Ukrainische Judoka boykottieren Meisterschaften in Katar

Der russische Präsident Wladimir Putin besucht eine Trainingseinheit der Judo-Nationalmannschaft in Sotschi, Russland, 2019
Der russische Präsident Wladimir Putin besucht eine Trainingseinheit der Judo-Nationalmannschaft in Sotschi, Russland, 2019 Copyright Mikhail Klimentyev/Sputnik
Copyright Mikhail Klimentyev/Sputnik
Von euronews
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Laut dem Judo-Verband IJF dürfen Russen und Belarussen als "Neutrale" antreten, also nicht ihr Land vertreten. Allerdings werde jeder Sportler und jede Sportlerin individuell überprüft. Mehrere Athleten wurde bereits ausgeschlossen.

WERBUNG

Die ukrainischen Judoka haben angekündigt, dass sie die nächste Woche in Katar beginnenden Weltmeisterschaften aus Protest gegen die Teilnahme russischer und belarussischer Sportler boykottieren werden. 

"Wir haben uns darauf vorbereitet, wir wussten, dass das passieren könnte. Aber bis zuletzt haben wir erwartet, dass der gesunde Menschenverstand sich durchsetzen würde. Aber nein. Am 28. April, wenige Stunden vor Ablauf der Anmeldefrist, erschien auf der IJF-Website die Meldung, dass der Verband Russen und Belarussen zu allen Wettkämpfen als neutrale Sportler zulässt. Sogenannte "neutrale" Athleten."

Witaliy Dybrova, Cheftrainer des ukrainischen Judo-Teams

Laut Internationalem Judo-Verband wird ein unabhängiges Gremium Hintergrundchecks durchführen und die Social-Media-Konten der Athleten überwachen. Jeder, der die russische Invasion in der Ukraine unterstützt, werde ausgeschlossen, so der Dachverband. Acht Athleten der russischen Mannschaft wurde die Zulassung zu den Weltmeisterschaften in Doha verweigert.

"Es wurde eine Überwachungskommission eingerichtet, die ihre sozialen Netzwerke daraufhin überwacht, dass sie nicht in irgendwelche Machtstrukturen verwickelt sind und nicht für die "Militärische Spezialoperation" werben. Und innerhalb von 20 Minuten erschien die Anmeldung der neutralen Athleten für die Weltmeisterschaft."

Witaliy Dybrova, Cheftrainer des ukrainischen Judo-Teams

Der ukrainische Verband kritisiert die Zulassung auch, da nach den Statuten nur Judokas aus den Top-100 der Weltrangliste oder den ersten 16 der europäischen Rangliste zugelassen sind. Im belarusssichen Team aber sind anegblich die Ranglistenplätze 175 und 305 gesetzt. Von 18 russischen Atlethen sind angeblich 15 mit den Sicherheitskräften CSKA, den Streitkräften oder der Roshvardiya verbunden.

Die Ukraine hatte 14 Judoka im Team für die Weltmeisterschaft - mit der 2-fachen Weltmeisterin und Olympiamedaillengewinnerin Daria Bilodid, Europameister Bohdan Ladov  und der letztjährigen Bronzemedaillengewinnerin Yelyzaveta Lytvynenko.

Das IOC überlässt die Zulassung den einzelnen Verbänden

Das Internationale Olympische Komitee hat die Rückkehr von Sportlern und Sportlerinnen aus Russland und Belarus unter bestimmten Bedingungen zu internationalen Wettkämpfen empfohlen. Die Weltsportverbände müssen angesichts des anhaltenden Angriffskriegs darüber entscheiden und begutachten, ob die IOC-Kriterien bei der Athleten-Prüfung erfüllt werden. Zu den IOC-Bedingungen zählen strikte Neutralität, die Einhaltung des Anti-Doping-Codes und der Nachweis, den Krieg nicht aktiv zu unterstützen. Wer dem Militär angehört, bleibt ebenso ausgeschlossen wie Mannschaften. 

