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Deutschland investiert Milliarden in KI - aber wer macht damit Gewinne?

KI ist aktuell kein Geschäftsmodell, argumentiert ein Nachhaltigkeitsforscher. Doch einige können schon jetzt davon profitieren..
KI ist aktuell kein Geschäftsmodell, argumentiert ein Nachhaltigkeitsforscher. Doch einige können schon jetzt davon profitieren.. Copyright  AP Photo
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Von Franziska Müller
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Kaum eine andere Technologie erhält derzeit so viel Finanzierung wie Künstliche Intelligenz. Sowohl der Bund als auch Unternehmen investieren massiv. Doch Digitalisierungsforscher Rehak warnt: Aktuell sei KI kein rentables Geschäftsmodell.

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Im laufenden Jahr gibt Deutschland 1,6 Milliarden Euro für Künstliche Intelligenz aus - so viel wie für kaum eine andere Technologie. Das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt hat diese Summe in ihrem KI-Aktionsplan festgeschrieben. Seit 2017 hat sich das Jahresbudget bis heute mehr als verzwanzigfacht.

Laut einer Befragung des Digitalverbands Bitkom sind auch deutsche Unternehmen bemüht, in KI-Anwendungen zu investieren. Rund 60 Prozent wollen laut Bitkom-Bericht mindestens genauso viel Geld aufwenden wie 2024, ein knappes Viertel der Unternehmen will höhere Investitionen in die digitalen Tools aufwenden.

Doch Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsforscher Rainer Rehak vom Weizenbaum-Institut warnt: "Es gibt aktuell kein Geschäftsmodell für KI". Sowohl bei den großen Tech-Unternehmen wie Google, Microsoft oder Open AI als auch auf tieferer Ebene geht es bisher um Investitionen.

Digitalisierungsforscher: Return of Investment bleibt aus

"Das ist alles Investorgeld, die da Milliarden verbraten und versuchen, KI in den Markt zu drücken an allen Ecken und Enden, weil sie hoffen, dass es irgendwann mal einen Return of Investment gibt", so Rehak. "Den gibt es aktuell aber nicht, an keiner Stelle", mahnt der Wissenschaftler.

Nur wenn auch Gewinne eingefahren werden können und ein finanzieller Nutzen durch KI-Anwendungen entstehe, ergebe sich ein sogenannter "Use-Case". Sollte dieser erwünschte Effekt ausbleiben, "dann werden diese ganzen Investitionen irgendwann so in sich zusammenfallen", prognostiziert der Forscher.

Für ihn befinden sich die Unternehmen derzeit an einem Scheideweg. "Marktanalysen fragen jetzt gerade, platzt die AI-Bubble?" macht Rehak deutlich. Immer mehr Experten und Analysten befürchten, dass die Investitionen in KI zu schnell voranschreiten.

Selbst der CEO von OpenAI, dem Softwareunternehmen hinter ChatGPT, ist gegenüber den massiven Ausgaben für die KI-Branche skeptisch. Altman sagte laut einem Bericht des MagazinsThe Verge, dass der Markt für Künstliche Intelligenz immer mehr zu einer Blase wird.

Droht die AI-Bubble also zu platzen?

So viel investiert Deutschland in KI

Die neue Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag das Ziel angegeben, "den Rechenzentrumsstandort Deutschland als Leuchtturm Europas" stärken zu wollen.

Für die laufende Legislaturperiode wurde festgelegt, dass allein das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt nach eigenen Angaben über 1,6 Milliarden Euro Mittel aus dem Haushalt in KI investie­rt. In knappen acht Jahren hat sich das Jahresbudget somit mehr als verzwanzigfacht.

"Wir waren in Deutschland lange Zeit führend bei der KI-Forschung und hatten als eines der ersten Länder eine KI-Strategie", erklärt auch Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst mit Erscheinen der Nutzungs-Studie. "Trotzdem laufen wir jetzt beim Thema generativer KI vor allem den USA hinterher", mahnt er an.

Statt Daten nur zusammenzutragen und zu analysieren, kann generative künstliche Intelligenz neue Inhalte erzeugen. Doch dafür braucht es Ressourcen. Anfragen bei ChatGPT, aber insbesondere größere Rechenleistungen werden in hochperformativen Rechenzentren umgesetzt. Doch davon hat Deutschland nicht genug, zeigt eine Untersuchung des Internet Branchenverbands eco.

Der kritische Faktor ist hierbei die verfügbare Rechenleistung. Laut der eco-Untersuchung könnte die Rechenkapazität bis 2030 auf bis zu 3,7 Gigawatt gesteigert werden - um 50 Prozent binnen fünf Jahren.

Wie viel Rechenleistung hat Deutschland zur Verfügung?

Die Nachfrage der Wirtschaft würde allerdings höher ausfallen, um ein drei- bis fünffaches. Gebraucht würden in diesem Fall bis zu 12 Gigawatt Leistung, so viel wie mindestens zehn Atomreaktoren an Strom liefern können.

