut wie tot und jetzt langsam erwachen wir wieder zum Leben.“
So sieht es auch ihre Freundin Inna. „Ostern bedeutet für mich den Sieg des Guten über das Böse. Und dieses Jahr steht das wirklich symbolisch für das, auf was wir hoffen. Nämlich, dass das Gute gewinnt, dass die Ukraine in diesem Krieg gewinnt, und das Gute siegen wird", sagt Inna.
Am Ende stoßen alle gemeinsam an. "Auf den Sieg", rufen sie, während in der Ferne die Sirenen heulen.