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Rückkehrer, Erdbeben, keine Hilfsgelder: IOM warnt vor dreifacher Krise in Afghanistan

Afghanische Flüchtlinge, die nach ihrer Flucht aus dem Iran zurückgekehrt sind, um der Abschiebung und dem Konflikt zu entgehen, versammeln sich in einer UNHCR-Einrichtung in der westlichen Provinz Herat, Afghanistan
Afghanische Flüchtlinge, die nach ihrer Flucht aus dem Iran zurückgekehrt sind, um der Abschiebung und dem Konflikt zu entgehen, versammeln sich in einer UNHCR-Einrichtung in der westlichen Provinz Herat, Afghanistan Copyright  Omid Haqjoo/Copyright 2025 The AP. All rights reserved.
Copyright Omid Haqjoo/Copyright 2025 The AP. All rights reserved.
Von Mared Gwyn Jones
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Aufgrund drastischer Kürzungen von Hilfsgeldern können Organisationen in Afghanistan nicht mehr alle Rückkehrer unterstützen. Dabei ist gerade nach der Erdbebenserie humanitäre Hilfe dringender denn je.

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Die Auslandshilfe der Vereinten Nationen ist drastisch gekürzt worden. Dies beeinträchtigt die UN nicht nur dabei, Hunderttausende schutzbedürftige Afghanen bei ihrer Rückkehr ins Heimatland zu unterstützen. Aufgrund einer Reihe verheerender Erdbeben mit vielen Toten seien auch die humanitären Hilfsmaßnahmen überlastet, so die Missionsleiterin der Internationalen Organisation für Migration (IOM) für Afghanistan gegenüber Euronews.

Rund zwei Millionen afghanische Staatsangehörige sind allein in diesem Jahr aus den Nachbarländern Iran und Pakistan zurückgekehrt, die meisten aus dem Iran. Auf dem Höhepunkt der Krise im Juli überquerten täglich bis zu 40.000 Menschen die Grenze. Während einige Rückkehrer freiwillig kamen, werden viele zwangsweise abgeschoben.

Mehr Abschiebungen von afghanischen Staatsbürgern

Pakistan hat kürzlich die Abschiebungen im Rahmen des sogenannten Plans zur Rückführung illegaler Ausländer beschleunigt. Das Ziel: afghanische Staatsangehörige, die im Besitz einer UNHCR-Registrierungsbescheinigung (PoR) sind, sollten das Land bis zum 1. September verlassen.

Auch aus dem Iran wurde in letzter Zeit eine große Zahl von Afghanen, darunter auch Geflüchtete, zwangsweise zurückgeführt. Die Abschiebungen haben insbesondere nach dem zwölftägigen Krieg zwischen dem Iran und Israel stark zugenommen.

Teheran hat sich auf nationale Sicherheitsbedenken berufen. Der Iran erhob weit verbreitete Anschuldigungen, welche die afghanischen Staatsbürger im Iran mit den israelischen Geheimdiensten in Verbindung bringen, um sein hartes Vorgehen zu rechtfertigen.

Viele Rückkehrer kommen mittellos an und benötigen dringend eine Unterkunft, wirtschaftliche Unterstützung und Hilfe beim Wiederaufbau ihres Lebens.

"Sie kommen in eine Art neues Land zurück. Sie wissen nicht, wie man sich im System zurechtfindet oder wie die Bedingungen sind", sagte Mihyung Park, IOM-Missionsleiterin für Afghanistan. "Viele dieser Menschen haben keine Papiere, und selbst wenn sie Papiere haben, werden diese an der Grenze oft beschlagnahmt."

Park erklärte, dass Rückkehrer eine Reihe grundlegender Bedürfnisse haben, darunter Bargeld, Unterkunft und Zugang zu wirtschaftlichen Möglichkeiten.

"Viele Menschen wollen tatsächlich bleiben. Sie wollen sich im Land niederlassen und sehen, wie sie zurechtkommen", sagt sie. "Aber nach einer Weile fehlt es ihnen an Möglichkeiten, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, und sie haben kein Zuhause mehr."

Nach Hilfskürzungen: Nicht alle Rückkehrer erhalten Unterstützung

Mehrere westliche Regierungen haben die Ausgaben für humanitäre und Entwicklungshilfe weitreichend gekürzt. Insbesondere US-Präsident Donald Trump hat die Auslandshilfe seiner Regierung im Februar eingefroren. Dies beeinträchtigt die Hilfsmaßnahmen auf der ganzen Welt, doch in Afghanistan sind die Auswirkungen besonders spürbar.

Im laufenden Jahr wurden schätzungsweise 1,7 Milliarden US-Dollar (1,5 Milliarden Euro) an US-Hilfe für Afghanistan gestrichen. Dies hat schätzungsweise 50 internationale Hilfsorganisationen oder -agenturen dazu gezwungen, ihre Tätigkeit teilweise oder ganz einzustellen.