Bereits heute verfügen die USA über die 20-fache Kapazität Deutschlands. Den USA prognostizieren die Studienautoren ein noch größeres Wachstum bis 2030.

Auch die Beratungsgesellschaft Deloitte warnt, dass bei der derzeitigen Ausbaugeschwindigkeit bis 2030 eine Kapazitätslücke von rund 50 Prozent entstehen werde. Es seien deshalb "massive zusätzliche Investitionen" nötig, um den Bedarf zu decken.

Also noch mehr investieren und weiter auf Gewinne warten?

"Wir zahlen in Deutschland und Europa heute einen Preis für den IT-Gigantismus aus den 90ern und 2000ern", erklärt Professor Oliver Thomas von der Universität Osnabrück. Als Gründer der Managementberatung Strategion GmbH und Unternehmer setzt er selbst auf Künstliche Intelligenz.

Unternehmer: "KI als vernetztes Ökosystem begreifen"

Während die Anbieter der großen KI-Modelle sich schwer tun, damit Geld zu verdienen, ist die Wertschöpfung für bestimmte Unternehmen bereits möglich. Zwar könne kein Unternehmen in Europa die Dimensionen erreichen, die IT-Riesen wie Microsoft, Amazon und weitere bereits erreicht haben. Diese hätten frühzeitig - schon vor gut zwei Jahrzehnten - erkannt, sich am Thema KI zu beteiligen.

In seinen Unternehmen hat er die Prozesse deshalb angepasst: "Wir müssen schneller sein", sagt Thomas. "Also Forschung und Entwicklung, Umsetzung und Kommerzialisierung finden parallel statt", anstatt nacheinander von Entwicklung zu Vorstellung eines Prototypen zur Akquise im Stufenmodell zu arbeiten. 

"Wir müssen so früh wie möglich abschätzen, wie der Sprung in die Realität aussieht. Weil im übertragenem Sinne die KI jetzt dorthin muss, wo sie hingehört. Nämlich dort, wo unsere Wertschätzung stattfindet in Deutschland: im Mittelstand und bei den Hidden Champions." Die sogenannten Hidden Champions sind relativ unbekannte größere Unternehmen, teilweise Marktführer ihrer Branche.

Er appelliert an die Politik: Der KI-Aktionsplan der Bundesregierung sei grundsätzlich richtig. Aber laut Thomas müssen "die Forschenden, die Universitäten, die Institutionen mehr Verantwortung dafür tragen, dass Transfer funktioniert." Gewinne können erst erbracht werden, wenn die Forschung - bisheriger Fokus von KI-Förderungen des Bundes - "nicht mehr nur theoretisch stattfindet, sondern direkt in die Umsetzung gebracht wird". 

Technisches Know-How Made in Germany oder sinnvoll importiert?

"Die KI war im Dornröschenschlaf", so schätzt Thomas die Lage in Deutschland ein. Erst durch Anwendungen wie ChatGPT ist der breiten Öffentlichkeit der Nutzen von Künstlicher Intelligenz bewusst geworden, das Interesse sowohl privat als auch wirtschaftlich daran gestiegen.

Dafür muss Deutschland nun bereit sein, verschlafenes Potenzial aufzuholen. "Denken Sie an Computertechnologie, die ersten KI-Verfahren, MP3-Standard, Virtual Reality, Augmented Reality. Das sind alles Themen, die eigentlich von uns immer schon stark erforscht wurden, aber im Ausland kommerzialisiert." Deshalb würden viele KI-Modelle nicht aus Deutschland kommen."

Die Lösung für Thomas: "Ich bin ein Freund von mehr Applied statt Made in Germany." Gleichzeitig warnt er, dass die digitale Souveränität nicht abhanden kommen darf. Die Verantwortung dafür sieht er bei der Politik, "dass die Bundesregierung wie mit dem Aktionsplan Programme aufsetzt, die entgegenwirken."

Der Schlüssel liegt in der breiten Anwendung in mittelständischen Unternehmen . "Gerade in Deutschland fehlt jedoch oft das Verständnis, KI als vernetztes Ökosystem zu begreifen. Stattdessen dominiert vielerorts die Vorstellung, einzelne Stücke vom Kuchen sichern zu können, anstatt das Ganze größer zu machen."

KI-Kollegen und virtuelle Assistenten am Arbeitsplatz

Professor Oliver Thomas sieht Potenzial für die kommenden Jahre: "Es werden auf jeden Fall neue Arten von Digitalunternehmen entstehen. Ich glaube, dass wir in eine andere Art von Wertschöpfung bekommen."

Schon kleine Teams könnten mithilfe von KI-Kollegen und permanenten KI-Assistenten Millionen-Umsätze machen, stellt er in Aussicht. Möglicherweise tauchen diese auch zukünftig in Organigrammen auf.

Ein KI-verwaltetes Archiv kann in Sekundenschnelle das richtige Dokument herausfiltern. Digitale Assistenten sortieren Mails vor, ordnen Prozesse und dokumentieren die notwendigen Schritte beispielsweise in der Steuerberatung oder Wirtschaftsprüfung.

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