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60 Jahre deutsch-israelische Beziehungen: Vorsichtige Kritik an Gaza-Blockade

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den israelischen Präsidenten Isaac Herzog empfangen. Berlin, 12. Mai 2025.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den israelischen Präsidenten Isaac Herzog empfangen. Berlin, 12. Mai 2025. Copyright  AP Photo
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Von Euronews
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60 Jahre deutsch-israelische Beziehungen feiern Bundespräsident Steinmeier und Amtskollege Herzog in Berlin. Ein vorsichtiges Jubiläum: Außenminister Wadephul übt Kritik an der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen.

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"Dieser Besuch ist ein ganz besonderer. Vor genau 60 Jahren haben Deutschland und Israel diplomatische Beziehungen aufgenommen", so Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beim Empfang des israelischen Präsidenten Isaac Herzog am Montagvormittag in Berlin.

Es ist der Beginn eines dreitägigen Doppelbesuchs in Berlin und Tel Aviv. "Wir würdigen mit diesem Doppelbesuch nicht nur das Jubiläum, sondern die einzigartige Bedeutung der Beziehungen zwischen Deutschland und Israel", so Steinmeier in seiner Begrüßungsrede.

In der schwierigen Gegewart möchte er das starke Fundament der Beziehungen sichtbar machen, sagte er. Deutschland stehe fest an der Seite Israels. Es bekräftigte das Recht Israels auf Selbstverteidigung bei gleichzeitiger Forderung nach Wahrung des Völkerrechts.

Frank-Walter Steinmeier hat den israelischen Präsidenten Isaac Herzog in Berlin empfangen, 12. Mai 2025.
Frank-Walter Steinmeier hat den israelischen Präsidenten Isaac Herzog in Berlin empfangen, 12. Mai 2025. AP Photo

An Herzog gewandt, bat Steinmeier um die Aufhebung der Blockade für Hilfsgüter. Der Schutz der Zivilbevölkerung dürfe nicht ausgehebelt werden. Er dringt auf die Beilegung des Konfliktes mithilfe der Nachbarländer. "Ich habe die Hoffnung auf ein starkes, demokratisches Israel".

Damit die Palästinenser in Gaza eine Zukunft haben, dürfe niemand gezwungen werden, das Land zu verlassen, die israelischen Soldaten dürften nicht langfristig dort bleiben, betonte der neue Bundesaußenminister. Unverblümter formuliert: Deutschland muss sichergehen, dass es keine ethnischen Säuberungen und keine dauerhafte Besatzung des Gazastreifens gebe, heißt es auch in einem Bericht des Bundespräsidialamts.

Der israelische Präsident Herzog insistierte auf der Freilassung der israelischen Geiseln. Israel sei stolz auf das Bündnis mit Deutschland und schätze "die tiefe Freundschaft und den deutschen Beitrag zu Israels Sicherheit und Wohlstand sehr". 

Anschließend besuchten die Präsidenten den deutsch-israelischen Jugendkongress in Berlin.

Wadephul in Israel: "Ehrliche und sorgenvolle Worte"

Am Wochenende zuvor war Außenminister Johann Wadephul in Israel eingetroffen und hatte Außenminister Gideon Sa'ar sowie Ministerpräsident Benjamin Netanjahu getroffen. In Ramallah sprach er anschließend mit dem Ministerpräsidenten der Palästinensischen Behörde, Mohammed Mustafa.

Bei seinem ersten Termin hatte er bereits klargestellt: Er will beide Seiten kennenlernen, ihnen zuhören, von ihnen lernen. Nach dem Duo Olaf Scholz und Annalena Baerbock, die oft unterschiedliche Positionen vertraten und dies auch öffentlich kommunizierten, soll deutsche Einheit in der künftigen Außenpolitik demonstriert werden. Wadephul hatte sich vor der Reise mit Parteikollege und Bundeskanzler Friedrich Merz abgesprochen.