Position der Verbände der Sommersportarten auf dem Weg zu Olympia 2024

  • Badminton: Der Badminton-Weltverband will auch weiterhin russische und belarussische Sportlerinnen und Sportler von seinen Turnieren ausschließen. Das würde auch die Olympia-Ausscheidung betreffen, die Anfang Mai beginnt. 
  • Basketball: Der Weltverband hat entschieden, die Männer-Nationalmannschaft Russlands und Belarus von der Olympia-Qualifikation auszuschließen. Es qualifizieren sich zwölf Teams für Paris, sieben davon über die Weltmeisterschaften in Japan, Indonesien und den Philippinen im Sommer.
  • Bogenschießen: Aktuell dürfen die Russen und Belarussen weder im Weltcup noch bei Olympia-Qualifikationen starten. Der Weltverband unter Leitung des türkischen Präsidenten Ugur Erdener hat aber zugestimmt, einen Zeitplan für die Rückkehr dieser Athleten unter Berücksichtigung der IOC-Empfehlung aufzusetzen.
  • Boxen: Beim Amateurbox-Weltverband dürfen russische und belarussische Boxer sogar unter ihrer Nationalflagge starten. Auch deshalb hatten etliche Nationen die letzte WM boykottiert. Ein neuer und von Russland finanziell unabhängiger Weltverband («World Boxing») stellt sich derzeit auf und wartet auf IOC-Anerkennung.
  • Breakdance: Der neue Olympia-Sport ist populär in Russland. Ob die Sportler des Landes aber die Chance zur Qualifikation für die Spiele erhalten, ist laut der Vereinigung Global Athlete derzeit noch offen.
  • Fechten: Fechter aus Russland und Belarus dürfen an der Olympia-Qualifikation teilnehmen. Teams der Länder dürfen nicht an den Start gehen. Nach der Pro-Russland-Entscheidung des Weltverbands noch vor der IOC-Empfehlung wurden einige Weltcups in westlichen Ländern zurückgegeben, hunderte Fechter protestierten dagegen. In Deutschland finden in dieser Saison keine Weltcup-Veranstaltungstatt. 
  • Fußball: Die europäischen Tickets werden bei der U21-Europameisterschaft in diesem Sommer vergeben, für die Russland und Belarus nicht qualifiziert sind.
  • Gewichtheben: Eine Entscheidung des Weltverbands zur Russland-Rückkehr steht noch aus. Um eine Olympia-Chance zu haben, müssen die Gewichtheber an fünf von sieben Qualifikationswettkämpfen teilnehmen.
  • Golf: 2022 sprach der Weltverband einen Bann für russische und belarussische Golfer aus. Russische Spitzen-Golfer gibt es aber auf den verschiedenen Profi-Touren ohnehin nicht. 
  • Handball: Sowohl die Internationale Handball-Föderation als auch der Europa-Verband haben beide Nationen von allen Wettbewerben ausgeschlossen. Russland und Belarus fehlten somit bei der diesjährigen WM und werden auch bei der EM 2024 in Deutschland nicht dabei sein.
  • Hockey: Russische Hockey-Teams dürfen nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen. Der europäische Verband EHF hat nach Kriegsbeginn und auf Empfehlung des IOC entschieden, russische Athleten und Funktionäre von allen EHF-Veranstaltungen auszuschließen. Damit ist die Olympia-Qualifikation über die EM nicht möglich.
  • Kanu: Der Weltverband mit seinem deutschen Präsidenten Thomas Konietzko will einzelne neutrale Athleten aus Russland und Belarus nach einer Überprüfung zulassen. Dies soll ein unabhängiges Gremium begutachten. 
  • Leichtathletik: Der Weltverband bleibt ungeachtet der IOC-Empfehlung bei seiner Ablehnung einer Wiederzulassung von Sportlern aus Russland und Belarus. Bis auf Weiteres dürfen sie nicht an Meetings und Titelkämpfen unter seiner Regie teilnehmen. Der europäische Verband EAA hat sich auch für einen weiteren Ausschluss entschieden. 
  • Moderner Fünfkampf: Der Weltverband UIPM hat seine volle Unterstützung für die Russen-Rückkehr ausgedrückt. Offen ist der Zeitpunkt der Rückkehr. Eine Kommission soll festlegen, wie die IOC-Kriterien überprüft werden können.
  • Pferdesport: Der Weltverband hat sich gegen die Wiederkehr positioniert und dies damit begründet, die Neutralität russischer und belarussischer Sportler «fair und objektiv» bewerten zu können. Zudem stellte der Verband fest, dass Neutralität «zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausreichend zufriedenstellend definiert werden» könne.
  • Radsport: Im Radsport dürfen russische und belarussische Sportler, die bei ausländischen Teams unter Vertrag stehen, an Rennen teilnehmen. Bei Weltmeisterschaften sind beide Nationen außen vor. Nach der IOC-Empfehlung will der Weltverband Anfang Mai über die neue Situation beraten. Die nächste WM findet erst im August in Glasgow statt.
