Erfüllen sich die großen Erwartungen der polnischen LGBTQ+ Community?

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Von Julián López GOMEZ
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Polen gehört zu den Ländern der Europäischen Union mit der geringsten Gleichberechtigungsquote. Die neue liberale Regierung hat versprochen, die Situation zu verbessern. Aktivisten befürchten jedoch, dass grundlegende Fragen wie die Diskriminierung von LGBT keine Priorität haben werden.

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Euronews-Reporter Julián López ist in die polnische Hauptstadt Warschau gereist, um sich ein Bild von den Erwartungen und Ängsten der Menschen zu machen - und von den Schwierigkeiten, die erklären, warum wichtige Gesetzesänderungen noch auf sich warten lassen.

Das Land ist das Schlusslicht in der EU, wenn es um die vollständige Gleichstellung der LGBT-Gemeinschaft in Bezug auf die Achtung der Menschenrechte geht. Polen hat auch eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze in der EU.

Die neue liberale Regierung, eine breite Koalition, hat Reformen in beiden Bereichen sowie Fortschritte bei den Frauenrechten versprochen.

Doch der Weg der Gesetzgebung scheint lang und voller Hindernisse zu sein, mit weitreichenden Folgen für viele. Der Reporter traf die Verlegerin Elżbieta und die Schriftstellerin Renata nur wenige Stunden vor ihrer Reise nach Dänemark, wo sie heiraten wollten. Ihre Ehe wird in ihrer Heimat keine rechtliche Bedeutung haben.

"Wir würden natürlich lieber in Polen heiraten, aber das ist nach wie vor unmöglich. Wir sind seit etwa 30 Jahren zusammen. Es gibt viele heterosexuelle Ehen, die nicht so lange halten. Und in Polen ist es immer noch unmöglich, unsere Beziehung anzuerkennen, nicht einmal als Lebenspartnerschaft", sagt Renata.

Aktiv werden gegen Hassreden

Neben gleichen Rechten für die Ehe wünscht sich die polnische LGBT-Gemeinschaft, dass die neue Regierung dringend gegen Hassreden vorgeht.

Anna Mazurczak, die als Anwältin bei der ältesten und größten NGO des Landes zum Schutz des Kollektivs arbeitet, sagte: "Man kann über die LGBTI-Gemeinschaft sagen, was man will, und wird nicht bestraft. Wenn man aber genau die gleichen Worte sagt, etwas Verhetzendes gegen religiöse, ethnische und nationale Minderheiten, dann ist das eine Straftat. Die Regierung hat sich darauf geeinigt, dass wir das Strafgesetzbuch ändern sollten, um homophobe und transphobe Hassreden unter Strafe zu stellen. Und sie haben einen Gesetzesentwurf vorbereitet, der aber noch in Bearbeitung ist".

Dieser Prozess wird durch eine starke soziale Polarisierung behindert.

Bei einem Spaziergang durch Warschau wird der Reporter Zeuge kleinerer Demonstrationen gegen die Pläne der verschiedenen Regierungen, einschließlich ihrer Sozialagenda.

"Sie können zu Hause machen, was sie wollen, ich schaue nicht in ihr Bett", sagte uns ein Mann, der stundenlang mit großen Plakaten gegen Homosexualität und andere Themen demonstrierte. "Aber ich bin nicht damit einverstanden, dass man sein eigenes Bett in öffentliche Räume stellt. Das ist gleichbedeutend mit der Verderbnis von Kindern. Für mich ist Homosexualität als eine Krankheit, die nicht gefördert werden sollte."

Hitzige politische Debatte

Die politische Debatte ist ebenso hitzig und verspricht einen langen und verschlungenen Gesetzgebungsweg für jede Reform. Die Opposition will den Status quo nicht verändern. Und selbst in der breiten, heterogenen Koalition, die die Regierung trägt, sind viele Abgeordnete konservativ eingestellt und zögern, sich auf tiefgreifende Reformen einzulassen. Polens Präsident Andrzej Duda von der ultrakonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) kann gegen jedes Gesetz sein Veto einlegen.

Nun wurde ein neues Gesetz zur Regelung der sogenannten Lebenspartnerschaften angekündigt. Es wird derzeit im Parlament beraten. Die Regierung hat versprochen, das Projekt voranzutreiben, doch für Paare wie Aleksandra und Karolina, Mütter von zwei Kindern im Alter von fünf und zwei Jahren, geht der vorliegende Entwurf nicht weit genug. "Als gleichgeschlechtliche Paare geht es uns nicht nur um eine rechtliche Partnerschaft. Uns geht es um Gleichberechtigung", so ihr Fazit.

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