Außenminister Johann Wadephul legte in Yad Vashem in Jerusalem einen Kranz zur Erinnerung nieder. 11. Mai 2025.
Außenminister Johann Wadephul legte in Yad Vashem in Jerusalem einen Kranz zur Erinnerung nieder. 11. Mai 2025. AP Photo

Wadephul will deutlich machen, dass Deutschland zu seinem Bekenntnis steht: Existenz und Sicherheit Israels seien auch für die neue Bundesregierung Staatsräson.

Diese bedeute nicht, so der neue deutsche Außenminister, dass Kritik am Verhalten von Personen des öffentlichen Lebens verboten wäre, sagte er. Es gebe gelegentlich öffentliche Stimmen, die das nahelegen würden. Jede noch so berechtigte Kritik dürfe aber niemals zu Antisemitismus führen.

Der deutsche Außenminister sicherte dem Land Unterstützung "gegen den Terror von Hamas, Hisbollah oder Huthis" zu. Er kritisierte allerdings die geplante Militäroffensive gegen die Hamas im Gazastreifen.

Er erlaube sich "ein paar ehrliche und sorgenvolle Worte", so Wadephul. "Ich bin nicht sicher, ob so alle strategischen Ziele Israels erreicht werden können und dies langfristig der Sicherheit Israels dient."

Wadephul plädierte für Verhandlungen über die Gründung eines palästinensischen Staates und verurteilt das "Vorantreiben eines völkerrechtswidrigen Siedlungsbaus". Er warnte aber auch vor der vorzeitigen Anerkennung eines Palästinenserstaats.

Während die deutsche außenpolitischen Beziehungen mit Israel in der Sache ähnlich bleiben, stimmte Wadephul einen freundlicheren, jedoch bestimmten Ton als seine Vorgängerin Annalena Baerbock an.

Merz: Rechtliche Lösung zum Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Netanjahu

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hatte Ende vergangenen Jahres Haftbefehl gegen Netanjahu erlassen. Alle Mitglieder des Vertrags des IStGHs sind theoretisch verpflichtet, Verdächtige festzunehmen, gegen die ein Haftbefehl vorliegt, wenn sie ihren Boden betreten.

In einer Presseerklärung zu seiner Reise nach Israel bezog Wadephul Stellung: Das Bekenntnis zur Sicherheit Israels als Staatsräson müsse man neu interpretieren, und zwar "immer im Lichte unserer Geschichte und der internationalen Rechtsordnung, der wir besonders verpflichtet sind".

Friedrich Merz sagte hingegen, man werde für den Fall einer Einreise Netanjahus eine juristische Lösung finden. Als Vertragsstaat des Internationalen Strafgerichtshofs müsste Deutschland Netanjahu eigentlich festnehmen, wenn er einreisen sollte. Tut es das nicht, würde die Regierung ihr Bekenntnis zum Völkerrecht infrage stellen.

Deutschland ist hin- und hergerissen zwischen seiner unerschütterlichen Unterstützung für den Strafgerichtshof und seiner historischen Verantwortung gegenüber Israel. Die Bundesregierung fordert die israelische Regierung Netanjahu regelmäßig auf, sich in ihrem Vorgehen im palästinensischen Gazastreifen zu mäßigen, die Zivilbevölkerung zu schützen und das Völkerrecht zu achten.

Aufnahme der politischen Beziehungen 1965

Durch Bundeskanzler Ludwig Erhard und den israelischen Ministerpräsidenten Levi Eschkol hatten beide Länder am 12. Mai 1965 den Beginn diplomatischer Beziehungen vereinbart. Vorausgegangen war damals eine schrittweise Annäherung beider Staaten über zivile Organisationen. Das Verhältnis beider Länder ist durch den Holocaust, die Ermordung von rund sechs Millionen Juden durch deutsche Nationalsozialisten, extrem vorbelastet.

Neben diplomatischen Beziehungen hat dann ein Austausch auf politischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene das Verhältnis zwischen Deutschland und Israel gestärkt. Auch ein reger Jugendaustausch sowie mehr als 100 Städtepartnerschaften hat die Beziehungen gefestigt. Israel nennt Deutschland heute seinen zweitwichtigsten strategischen Partner in der Welt nach den USA.

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