Seenotrettungsorganisationen bekommen vom deutschen Staat keine Gelder mehr, so das Auswärtige Amt. Der Haushaltsplan für 2025 sieht keine Mittel mehr vor. Die betroffenen NGOs sehen dies als "fatales Signal".
Organisationen, die sich in der Seenotrettung für das Überleben von Geflüchteten auf den Meeren einsetzen, werden nicht mehr weiter vom Bund gefördert. Das Auswärtige Amt gab am Mittwoch bekannt, dass keine Mittel dafür im Haushalt 2025 vorgesehen sind.
Die politischen Reaktionen gehen stark auseinander: CDU-Politiker begrüßten den Schritt, einige der Grünen betonen die "humanitäre Pflicht" und die betroffenen NGOs warnen vor einem gefährlichen Signal.
"Die Bundesregierung plant keine weitere finanzielle Förderung von Nichtregierungsorganisationen der zivilen Seenotrettung", heißt es in einer Mitteilung des Auswärtigen Amts.
Die staatlichen Gelder wurden für die Kosten von Treibstoff, Liegegebühren sowei das Personal an Bord und Land verwendet. Dadurch konnten die Rettungsschiffe nach eigenen Angaben im Einsatzgebiet präsent bleiben.
2024: zwei Millionen Euro für zivile Seenotrettung
Zivile Seenotrettungsorganisationen im Mittelmeer und anderen Regionen sind auf finanzielle Förderung angewiesen. Im ersten Quartal des Jahres 2024 bekamen diverse Einrichtungen rund 900.000 Euro Fördergelder vom Bund.
Insgesamt beliefen sich die Fördergelder im ganzen Jahr auf etwa zwei Millionen Euro. Der Fördermechanismus war unter der ehemaligen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) eingeführt worden. Seit 2022 wurde beispielsweise die Organisation Sea Eye aus Regensburg mit staatlichen Mitteln gefördert.
Der jetzige Außenminister Johann Wadephul hat dies bereits damals schon kritisiert. Durch die Förderung würde das illegale Schleppersystem indirekt weiterbelebt werden.
"Faktisch, wenn natürlich auch ungewollt, ermöglichen die Rettungsorganisationen den menschenverachtenden Schleuserbanden deren Geschäft", sagte Wadephul im Jahr 2023. Für ihn dürfte dafür kein deutsches Steuergeld verwendet werden.
Nachweise für die angebliche Zusammenarbeit zwischen Seenotrettung und Schleusern gibt es nicht, die Organisationen wiesen den Vorwurf immer wieder zurück. Eine Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) aus dem Jahr 2023 hat widerlegt, dass die zivile Seenotrettung zu vermehrten Überquerungsversuchen auf dem Mittelmeer führte.
NGOs werten Entscheidung als "fatales Signal"
Im Mittelmeer und vor anderen europäischen Küsten haben Sea-Eye, SOS Humanity, REQSHIP und SOS Méditerranée und Co seit mehreren Jahren das Überleben von Geflüchteten in Notfällen gesichert.
Sea-Eye-Vorsitzender Gorden Isler bezeichnete die Entscheidung als "fatales Signal". Ohne finanzielle Mittel müsse das Rettungsschiff trotz Notfällen im Hafen bleiben, warnte Isler. "Wir füllen seit zehn Jahren die Lücke auf dem Mittelmeer", die eigentlich in der Verantwortung der EU-Staaten liege. Er verurteilt den Stop der finanziellen Förderung.
"Von Johann Wadephul würde ich jetzt gern wissen, warum in Zukunft weniger Menschen vor dem Ertrinken gerettet werden sollen?", fragte er in einem Post auf X zur Thematik.
"Die Organisationen fordern von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zur Seenotrettung als humanitäre und rechtliche Pflicht", heißt es in einer Mitteilung von Sea Eye.
Die zivile Seenotrettung ist seit 2015 ein beständiger Faktor im Mittelmeer geworden. Nach eigenen Angaben wurden rund 175.595 Menschen im zentralen Mittelmeer gerettet. Das geht aus einer 10-Jahres-Bilanz hervor.
Grüne: "Seenotrettung wird diskreditiert und kriminalisiert"
Auch Grünen-Politiker und Abgeordneter des Europaparlaments Erik Marquardt kritisiert die Entscheidung der Bundesregierung. "Statt Menschen in Seenot einfach zu retten, diskreditieren und kriminalisieren EU-Staaten sogar zivile Seenotrettung, um die Flucht nach Europa noch gefährlicher zu machen", teilte er auf der Plattform X. Diese Entscheidung würde Menschenleben kosten.
Die Grünen-Politikerin Jamila Schäfer sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Streichung der Gelder würde Fluchtrouten nur tödlicher machen. Seenotrettung sei ihrer Meinung nach humanitäre Pflicht. "Wir bezahlen eine Feuerwehr, um Leben an Land zu retten. Wir sollten Menschen auch auf dem Meer nicht ertrinken lassen", sagte sie.