Die UNO hat bereits davor gewarnt, dass die Kürzung der Mittel für Millionen von Menschen ein "Todesurteil" bedeuten könnte. "Das hat unsere Arbeit - nicht nur die IOM, sondern alle humanitären Organisationen, die im Land tätig sind - sehr stark beeinträchtigt", so Park gegenüber Euronews.

"Wir mussten ziemlich schwierige Entscheidungen treffen, um Prioritäten zu verschieben (...) und das sogar vor dem Erdbeben und den großen Rückkehrerzahlen, die wir nicht vorhergesehen haben, sowohl aus dem Iran als auch aus Pakistan."

Hilfsverteilungen nach "Vulnerabilitätskriterien"

Die Organisation hat neun „Vulnerabilitätskriterien“ festgelegt, um die Mittel den Bedürftigsten zukommen zu lassen, wobei sie gleichzeitig anerkennt, dass die Mehrheit der Rückkehrer schutzbedürftig ist und Hilfe benötigt.

"Als im Jahr 2023 etwa eine Million Menschen aus Pakistan zurückkehrten, konnten wir fast allen mit Soforthilfe zur Seite stehen. Jetzt können wir kaum noch 20 bis 30 Prozent der Menschen unterstützen, welche die Vulnerabilitätskriterien erfüllen", fügte sie hinzu.

Eine Reihe von Erdbeben und die darauffolgenden Nachbeben in der gebirgigen östlichen Grenzregion Afghanistans, bei denen mehr als 2.200 Menschen ums Leben kamen, haben den dringenden Bedarf noch vergrößert. Die UNO warnte kürzlich, dass einige betroffene Gebiete noch nicht erreicht wurden.

Die Vereinten Nationen haben einen Dringlichkeitsappell über fast 140 Millionen Dollar (119 Millionen Euro) veröffentlicht, um etwa einer halben Million Menschen zu helfen.

Mitarbeiter des Zivilschutzes, Einheimische und Soldaten der Armee räumen nach dem Erdbeben der Stärke 6,0 im Osten Afghanistans Schutt weg und suchen nach Überlebenden, 2. September 2025.
Mitarbeiter des Zivilschutzes, Einheimische und Armeesoldaten räumen nach dem Erdbeben der Stärke 6,0 im Osten Afghanistans am 2. September 2025 Schutt weg und suchen nach Überlebenden. Hedayat Shah/Copyright 2024 The AP. All rights reserved.

"Wir mussten vor dem Erdbeben wirklich sparen [...] Jetzt müssen wir erneut sparen, um die vom Erdbeben betroffenen Gebiete zu versorgen. Wir versuchen also wirklich jeden Tag, wir kämpfen darum, unsere Prioritäten neu zu ordnen", erklärte Park.

"Das bedeutet natürlich, dass die Menschen, die wirklich Hilfe brauchen, keine Unterstützung erhalten."

Einschränkung der Frauenrechte in Afghanistan

Die Vereinten Nationen warnen auch davor, dass die Risiken für Rückkehrerinnen steigen, da die Taliban die Rechte von Frauen und Mädchen immer stärker einschränken.

"Das sind große, enorme Herausforderungen, denen sie gegenüberstehen, insbesondere Frauen und vor allem Frauen, die aus dem Iran zurückkehren: Sie sind gut ausgebildet und haben eine offenere Gesellschaft kennengelernt, in der sie zur Schule gegangen sind, Arbeit hatten und eine gute Hochschulausbildung genossen haben", sagte Park.

"Wenn sie also zurückkehren, sind sie daher besorgt und unsicher, wie sie sich in eine afghanische Gesellschaft einfügen sollen, in der es keine Freiheit für Arbeit gibt und Bildung eine große Herausforderung darstellt."

Die IOM schätzt, dass knapp ein Drittel der Rückkehrer aus dem Iran im Jahr 2025 Frauen sind und etwa die Hälfte aller Rückkehrer aus Pakistan.

Am Donnerstag erklärte die Flüchtlingsagentur der Vereinten Nationen, sie werde ihre Hilfe für zurückkehrende Afghanen einstellen, nachdem die Taliban ihre afghanischen Mitarbeiterinnen an der Arbeit gehindert hatten.

In einer Erklärung erklärte die UNO, dass "die afghanischen Sicherheitskräfte de facto nationale Mitarbeiterinnen und Auftragnehmerinnen der Vereinten Nationen daran hinderten, die UN-Gelände in Kabul zu betreten", und fügte hinzu, dass Sicherheitsbeamte außerhalb der UN-Gelände in Kabul, Herat und Mazar-i-Sharif "sichtbar präsent" waren.

Die IOM sagte, dass sie zwar auch betroffen sei, aber ihr "Engagement für eine prinzipienfeste Reaktion im Land" beibehalte und sicherstelle, dass sie weiterhin "schutzbedürftige afghanische Frauen, Männer, Jungen und Mädchen mit humanitärer Hilfe und Resilienzprogrammen unterstütze, die durch [...] weibliches und männliches Personal im ganzen Land durchgeführt werden."

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