Kontaminiertes Fukushima-Abwasser: IAEO will Entsorgung ins Meer erlauben

Rafael Grossi inspiziert das japanische AKW Fukushima
Rafael Grossi inspiziert das japanische AKW Fukushima Copyright Hiro Komae/Copyright 2023 The AP. All rights reserved
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Von euronews
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Die Internationale Atomenergiebehörde will japanische Pläne zur Einleitung von gereinigtem Abwasser aus dem Atomkraftwerk Fukushima ins Meer genehmigen. Vor Ort hat der Chef der IAEO, Rafael Grossi, versucht, Ängste und Sorgen zu zerstreuen.

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Der Chef der Atomenergiebehörde der Vereinten Nationen besichtigte am Mittwoch das vom Tsunami zerstörte japanische Kernkraftwerk, nachdem seine Behörde die Sicherheit des umstrittenen Plans zur Entsorgung von kontaminierten Wasser in Meer bestätigt hat. 

Rafael Grossi hat sich selbst ein Bild gemacht, wo das Wasser aufbereitet wird, bevor es mit Meerwasser um mindestens das Hundertfache verdünnt wird. Anschließend soll es einen Kilometer vor der Küste in den Pazifischen Ozean eingeleitet werden.

Die japanische Regierung ist um Glaubwürdigkeit bemüht bei dem Vorgehen, das innerhalb und außerhalb Japans auf anhaltenden Widerstand stößt.

Grossi nahm an einem Treffen von Regierungsbeamten, örtlichen Bürgermeistern und Leitern von Fischerei- und Bauernverbänden teil und betonte die ständige Präsenz seiner Behörde während der gesamten Dauer der Wassereinleitung, um die Sicherheit zu gewährleisten und auf die Bedenken der Anwohner einzugehen.

"Was hier geschieht, ist nichts Außergewöhnliches, kein seltsamer Plan, der nur entwickelt wurde, um hier angewendet und Ihnen verkauft zu werden", sagte Grossi in seiner ede, "Dies ist, wie von der IAEO bestätigt, die allgemeine Praxis, die an vielen, vielen Orten auf der ganzen Welt vereinbart und eingehalten wird."

"Wir werden noch jahrzehntelang hier bei Ihnen sein, bis der letzte Tropfen des Wassers, das sich um den Reaktor angesammelt hat, sicher abgeleitet ist", fügte er hinzu.

Die IAEO kam in ihrem Abschlussbericht zu dem Schluss, dass der Plan zur Ableitung des Abwassers, das zwar erheblich verdünnt würde, aber immer noch etwas Radioaktivität enthielte - internationalen Standards entspricht und seine Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit zu vernachlässigen wären. 

Lokale Fischereiorganisationen lehnen den Plan ab, weil sie befürchten, dass ihr Ruf geschädigt wird, selbst wenn ihr Fang nicht kontaminiert ist. Auch Gruppen in Südkorea, China und einigen pazifischen Inselstaaten sind aus Sicherheits- oder politischen Gründen dagegen.

Fukushimas Fischereiverband verabschiedete eine Resolution und bekräftigte seine Ablehnung des Plans zur Einleitung von behandeltem Wasser.

Um den Bedenken über die Auswirkungen des behandelten Wassers auf Fische und die Meeresumwelt Rechnung zu tragen, unterzeichneten Grossi und Kobayakawa eine Vereinbarung über ein gemeinsames Projekt, um herauszufinden, ob und wie sich Tritium, das einzige Radionuklid, das nach offiziellen Angaben nicht entfernt werden kann, auf das Meeresleben auswirkt.

Ein großer Teil des Abwassers aus Fukushima enthält Cäsium und andere Radionuklide, wird aber weiter gefiltert, bis die internationalen Standards für alle Radionuklide außer Tritium unterschritten seien.

Ein massives Erdbeben mit folgendem Tsunami zerstörte am 11. März 2011 die Kühlsysteme des Kernkraftwerks Fukushima Daiichi, brachte drei Reaktoren zum Schmelzen und kontaminierte deren Kühl- und Löschwasser.

Das Wasser wurde aufgefangen, aufbereitet und in rund 1 000 Tanks gelagert, die Anfang 2024 ihr maximales Fassungsvermögen erreichen werden. Die Regierung und der Betreiber des Kraftwerks erklären, das Wasser müsse entsorgt werden, um versehentliche Lecks zu verhindern und Platz für die Stilllegung des Kraftwerks zu schaffen.

Es wird erwartet, dass TEPCO in den kommenden Tagen die Genehmigung für die Einleitung erhält. Das Unternehmen könnte dann jederzeit mit der schrittweisen Einleitung des Wassers beginnen, da der Starttermin aufgrund von Protesten im In- und Ausland noch nicht feststeht.

Anrainerstaaten bleiben besorgt - und kritisieren Japan

Südkoreanische Beamte meinen, es sei höchst unwahrscheinlich, dass Wasser mit riskanten Kontaminationswerten ins Meer gepumpt werde. Südkorea werde trotzdem die strengen Kontrollen der aus Japan importierten Meeresfrüchte beibehalten. Es gäbe keine Pläne, das Importverbot für Meeresfrüchte aus der Region Fukushima aufzuheben.

China bekräftigte seine Einwände - der IAEO-Bericht spiegele nicht alle Ansichten wider, und beschuldigte Japan, den Pazifischen Ozean wie eine Kloake zu behandeln.

"Wir fordern die japanische Seite erneut auf, ihren Plan zur Einleitung in den Ozean zu stoppen und das nuklear verseuchte Wasser ernsthaft auf eine wissenschaftlich fundierte, sichere und transparente Weise zu entsorgen. Wenn Japan darauf besteht, den Plan fortzusetzen, wird es alle sich daraus ergebenden Konsequenzen zu tragen haben", so das chinesische Außenministerium in der Erklärung.

Laut Grossi ist die Behandlung, Verdünnung und allmähliche Freigabe des Abwassers eine bewährte Methode, die in anderen Ländern - darunter China, Südkorea, die Vereinigten Staaten und Frankreich - weit verbreitet ist, um Wasser mit bestimmten Radionukliden aus Kernkraftwerken zu entsorgen.

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Einige Wissenschaftler sind der Meinung, dass die Auswirkungen einer langfristigen Exposition gegenüber Radionukliden in geringer Dosis noch nicht bekannt sind, und plädieren für eine Verzögerung der Einleitung. Andere halten den Ableitungsplan für sicher, fordern aber mehr Transparenz bei Probenahme und Überwachung.

Es wird erwartet, dass Grossi nach seinem Besuch in Japan auch Südkorea, Neuseeland und die Cookinseln besuchen wird, um die dortigen Bedenken zu zerstreuen.

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