Zum Internationalen Tag der Menschenrechte mahnt UN-Hochkommissar Volker Türk, die in Europa zunehmend unter Druck geratenen Grundrechte entschlossen zurückzufordern und ihren Schutz wieder stärker in den Mittelpunkt zu stellen.
Die Europäische Union ist nicht immun gegen die Aushöhlung grundlegender Menschenrechte – davor warnt der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte am 10. Dezember.
Zur Untermauerung seiner Warnung verweist der Österreicher auf den jüngsten EU-Rechtsstaatlichkeitsbericht. Darin heißt es, dass sich „in etwa der Hälfte der EU-Mitgliedstaaten der zivilgesellschaftliche Handlungsspielraum verringert hat“, so Türk.
Doch gerade dieser Raum sei entscheidend für eine lebendige Demokratie: „Wir brauchen eine offene und freie Zivilgesellschaft. Wir müssen unsere Meinung äußern dürfen. Wir müssen protestieren können, wenn wir es für notwendig halten, und wir müssen die Möglichkeit haben, uns zu organisieren. Ich beobachte jedoch viele Tendenzen – sogar politische Debatten –, die darauf abzielen, den zivilgesellschaftlichen Raum etwa in Umwelt-, Klima- oder Migrationsfragen einzuschränken“, sagte er.
Ein weiteres Anliegen ist Türk die digitale Regulierung. Die EU habe mit dem Digital Markets Act und dem Digital Services Act zwei zentrale Regelwerke geschaffen. „Ich denke, Europa hat damit weltweit einen enorm wichtigen Beitrag geleistet“, betont er.
Doch nun gebe es Stimmen, die eine Absenkung dieser Standards forderten. Türk hofft, dass die 27 Mitgliedstaaten diesen Weg nicht einschlagen: „Europa ist beim digitalen Raum wirklich ein Vorbild.“
Gleiches gelte für die Regulierung wirtschaftlicher Aktivitäten im Hinblick auf Menschenrechte. „Aber auch hier erleben wir derzeit Diskussionen über einen sogenannten Omnibus-Prozess, der diese Standards möglicherweise verwässern könnte. Dabei sagen uns viele Unternehmen selbst, wir sollten sicherstellen, dass menschenrechtliche Sorgfaltspflichten eingehalten werden.“
Migranten nicht entmenschlichen
Als drittes Thema spricht Türk die Migrationspolitik an.
„Wenn ich mir die heutige Migrationsdebatte ansehe – besonders auf politischer Ebene –, muss ich feststellen, dass Migranten und Flüchtlinge oft entmenschlicht werden. Und wir sollten niemals damit beginnen, eine Gruppe zu entmenschlichen“, mahnt er. „Denn dann geraten schnell andere Teile der Gesellschaft ins Visier, und das ist ein äußerst gefährlicher Weg.“
Türk fordert daher eine sachliche, faktenbasierte Diskussion, um dauerhafte Lösungen zu finden und die zunehmend polarisierte Debatte zu überwinden.
Der Internationale Tag der Menschenrechte 2025 steht unter dem Motto „Unsere alltäglichen Bedürfnisse“. Die Idee dahinter, so Türk, sei, dass Menschenrechte häufig abstrakt wirken. Tatsächlich sind sie eng mit dem Alltag verknüpft: das Recht auf Nahrung, Wasser, sanitäre Einrichtungen, bezahlbaren Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Bildung. Der Hochkommissar möchte daran erinnern, wie konkret Menschenrechte unser Leben prägen.
„Deshalb ist es wichtig, zu den Grundlagen der Menschenrechte zurückzukehren – sie selbst in Anspruch zu nehmen und zugleich für die Rechte anderer einzutreten, in Europa wie weltweit.“