In einem Interview mit dem US-amerikanischem Format "60 Minutes" warnte der ukrainische Präsident, dass "die Sicherheit der Erde" auf dem Spiel stehen würde.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einem Interview gesagt, dass die Sicherheit der Welt auf dem Spiel stehe, sollte es der Ukraine mithilfe der westlichen Partner nicht gelingen, den russischen Vormarsch aufzuhalten.
"Wenn wir nicht standhaft bleiben, wird er weiter vorrücken. Das sind keine leeren Spekulationen, die Bedrohung ist real. Putins ultimatives Ziel ist es, das Russische Reich wiederzubeleben und Gebiete zurückzuerobern, die derzeit unter dem Schutz der NATO stehen", sagte Selenskyj und fügte hinzu, dass die USA der NATO angehören. Deswegen würden sie in jeden potenziellen Konflikt verwickelt sein, so Selenskyj.
"In Anbetracht all dessen glaube ich, dass die Situation zu einem Weltkrieg eskalieren könnte."
Mindestens 34 Tote nach russischem Angriff auf Sumy
Russland hat in den vergangenen Wochen seine Angriffe auf die Ukraine verstärkt. Am Palmsonntag vergangenes Wochenende haben russische Streitkräfte zwei ballistische Raketen auf die Innenstadt der nordöstlichen Stadt Sumy abgefeuert.
Die zweite Rakete schlug im Rahmen eines sogenannten "Double Taps" ein. Das heißt, dass mit dem zweiten Angriff gewartet wird, bis Rettungssanitäter und andere humanitäre Helfer am Einschlagsort eingetroffen sind. Mindestens 34 Menschen wurden getötet.
"Können Verhandlungen mit Russland nicht trauen"
Das Interview für das US-amerikanische Format "60 Minutes" fand in Selenskyjs Heimatstadt Krywyj Rih statt. Erst vor einer Woche sind auch dort mindestens 19 Menschen, darunter neun Kinder, durch einen russischen Raketenangriff getötet worden. Über 70 Menschen wurden bei dem Angriff verletzt.
Aus diesem Angriff schloss Selenskyj, dass das bedeute, "dass wir Russland nicht trauen können. Wir können den Verhandlungen mit Russland nicht trauen."
Möglichst schnell zu einem Waffenstillstand kommen
Erst vor drei Tagen war der US-Sondergesandte Steve Witkoff in Russland und hat sich dort in St. Petersburg mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin getroffen. Dem Kreml zufolge waren die Gespräche mit Witkoff "extrem nützlich und effektiv".
Das Treffen galt den Bemühungen des US-Präsidenten Donald Trump, möglichst schnell einen Waffenstillstand in der Ukraine zu erreichen. Ein Treffen der beiden Präsidenten sei laut Kremlsprecher jedoch nicht besprochen worden.
Den russischen Angriff auf Sumy nannte Trump eine "schreckliche Sache", räumte aber ein, dass ihm mitgeteilt worden sei, dass mit dem Angriff lediglich "ein Fehler" gemacht worden wäre.
Ist die USA noch ein verlässlicher Partner für die Ukraine?
Vor Trumps Amtsantritt waren viele Ukrainer voller Hoffnung, dass Trump den Krieg beenden könne. Mit dem Eklat im Weißen Haus hat sich diese Hoffnung jedoch gelegt. So sagte Selenskyj, dass es eine "Veränderung des Tons und eine Veränderung der Realität sei."
"Ich möchte mich nicht auf die veränderte Realität einlassen, die mir präsentiert wird", so Selenskyj.
"Zunächst und vor allem haben wir keinen Angriff gestartet. Ich habe den Eindruck, dass der Vizepräsident Putins Vorgehen irgendwie rechtfertigt. Ich habe versucht zu erklären: 'Man kann nicht in der Mitte suchen. Es gibt einen Aggressor und es gibt ein Opfer. Die Russen sind der Aggressor, und wir sind das Opfer.'"
Seitdem hat sich die Lage zwischen der Trump-Administration und der Ukraine ein wenig beruhigt. Auf die Frage, ob die USA auf der Seite der Ukraine stünden, konnte er jedoch nicht sofort antworten. "Selbst in meiner Pause gibt es ein Problem. Denn ich möchte wahrheitsgemäß und schnell antworten, dass die USA unser strategischer, starker Partner sind", sagte der ukrainische Präsident.
"Aber das Innehalten ist ein Zweifel. Ich zweifle nicht daran, dass die Menschen in Amerika hinter uns stehen. Aber in einem langen Krieg werden viele Details vergessen. In Europa fürchtet jeder, dass sich die USA von Europa entfernen könnten", merkte er an.
Selenskyj ist sich jedoch bewusst, dass die Ukraine ohne die Unterstützung der USA "hohe menschliche und territoriale Verluste" erleiden würde, weswegen er dieses Szenario gar nicht erst in Betracht ziehen will. Dennoch bezweifelt er, dass ein gerechter Waffenstillstand und Frieden erreicht werden kann.
"Putin wollte nie ein Ende des Krieges"
So erklärt er im "60 Minutes"-Interview, dass man Putin nicht trauen könne. "Das habe ich Präsident Trump schon oft gesagt. Wenn Sie also fragen, warum der Waffenstillstand nicht funktioniert – das ist der Grund", so Selenskyj. "Putin wollte nie ein Ende des Krieges. Putin wollte nie, dass wir unabhängig sind. Putin will uns vollständig zerstören – unsere Souveränität und unser Volk."
Unter einem gerechten Frieden versteht der ukrainische Präsident, dass die Ukraine ihre Souveränität und Unabhängigkeit nicht verliere. Er versprach auch, dass die Ukraine die vorübergehend von Russland besetzten Gebiete nicht anerkennen werde und alles tun werde, um diese zurückzuerobern.
Eine Sache, die nicht zurückerobert werden kann, sind die Menschen, die in Russlands Angriffskrieg getötet worden sind. Laut Selenskyj sind über 46.000 ukrainische Soldaten gefallen.
Der UN zufolge liegt die Zahl der getöteten ukrainischen Zivilisten bei über 12.500. "Es gibt nur eines, was getan werden kann: Gerechtigkeit. Wir können die Frage der Gerechtigkeit nicht loslassen. Diejenigen, die getötet haben, müssen für die Morde bezahlen", so Selenskyj.