„Niemand denkt, dass eine Kreditkarte eigentlich Schulden sind“, warnt Kevin Mountford, Mitbegründer der Sparplattform Raisin UK.
Die Verschuldung der privaten Haushalte in der Europäischen Union erreichte im Januar 2025 nach Angaben des CEIC und der Europäischen Zentralbank 6,96 Billionen US-Dollar (6,2 Billionen Euro). Während Hypothekenkredite mehr als 5,23 Billionen Euro ausmachen, könnten die verbleibenden rund 1 Billion Euro Anlass zur Sorge geben.
Die durchschnittliche Verschuldung im Verhältnis zum Einkommen ist in den letzten Jahren in der gesamten EU allmählich gesunken, was bedeutet, dass die Bürgerinnen und Bürger einen geringeren Anteil ihres Einkommens verschulden.
Der europäische Durchschnitt liegt derzeit bei etwa 97 %, aber einige scheinbar wohlhabende Regionen wie Skandinavien und die Niederlande haben wesentlich höhere Verschuldungsquoten, manchmal sogar über 200 %.
Das zeigt: Schulden sind nicht nur eine Last der Armen. Das zeigte sich auch beim Finanzcrash 2007, als Menschen, die Luxusgüter wie Autos und Uhren mithilfe von Finanzierungsprogrammen gekauft hatten, plötzlich nicht mehr in der Lage waren, ihre Kredite zurückzuzahlen.
Aber ist es im Jahr 2025 angesichts steigender Lebenshaltungskosten wirklich möglich, schuldenfrei zu werden?
„Das Problem ist nicht die Kreditaufnahme an sich, sondern [das Risiko], dass die Kreditaufnahme außer Kontrolle gerät und wir die Schulden nicht mehr bewältigen können“, sagte Kevin Mountford, Mitbegründer der Sparplattform Raisin UK, gegenüber Euronews.
In dieser Folge von The Big Question diskutiert Kevin mit Hannah Brown über Techniken zum Schuldenabbau und Tipps für eine positive finanzielle Zukunft.
Was sind die Hauptursachen für persönliche Schulden?
Kreditkarten, kontaktloses Bezahlen und die Bequemlichkeit des Online-Shoppings sind laut Kevin die Hauptfaktoren, die die Menschen dazu verleiten, viel zu viel auszugeben.
„Ich bin in einem Alter, in dem man anders haushalten würde, man würde Geld abheben, es ausgeben und wenn es weg ist, ist es weg.“
„Aber jetzt schauen wir uns alle unsere Kontoauszüge an und stellen fest, dass wir mit dem kontaktlosen Zahlungsverkehr viel Geld ausgegeben haben, über das wir gar nicht nachgedacht haben“, fügt Kevin hinzu.
Im Jahr 2023 rangieren die Niederlande, Dänemark, das Vereinigte Königreich, Finnland und Schweden unter den Top 10 der Länder mit den höchsten Kreditkartenschulden weltweit.
Er ist auch der Meinung, dass die sozialen Medien dafür verantwortlich sind, dass die Verbraucher mit Werbung und Influencern bombardiert werden und Impulskäufe getätigt werden.
Dieses Feuer wird durch „buy now, pay later“-Programme weiter angeheizt. Obwohl sie oft eine verlockende Möglichkeit zu sein scheinen, Kleidung „kostenlos“ anzuprobieren oder die Zahlung für einen „Must-Have-Kauf“ hinauszuzögern, warnte Kevin die Verbraucherinnen und Verbraucher, sich die Rückzahlungsbedingungen genau anzusehen, bevor sie sich darauf einlassen.
„Ich habe Freunde, die kaum schlafen können. Was machen sie dann mitten in der Nacht? Sie gehen ins Internet und beginnen, Sachen einzukaufen. Hier können soziale Medien und die Unmittelbarkeit neuer Technologien zu Problemen führen, deshalb müssen wir vorsichtig sein“, mahnte er.
