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Westbalkan: Könnten Albanien und Montenegro vor allen anderen der EU beitreten?

Präsident des Europäischen Rates, António Costa.
Präsident des Europäischen Rates, António Costa. Copyright  AP
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Von Sergio Cantone
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Die EU-Erweiterung um den Westbalkan sei eine der Prioritäten der EU, so der Präsident des Europäischen Rates, António Costa, im Interview mit Euronews. Er wird ab Dienstag in die Region reisen.

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António Costa wird für hochrangige Treffen in sechs Länder des westlichen Balkans reisen. Im Mittelpunkt seiner Agenda: Neuer Schwung bei der EU-Erweiterung in der Region.

Dabei möchte der Präsident des Europäischen Rates die Beitrittskandidaten zu Reformen bestärken und Standards der EU-Sicherheitspolitik einfordern.

Er versprach außerdem neue Impulse von Seiten der EU, um dem Beitrittsprozess der Kandidatenländer wieder neuen Schwung zu bringen. Denn dieser stagniert manchmal aufgrund der Zögerlichkeit der 27 Mitgliedstaaten.

Im Zentrum der Mission von António Costa in den sechs Westbalkanländern steht die Notwendigkeit für Brüssel, die strategische Kontrolle über diese Region, die für die Stabilität Europas von zentraler Bedeutung ist, nicht zu verlieren.

Russlands Invasion in der Ukraine hat den Beitrittsprozess der Ukraine und Moldawiens beschleunigt. Daher ist es den Westbalkanländern gegenüber nicht fair, von der Ukraine und Moldawien überholt zu werden. Es wird sie dazu drängen, ihre Reformen schneller voranzutreiben“, sagte António Costa in einem Exklusivinterview mit Euronews am Abend vor Beginn seiner diplomatischen Reise durch die Westbalkanländer.

Ursula von der Leyen und António Costa.
Ursula von der Leyen und António Costa. Geert Vanden Wijngaert/Copyright 2024 The AP. All rights reserved

Erste Station seiner Reise ist Serbien. Ein Land, das sich seit mehreren Monaten in einer tiefen politischen Krise befindet. Am selben Tag reist António Costa dann nach Bosnien und Herzegowina. Am Mittwoch, 14. Mai, wird er von den Staats- und Regierungschefs Montenegros und des Kosovo empfangen.

Am Donnerstag wird er Nordmazedonien besuchen, letzte Station ist Albanien. Dort wird Costa in Tirana am Freitag am Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft (englisch: European Political Community, EPC)

Europäische Sicherheit im Zentrum der Bedenken der EU

Die EPC ist ein zwischenstaatliches politisches Strategieforum, das mehr als vierzig europäische Länder umfasst und 2022 nach der russischen Invasion in der Ukraine gegründet wurde.

Aufgrund der zunehmenden Instabilität in der Region wird die EU-Erweiterung im Westbalkan einen wichtigen Platz auf der Tagesordnung der paneuropäischen Staats- und Regierungschefs einnehmen, die beim EPC-Gipfel in Tirana zusammenkommen.

Die Staats- und Regierungschefs der EU befürchten, dass außereuropäische Staaten ihre Einflusssphäre in der Region etablieren könnten, die ein integraler Bestandteil Europas ist. Das hat António Costa vorgeschlagen:

„Im Europäischen Rat besteht ein breiter politischer Konsens darüber, dass diese Erweiterung die wichtigste geopolitische Investition ist, die wir für die Stabilität, den Frieden und den Wohlstand in ganz Europa und insbesondere in den Ländern des westlichen Balkans tätigen können.“

Der Präsident des Europäischen Rates fügte hinzu: „Die EU und die Länder des Westbalkans teilen eine gemeinsame Vision, da sie zur europäischen Familie gehören. Deshalb müssen wir darauf hinarbeiten, dass sie dieser Familie auch formell innerhalb der Europäischen Union beitreten können.“

Serbien, ein Schlüsselland?

Die politische Krise in Serbien sorgt innerhalb der Europäischen Union und der NATO für große Sorge.

Der serbische Präsident Aleksandar Vučić war der einzige Staatschef der EU-Beitrittskandidaten, der am 9. Mai an den Gedenkfeiern zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Moskau teilnahm. Als einziger Staatschef eines EU-Mitgliedsstaates war der slowakische Premierminister Robert Fico angereist.

Damit haben Aleksandar Vučić und Robert Fico den von den westlichen Ländern gegen den Kreml verhängten Boykott der Feierlichkeiten gebrochen. Ebenso hat sich Serbien nie den von der Europäischen Union nach der Invasion in der Ukraine verhängten Sanktionen gegen Russland angeschlossen.