  • Ringen: Der Weltverband will der IOC-Empfehlung folgen und ein unabhängiges Gremium darüber entscheiden lassen, welche Athleten aus Russland und Belarus wieder zu internationalen Wettkämpfen zugelassen werden. Bei der EM in Zagreb Mitte April waren noch keine dabei. Die Olympia-Tickets für Paris 2024 werden bei der WM in Belgrad im September vergeben.
  • Rudern: Der Weltverband hat nach Konsultationen mit seinen Mitgliedsverbänden eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Sie soll Empfehlungen für die Zulassung von Ruderern aus Russland und Belarus bei WM und Weltcups für 2023 und 2024 geben.
  • Rugby: Russland ist beim Rugby außen vor. In der 15er-Version wurde das Team ebenso ausgeschlossen wie aus dem olympischen 7er-Rugby. Da für das Qualifikationsturnier in diesem Sommer Russland nicht gemeldet ist, wird Olympia 2024 nach jetzigem Stand ohne die Mannschaft stattfinden.
  • Segeln: Der Weltverband will bei seinem Halbjahrestreffen am 18. Mai eine umfassende Entscheidung über die Rückkehr russischer und belarussischer Segler treffen, die derzeit von allen Regatten ausgeschlossen sind. 
  • Schießen: Schon vor der Abwahl des russischen Oligarchen Wladimir Lissin als Weltverbandspräsident wurden die russischen und belarussischen Schützen während des Weltcups in Kairo im März 2022 ausgeschlossen. Auch die Olympia-Qualifikation findet derzeit ohne sie statt. Ein Umdenken wird unter dem neuen Präsidenten Luciano Rossi aus Italien nicht erwartet.
  • Schwimmen: Beim Schwimm-Weltverband untersucht eine Taskforce einen möglichen Weg für russische und belarussische Sportler zurück zu Wassersportveranstaltungen. Der aktuelle Ausschluss bleibt zunächst in Kraft. Die Taskforce soll im Juli Bericht erstatten.
  • Skateboard: Der Weltverband World Skate lässt Russen und Belarussen unter strikter Neutralität zu Wettkämpfen zu. Der Verband begründet die Wiedereingliederung damit, dass «Einzelne nicht aufgrund ihrer Nationalität diskriminiert werden».
  • Sportklettern: Die Suspendierung der Kletterverbände von Russland und Belarus ist weiter in Kraft. Eine Entscheidung über eine Rückkehr hat der Weltverband IFSC noch nicht getroffen. 
  • Turnen: Der Weltverband will Mitte Mai über die Rückkehr entscheiden. Wie die Kriterien aussehen könnten, ist unklar. In der Rhythmischen Sportgymnastik muss noch geklärt werden, ob die Gruppe als Team gilt. Stand jetzt sind Turner aus Russland und Belarus nicht im Team-Wettbewerb in Paris dabei. Sie durften bei der EM nicht starten und sind damit nicht für die WM im Herbst in Antwerpen qualifiziert.Dort werden die Olympia-Tickets vergeben. Sollten Russen jedoch in Asien starten können, könnte sich das ändern.
  • Taekwondo: Der Weltverband lässt Kämpfer aus Russland und Belarus als neutrale Athleten zu. Wer es nicht schafft, sich über die Top-Fünf der Weltrangliste eine Olympia-Fahrkarte zu sichern, hat bei einem europäischen Qualifikationsturnier im Frühjahr 2024 noch eine Chance.
  • Tennis: Die Spielergewerkschaften ATP und WTA lassen schon lange russische und belarussische Tennisprofis als neutrale Athleten an den Start. Kürzlich gaben auf Druck auch die Wimbledon-Veranstalter ihren Bann auf. Tennisprofis sind in der Regel finanziell nicht abhängig von staatlichen Fördersystemen und gelten aufgrund der vielen Reisen als Weltenbürger, so lautet die Argumentation. Der Weltverband lässt russische Teams im Davis Cup und Billie Jean King Cup aber noch außen vor.
  • Tischtennis: Der Weltverband unterstützt die Empfehlung des IOC. Da die Qualifikationsphase für die Einzel-WM in Durban Ende Mai bereits beendet ist, dürfen Russen und Belarussen in Südafrika aber noch nicht starten. 
  • Triathlon: Der Weltverband will Sportlern aus beiden Ländern eine Teilnahme an Wettbewerben ermöglichen, sofern sie als neutrale Athleten antreten.
  • Volleyball und Beach-Volleyball: Der Weltverband FIVB hat die IOC-Empfehlung nach eigener Aussage zur Kenntnis genommen und prüft das weitere Vorgehen. An den Olympia-Qualifikationen für die Hallen-Wettbewerbe im September und Oktober nehmen keine russischen und belarussischen Teams teil. Im Beach-Volleyball hat die Qualifikationsphase für Paris begonnen. Weltranglisten-Punkte können bei mehreren Turnieren gesammelt werden.
Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Premiere in Österreich: Erster Judo Grand Prix in Linz

Kiew wirft Moskau Angriffe auf Wohngebiete vor, um verfrühte Gegenoffensive zu provozieren

Extremsportlerin Anouk Garnier gelingt Weltrekord am Eiffelturm