Sorge vor Russland: Schweden rüstet sich

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In Schweden wächst die Sorge vor einer möglichen Bedrohung durch Russland, weshalb in Streitkräfte investiert und der Zivilschutz ausgeweitet wird

Nach Jahren der Entmilitarisierung ändert Schweden den Kurs: Aus Sorge vor einer möglichen russischen Bedrohung will das Land wieder mehr in seine Streitkräfte investieren und aufrüsten. Zum Beispiel auf Gotland, einer strategisch wichtig gelegenen Insel. Aber auch die Zivilschutzmaßnahmen werden ausgeweitet.

Eine Routine-Übung auf Gotland, der größten Insel Schwedens. Die Soldaten gehören zum 61. Bataillon der schwedischen Luftstreitkräfte. Sie sind auf dem Festland stationiert und kommen nur für einige Monate zum Manöver auf die Insel. Doch gut 300 Soldaten sollen bald ständig auf Gotland stationiert werden.

Gotland wird wieder strategisch wichtig

“Grund dafür ist die instabile Lage im Baltikum”, erklärt Kommandeur Mattias Ardin. “Wir beobachten dort jetzt mehr Militärübungen. Aus diesem Grund bauen wir unsere militärische Einsatzfähigkeit in ganz Schweden aus, und Gotland ist Teil dessen.”

Mitten in der Ostsee, gegenüber den baltischen Staaten und der russischen Exklave Kaliningrad, befindet sich die Region Gotland (zu der neben der Hauptinsel noch einige kleine Inseln gehören) mit ihren 57.000 Einwohnern an strategisch wichtiger Position. Eine russische Intervention gilt als sehr unwahrscheinlich, Moskau schließt dies aus. Dennoch will die schwedische Armee für jeden möglichen Ernstfall gewappnet sein. Oberstabsfeldwebel Henrik Wulff: “Sie sehen hier die schwedische Variante des Hawk-Flugabwehrraketensystems. Eine Batterie hat vier Abschussstaffeln, und mit dieser Reichweite kann man ganz Gotland abdecken. Wir können fast alle Arten von Bedrohungen niederschlagen. Aber mit der heutigen Waffentechnologie und -weiterentwicklung haben wir mehr und mehr Schwierigkeiten, uns gegen alle Bedrohungen zu verteidigen, zum Beispiel gegen die Iskander-Raketen, die Gotland von Kaliningrad aus erreichen könnten.”

Very clear and strong signals from PM Löfven, defmin Hultqvist and army CoS on a stronger defence and the key role of Gotland. Deterrence! https://t.co/vNW5QPdwfu

— Robert Dalsjö (@MansRAD) April 19, 2017

Hysterical Swedes. Like 150 men with rifles in Gotland would make any difference and now returning to conscript army marcelsardo</a></p>&mdash; Citizen Halo (haloefekti) September 29, 2016

Gastlandabkommen mit der Nato

Neben der Entscheidung, die Militärausgaben zu erhöhen, hat Schweden vor einem Jahr ein Gastlandabkommen mit der Nato ratifiziert, ein host nation support agreement. Schweden ist langjähriger Partner, aber nicht Mitglied des Bündnisses. Die Kooperation sichert zivile und militärische Unterstützung für Nato-Truppen in Schweden zu. Im September wird Gotland Schauplatz einer großangelegten Militärübung mit gut 20.000 schwedischen Soldaten sowie Truppen aus den USA, Frankreich, Norwegen, Dänemark und Estland seine. Zur selben Zeit will Russland eine Übung in Weißrussland und Kaliningrad mit 100.000 Soldaten abhalten.

Während des Kalten Krieges war Gotland ein zentraler Bestandteil der schwedischen Verteidigungsstrategie. Als dies nicht mehr zeitgemäß erschien, wurde die Insel 2005 entmilitarisiert. Die Bewohner der Hauptstadt Visby lässt die Rückkehr des Militärs ziemlich kalt. Anwohner Egil Falke meint: “Es ist gut, dass sie die Militärkapazität auf der Insel wieder aufbauen. Nicht, dass ich an eine ummittelbare Bedrohung durch Russland glaube. Ich sehe überhaupt keinen Grund, dass das geschieht. Aber vielleicht passiert etwas irgendwo sonst auf der Welt, das einen Schneeballeffekt hat und uns dann vielleicht auch betreffen könnte.”