Wichtig in diesem Kontext ist, dass sich viele Serben der Sowjetunion für die Befreiung ihres Landes (damals Teil Jugoslawiens) durch die Rote Armee im Jahr 1945 weiter zu Dank verpflichtet fühlen. Daher war die Anwesenheit von Aleksandar Vučić bei den Feierlichkeiten in Moskau nicht unbedingt ein Zeichen seiner Unterstützung für den Kreml im Krieg gegen die Ukraine.

Doch die Regierung von Präsident Vučić wird seit Monaten durch Proteste in Belgrad und anderen Städten landesweit erschüttert, die sich gegen die Korruption und die Einschränkungen der politischen und medialen Freiheiten richten, die die Demonstranten seiner Regierung vorwerfen.

Aleksandar Vučić wurde am 9. Mai in Moskau von Wladimir Putin empfangen.
Aleksandar Vučić wurde am 9. Mai in Moskau von Wladimir Putin empfangen. Alexei Nikolsky/Copyright 2025 Photo host agency RIA Novosti

Letzte Woche setzte sich das Europäische Parlament für die an den Protesten in Serbien beteiligten Studenten ein.

Die EU-Parlament in Straßburg hat mit großer Mehrheit einem Bericht des kroatischen Sozialisten Tonino Picula zu Serbien zugestimmt. Die Abgeordneten sind der Ansicht, dass es in Belgrad trotz einiger wirtschaftlicher Fortschritte immer noch Defizite im Bereich des internen politischen Dialogs, der Rechtsstaatlichkeit und der Korruptionsbekämpfung gibt.

Mit Blick auf die Anwesenheit von Aleksandar Vučić in Moskau und die innenpolitischen Spannungen in Serbien sagte der Präsident des Europäischen Rates, António Costa, dass die Konvergenz zwischen der EU und den Kandidatenländern in Bezug auf eine gemeinsame Außenpolitik eine der Voraussetzungen für die Erweiterung sei. Er sagte jedoch: „Am 9. Mai haben wir in Moskau ein Ereignis der Vergangenheit gefeiert. Serbiens Zukunft liegt in Europa.“

In Bezug auf die Krise der serbischen Regierung, die Studentenproteste und die Kritik des Europäischen Parlaments erinnerte António Costa daran, dass er vor drei Wochen an einem Arbeitstreffen mit der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, und dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić teilgenommen habe. Letzterer habe sich dort „ganz klar zur Bildung einer neuen Regierung und zur Verabschiedung dreier wesentlicher Reformen bekannt: des Wahlrechts, der Pressefreiheit und der Korruptionsbekämpfung.“ In diesem Zusammenhang betonte der Präsident des Europäischen Rates, dass „die Erweiterung in erster Linie ein Prozess interner Reformen ist.“

Der albanische Premierminister Edi Rama mit António Costa, dem damaligen portugiesischen Premierminister, in Tirana, Albanien, 6. Dezember 2022.
Der albanische Premierminister Edi Rama mit António Costa, dem damaligen portugiesischen Premierminister, in Tirana, Albanien, 6. Dezember 2022. Andreea Alexandru/Copyright 2022 The AP. All rights reserved

Wie sieht der Zeitplan für die EU-Beitritte aus?

Die europäischen Institutionen haben oft das Jahr 2030 als Datum für die ersten EU-Beitritte angegeben, insbesondere für die von Albanien, Montenegro und Serbien. In Brüssel wird momentan allerdings nur über Albanien und Montenegro gesprochen.

„Ich habe kein festes Datum. Warum 2030? Und warum nicht früher? Der Beitritt ist ein leistungsbasierter Prozess. Wenn die Länder die notwendigen Reformen durchführen, könnte ihr Beitritt sogar vor 2030 erfolgen“, versichert António Costa. „Denn die Verdienste können sich ändern. Albanien und Montenegro sind eindeutig in einer weiter fortgeschrittenen Situation als andere Länder.“

Der Krieg in der Ukraine hat jedoch die Spannungen auf dem Westbalkan wiederaufflammen lassen, insbesondere im Kosovo und in Bosnien-Herzegowina.

Der Präsident des Europäischen Rates erklärt dazu: „Ich kenne keinen besseren Anreiz zur Überwindung der noch offenen Konflikte als diese vielleicht einmalige Chance, die die Mitgliedschaft in der Europäischen Union bietet. Sie ist die beste Voraussetzung, um den Ländern des Westbalkans eine Chance auf Wohlstand zu bieten, die sie anderswo nur schwer finden würden.“

Zahlreichen Umfragen zufolge hat die Mehrheit der Serben aufgrund der zögerlichen Haltung der EU gegenüber einer Erweiterung das Interesse an der Europäischen Union verloren.

„Das Wichtigste ist, die Bedeutung der Europäischen Union zu verstehen. Letzte Woche haben wir den 75. Jahrestag der Schumann-Erklärung gefeiert, dem ersten Schritt zur heutigen Union. Was die EU wirklich mit aufgebaut hat, war der Wille, die Wunden der Geschichte zu heilen“, so António Costa.

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