Top-Tipps für den Weg aus den Schulden
Die meisten von uns werden sich irgendwann in ihrem Leben Geld leihen, das ist ganz normal. Doch wenn sich Schulden, Zinsen und Rückzahlungen in die Höhe schrauben, kann es stressig werden.
„Stecken Sie nicht den Kopf in den Sand“, betonte Kevin.
„Das Schlimmste, was man tun kann, ist, die Rechnungen zu zerreißen und wegzulegen, wenn sie eintreffen. Das Problem wird nicht verschwinden. Es wird sich nur verschlimmern, und die Folgen werden noch viel gravierender sein.“
Als Erstes empfiehlt er, mit Ihrer Bank oder Ihrem Kreditgeber zu sprechen, um herauszufinden, ob die Zahlungen verschoben werden können. Sehr oft können die Rückzahlungsfristen verlängert werden, um Ihre monatlichen Zahlungen zu verringern.
Illegale Kredithaie, die sich manchmal als legal ausgeben und die Schwachen ausnutzen, und legale Zahltagskredite, die schnelles Geld bringen, können manchmal wie eine verlockende kurzfristige Lösung erscheinen, aber die Rückzahlungsbedingungen sind ungünstig und werden die Schuldenprobleme auf lange Sicht hin nur verschlimmern.
Kevin empfahl auch dringend, mit Freunden und Verwandten über finanzielle Probleme zu sprechen. In manchen Kulturen ist es zwar ein Tabu, über Geld zu sprechen, und viele Menschen schämen sich für ihre Schulden, aber die Unterstützung Ihres Netzwerks kann Ihnen helfen, bessere finanzielle Entscheidungen zu treffen und Stress abzubauen. Sie kann auch dazu beitragen, das finanzielle Bewusstsein und die Bildung zu fördern.
„Warum setzt man sich als Familie oder als Gruppe von Freunden nicht alle Viertel- oder Halbjahre bei einer Flasche billigen Weins zusammen – denn man will ja nicht zu viel ausgeben –, und schaut sich die Ausgaben gemeinsam an? Wir sollten einen kleinen Wettbewerb veranstalten, um sie zu reduzieren“, schlug Kevin vor.
Was ist eine Kreditgenossenschaft?
Einer von Kevins wichtigsten Ratschlägen für den Umgang mit Schulden ist es, nichts für Beratung zu bezahlen. Mehr Geld auszugeben, um die Ausgaben zu senken, ist kontraproduktiv, argumentierte er.
Stattdessen gibt es viele Wohlfahrtsverbände, die bereit sind zu helfen. Sie können auch mit Ressourcen zur Verbesserung des Finanzwissens helfen, sodass der Fachjargon weniger abschreckend und fremd wirkt.
„Das Problem ist, dass man sich ohne dieses Bewusstsein nicht in der Lage fühlt, seine Finanzen optimal zu nutzen“, erklärt Kevin.
„Das spielt den Banken und anderen Finanzinstituten in die Hände, und wir werden sehr apathisch. Wir wechseln die Produkte nicht so bereitwillig, wie wir sollten. Das allein ist schon ein Problem.“
Und für diejenigen, die es wirklich schwer haben, über die Runden zu kommen, und die einen Kredit benötigen, schlug Kevin vor, sich an eine Kreditgenossenschaft zu wenden.
Kreditgenossenschaften sind gemeinnützige, mitgliedergeführte und gemeinschaftsorientierte Institutionen, bei denen Mitglieder Geld zu einem niedrigeren Zinssatz als bei traditionellen Kreditgebern leihen können. Anders als bei Banken werden die Gewinne nicht an die Aktionäre ausgeschüttet, sondern in die Gewerkschaft reinvestiert, um niedrigere Gebühren und Zinssätze anbieten zu können.
Die Mitglieder sind in der Regel durch einen verbindenden Faktor wie Arbeit, Standort oder Branche miteinander verbunden.
In The Big Question, einer Serie von Euronews Business, diskutieren wir mit führenden Persönlichkeiten der Branche und Fachleuten über wichtige aktuelle Themen.
Sehen Sie sich das Video oben an, um das vollständige Gespräch mit Kevin Mountford von Raisin UK zu sehen.