Seine Landsfrau Anne Scheffer Leander: “Wenn man sich für mehr Militärpräsenz entscheidet, kann das vielleicht etwas anderes auslösen. Das ist das Risiko bei dem Spiel. Wenn man eskaliert, wird vielleicht jemand anders reagieren – es kann sich also etwas ändern. Aber ich bin da nicht besonders besorgt.”

Wasser, Kerzen und Konserven für drei Tage

Die Regierung hat alle Kommunen angewiesen, ihre Zivilschutzprogramme zu aktualisieren und zu erweitern – ein wichtiger Bestandteil der nationalen Sicherheitsdoktrin.

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Ziel ist, die Bevölkerung in Krisensituationen zu schützen – militärische Krisen eingeschlossen. Eine landesweite Sensibilisierungskampagne wurde gestartet. Christer Stoltz ist für den Zivilschutz auf Gotland zuständig: “Dies sollte man im Krisenfall im Hause haben: Etwas zum Kochen, warme Kleidung, Streichhölzer, Kerzen. Das kann ein Wasserbehälter sein, Dosennahrung, und sollte für drei Tage reichen. Es gibt verschiedene Szenarien. Das kann zum Beispiel ein Stromausfall sein, oder etwas, das die Gesellschaft durcheinanderbringt. Wir sind hier auf Gotland auf einer Insel. Wir hängen von Transporten ab, und wenn diese Transporte ausgesetzt werden, sollte man in der Lage sein, drei Tage oder länger allein zurechtzukommen.”

Luftschutzbunker werden entrümpelt und aufgemöbelt>/h3>

Schweden startete außerdem ein umfassendes Sanierungsprogramm für seine Luftschutzkeller und -Bunker aus der Zeit des Kalten Krieges. Das Land hat gut 65.000 davon – die höchste Pro-Kopf-Quote der Welt. André Samuelson überprüft den Zustand der gut 350 registrierten Luftschutzkeller auf Gotland: “Die meisten Luftschutzräume werden heute normalerweise von den Anwohnern als Lagerräume und Keller genutzt. Meine Aufgabe besteht darin, nach Schäden oder Mängeln zu suchen, die sich über die Jahre ergeben haben. Ein Luftschutzraum sollte in etwa 48 Stunden nutzbar sein. 120 Leute sollen darin unterkommen. Bei Bedarf müssen sie leicht alles rauswerfen können.”

Currently writing a briefing paper for British Army on this. Close to home as I lived on Gotland once. https://t.co/DwZXgw1Of9

— Mark Waring (@mjdwaring) December 15, 2016

Eine ziemlich ferne Vorstellung für die Gymnasiasten, die wir beim Training in ihrem Sportklub treffen. Dennoch beruhigt sie, dass jetzt wieder ständig Truppen auf ihrer Insel präsent sein werden. Dass Schweden außerdem wieder die Wehrpflicht einführt, und dies nicht nur aus Mangel an freiwilligen Bewerbern, sondern auch aus Sorgen vor einer möglichen russischen Bedrohung, sehen sie ebenfalls eher positiv. Schüler Johan Burvall: “Früher hatten wir das Gefühl, dass das alles weit weg ist. Aber kürzlich hatten wir den Terroranschlag in Stockholm, danach waren wir schon etwas aufgerüttelt und haben mehr darüber nachgedacht.” Sein Mitschüler Tristan Cales ist überzeugt: “Wir können nicht einfach dasitzen und warten, was passiert. Irgendwas wird passieren. Und wenn wir das beeinflussen wollen, dann ist es eine gute Wahl, sich der Armee anzuschließen und zu versuchen, dem Land so weit zu helfen wie man kann.”

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