Für die Aufnahme einer neuen Person oder Organisation in die EU-Terrorliste ist ein gerichtlicher Beschluss eines der 27 Mitgliedstaaten erforderlich.
Die Europäische Union hat die Rechtsgrundlage für die Einstufung des Korps der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC) als terroristische Organisation gefunden und so eine Lücke geschlossen, die der entsprechenden Einstufung jahrelang im Weg stand.
Der Islamischen Revolutionsgarde wird vorgeworfen, brutal gegen iranische Demonstrierende vorzugehen, Waffen an Russland zu liefern, Raketen auf Israel abzuschießen und Milizen im gesamten Nahen Osten zu unterstützen.
Grundlage zur Einstufung als Terrororganisation ist ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom März, das feststellte, dass der Anschlag auf die Bochumer Synagoge im Jahr 2022 von einer staatlichen iranischen Organisation initiiert worden war.
Nach den geltenden Vorschriften ist für die Aufnahme einer neuen Person oder Organisation in die EU-Terrorliste ein Beschluss eines Gerichts in einem der 27 Mitgliedstaaten erforderlich.
Nach einer internen Analyse des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) wurde das Düsseldorfer Urteil als "ausreichende" Rechtsgrundlage angesehen, sagte ein hochrangiger EU-Beamter, der mit dem Verfahren vertraut ist, am Freitag.
Die Entscheidung sei noch vor der Sommerpause getroffen worden, so der Beamte.
"Abgesehen von den rechtlichen Fragen hat die Einstufung eines so wichtigen Teils der Armee eines Staates als terroristische Organisation eine Menge politischer Auswirkungen", betonte der Beamte und wies darauf hin, dass die Einstufung keine "praktischen Folgen" haben würde, da die Revolutionsgarde bereits einem umfangreichen Regime von EU-Sanktionen unterliegt, einschließlich des Einfrierens von Vermögenswerten und Reiseverboten.
Nachdem nun also eine rechtliche Grundlage vorliegt, geht der Einstufungsprozess in die nächste Phase: die Diskussion zwischen den Mitgliedsstaaten.
Für die endgültige Einstufung der Islamischen Revolutionsgarde als Terrororgruppe ist Einstimmigkeit erforderlich, was bedeutet, dass ein einziger Staat den Vorschlag blockieren könnte.
Unter der Bedingung der Anonymität sagte ein hochrangiger Diplomat, es sei eine Frage des "politischen Willens", ob es zur Einstufung kommen werde. Er wollte sich nicht dazu äußern, ob die Entscheidung in absehbarer Zeit getroffen werde.
Deutschland, Frankreich und die Niederlande gehören zu den Mitgliedstaaten, die sich bereits für die Einstufung ausgesprochen haben. Auch die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen und das Europäische Parlament haben sich für die Idee starkgemacht.
Die USA und Kanada, zwei G7-Verbündete, wenden die Bezeichnung derzeit bereits an.
Was ist das IRGC?
Das Korps der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC) wurde nach der Revolution von 1979 von Ayatollah Khomeini gegründet, um das neu errichtete islamische System des Irans vor internen und externen Bedrohungen zu schützen, insbesondere vor ausländischen Versuchen, einen Regimewechsel herbeizuführen.
Seitdem operiert die Islamische Revolutionsgarde unabhängig von der regulären Armee des Landes und hat in enger Zusammenarbeit mit dem Obersten Führer Ali Chamenei ihre Reihen, ihren politischen Einfluss und ihre wirtschaftliche Macht enorm erweitert.
Das IRGC ist in fünf Abteilungen unterteilt: die Bodentruppen, eine Luftwaffe, die Marine, die Basidsch - eine Freiwilligenmiliz, die abweichende Meinungen unterdrückt und Moralvorstellungen überwacht - und die Quds-Truppe, ein Geheimdienst, der Operationen in anderen Ländern durchführt und häufig lokale bewaffnete Gruppen unterstützt.
Zu den Gruppen, die mit dem Korps der Islamischen Revolutionsgarde in Verbindung stehen, gehören die Hisbollah im Libanon, die Hamas in den palästinensischen Gebieten und die Houthi-Rebellen im Jemen.
Insgesamt sollen die Garden schätzungsweise 125.000 Mann unter ihrem gemeinsamen Kommando haben und wurden vom Council on Foreign Relations als "eine der mächtigsten paramilitärischen Organisationen im Nahen Osten" bezeichnet.