In einem Exklusivinterview mit Euronews spricht sich der kroatische Ministerpräsident Andrej Plenković für den Beitritt von Bosnien und Herzegowina zur Europäischen Union aus, bringt gleichzeitig aber auch seine Besorgnis über die anhaltende politische Instabilität in der Region zum Ausdruck.
Nach Ansicht des kroatischen Ministerpräsident Andrej Plenković sollte die EU-Erweiterung eine strategische Priorität sein, insbesondere wenn es um den westlichen Balkan geht. Plenković hob die Bedeutung von Bosnien und Herzegowina hervor: "Wir als Kroatien würden sehr gerne sehen, dass sich Bosnien und Herzegowina als unser unmittelbarer Nachbar, ein Land, in dem Kroaten Menschen mit gleichen Rechten wie Bosniaken und Serben sind, der Dynamik annähert, die andere Länder der Region haben. Wir wollen ihnen dabei helfen."
Bosnien und Herzegowina strebt seit langem einen Beitritt zur Europäischen Union an, jedoch wurden derartige Fortschritte oft durch tiefe interne Spaltungen ausgebremst. Auch die komplexe politische Struktur, die durch das Dayton-Abkommen von 1995, das den Bosnienkrieg beendete, geschaffen wurde, stellte eine Hürde dar.
Das Land ist in zwei Entitäten aufgeteilt: Die Föderation Bosnien und Herzegowina (überwiegend bosniakisch und kroatisch) und die Republika Srpska (überwiegend serbisch). Die Spannungen zwischen diesen beiden Gruppen untergraben weiterhin die Reformbemühungen und bedrohen den nationalen Zusammenhalt.
Kroatien für EU-Integration am Westbalkan
Plenković äußerte sich besonders besorgt über sezessionistische Rhetorik und Aktionen aus der Republika Srpska, die früher vom nationalistischen Politiker Milorad Dodik regiert wurde. "Wir würden uns sehr wünschen, dass Bosnien-Herzegowina sich von der möglichen Instabilität abwendet.
Und diese Abspaltungstendenzen, wenn es um die Republika Srpska geht, sollten zu einer harmonischeren und besser funktionierenden Situation in Bosnien-Herzegowina führen. Der EU-Weg und Reformen, die für die Bürger sowohl in wirtschaftlicher als auch in sozialer Hinsicht von Vorteil sind, sollten umgesetzt werden."
Er warnte davor, dass Verzögerungen bei der EU-Integration anderen globalen Mächten die Tür öffnen würden, ihren Einfluss in der Region auszuweiten. "Je langsamer der Prozess verläuft, desto mehr Einfluss haben andere globale Akteure in der Region, sei es Russland, sei es China, seien es einige andere Länder. Deshalb plädieren wir für einen strukturierten und dynamischen Prozess."
Plenković möchte, dass die Frage der EU-Mitgliedschaft von Bosnien und Herzegowina - und die Zukunft des westlichen Balkans im Allgemeinen - auf der Tagesordnung des Europäischen Rates im Juni steht.