Altkanzlerin Angela Merkel kritisiert das Vorgehen ihrer eigenen Partei: Jeder an der Grenze habe das Recht auf ein Asylverfahren. Innenminister Dobrindt hatte die Zurückweisungen an den deutschen Grenzen verstärkt.
Wer an der Grenze "Asyl" sage, müsse ein Verfahren bekommen, so Altkanzlerin Angela Merkel in einer Sendung für den öffentlich-rechtlichen Sender ARD. Merkel distanzierte sich von der Praxis des Innenministeriums. Dieses hatte unter der neuen Regierung aus Union und SPD Zurückweisungen an den Grenzen eingesetzt.
"Wenn jemand hier an der deutschen Grenze sagt 'Asyl', dann muss er erst mal ein Verfahren bekommen. Meinetwegen direkt an der Grenze, aber ein Verfahren", so Merkel bei einem Treffen mit ehemaligen Flüchtlingen. So habe sie das europäische Recht verstanden, erklärte sie weiter.
Die Zahl der irregulären Migration müsse reduziert werden, gesteht Angela Merkel ein, die im Jahr 2015 Kanzlerin war. "Trotzdem müssen wir auch unsere Werte weiter vertrete", sagte die Merkel.
Im Jahr 2015 erlebte Deutschland eine starke Zuwanderung. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verzeichnete einen Anstieg der Asylanträge um 135 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Es gab 672.000 mehr Zuzüge.
Innenministerium hält an Zurückweisungen an Grenzen fest
Das Innenministerium stand bereits aufgrund der Zurückweisung von drei Somaliern an der Grenze in der Kritik. Die Geflüchteten waren über Polen nach Deutschland eingereist. Anschließend wurden sie des Landes verwiesen.
Durch eine Klage urteilte das Berliner Verwaltungsgericht jedoch, dass die Zurückweisung rechtswidrig gewesen ist. Die Kontrolle am ersten Bahnhof hinter der Grenze sei nicht mit dem Recht vereinbar. Trotz des Urteils hält das unionsgeführte Innenministerium an der Praxis. Der Fall der drei Somalier sei eine Einzelfallentscheidung gewesen.
"Wir setzen die migrationspolitische Überschrift für diese Legislatur. Humanität und Ordnung heißt, den Zuzug nach Deutschland gleichermaßen zu steuern und zu begrenzen", sagte der Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) im Bundestag.
"Die Einführung der Turboeinbürgerung hat die Polarisierung in unserem Land vorangetrieben - und deswegen schaffen wir sie wieder ab", erklärte der Unionspolitiker. „Aber tatsächlich haben sich die Zeiten natürlich verändert.“ Man müsse „mehr zu Ordnung, mehr zu Steuerung und vor allem zur Begrenzung von Migration tun“.
Die ehemalige Kanzlerin warnte auch davor, sich von der AfD treiben zu lassen - insbesondere im Hinblick auf die Migrationspolitik.
"Ich kann nicht immer nur über die AfD sprechen und deren Tagesordnung aufnehmen", kritisierte die CDU-Politikerin. "Sondern ich muss auch die Tagesordnung aufnehmen von all denen, die sagen: Ja, wir müssen die Zahl der illegalen Migration reduzieren, aber wir müssen trotzdem auch unsere Werte weiter vertreten", sagte sie.